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Jede sechste Firma wandert aus Deutschland ab

Berlin / Lesedauer: 3 min

Aufgrund der hohen Energiekosten verlagern zahlreiche deutsche Unternehmen ihre Produktion ins Ausland. Die Politik ist gefordert.
Veröffentlicht:08.06.2023, 12:39

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16 Prozent der Unternehmen des industriellen Mittelstandes in Deutschland sind derzeit dabei, Arbeitsplätze und Teile ihrer Produktion ins Ausland zu verlagern. Weitere 30 Prozent tragen sich konkret mit Abwanderungsgedanken. Dies geht aus einer Umfrage des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) hervor. "Für die Situation am Industriestandort Deutschland gibt es keine Entwarnung", sagte BDI-Präsident Siegfried Russwurm.

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Zur Erstellung des Lagebildes im Mittelstand hat der BDI im April und Mai rund 400 Unternehmen befragt. Die größten Herausforderungen sieht die Mehrzahl der Unternehmen vor allem in den Arbeitskosten und dem Fachkräftemangel (76 Prozent) und in den hohen Energie- und Rohstoffpreisen (62 Prozent). 37 Prozent der industriellen Mittelständler bemängeln zudem den hohen bürokratischen Aufwand und langwierige Genehmigungsverfahren, weitere 25 Prozent beklagen eine allgemeine Infrastrukturschwäche in Deutschland, vor allem in den Bereichen Verkehr, Digitales und Energie.

BDI fordert Bürokratieabbau und Steuersenkungen

Durch die zunehmend schwierige Lage am Standort Deutschland hätten 15 Prozent der befragten Firmen die Produktion gedrosselt oder unterbrochen, heißt es im BDI-Lagebild. Das seien doppelt so viele Firmen wie noch im Februar 2022. Zudem hätte jedes sechste Unternehmen bereits Arbeitsplätze oder Teile der Produktion ins Ausland verlagert. Von diesen Unternehmen hätten 29 Prozent Investitionen im EU-Ausland getätigt, 20 Prozent habe es nach Nordamerika gezogen.

"Die Industrie benötigt für mehr Investitionen einen spürbaren Bürokratieabbau sowie gezielte Steuersenkungen", fordert BDI-Präsident Russwurm. Die Politik sei in der Verantwortung, die Rahmenbedingungen am Standort zu verbessern. Konkret müsse der Industriestrompreis "dringend verlässlich und dauerhaft auf ein wettbewerbsfähiges Niveau" sinken, da sonst die Transformation in der Industrie zu scheitern droht. 45 Prozent der Firmen hatten angegeben, aufgrund der angespannten Lage Investitionen in die ökologische Wende zurückstellen zu müssen. Zudem forderte Russwurm, die Erwerbsmigration durch weniger komplizierte Verwaltungsverfahren zu vereinfachen, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken.

DIHK warnt vor "schleichender Abwanderung"

Der BDI kommt damit zu einem ähnlichen Ergebnis wie die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK), dessen Außenwirtschaftschefs Volker Treier zuletzt vor einer "schleichenden Abwanderung" deutscher Unternehmen warnte. Laut einer DIHK-Umfrage aus dem April wollen 32 Prozent der deutschen Unternehmen, die Investitionen im Ausland tätigen, dadurch Kosten sparen. Das ist der höchste Wert seit 15 Jahren und geht vor allem auf die hohen Bürokratie- und Energiekosten sowie die hohe Steuerbelastung in Deutschland zurück.

Zudem locken derzeit vor allem die USA und China mit Subventionen, um Zukunftstechnologien und Industrie an ihren Heimatmärkten anzusiedeln. Laut DIHK-Experte Treier seien hier vor allem die deutschen Automobilzulieferer betroffen. Diese lösten ihre Produktion in Deutschland auf und wanderten in den Süden der USA ab.