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Fachkräftemangel

Baerbock und Heil werben in Brasilien um Pflegekräfte

Brasilia / Lesedauer: 4 min

Deutscher Doppelbesuch in Brasilien: Außenministerin Baerbock und Arbeitsminister Heil sind auf einer außergewöhnlichen Werbetour. Es geht um Pflegekräfte, die in Deutschland fehlen.
Veröffentlicht:05.06.2023, 05:18

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Angesichts des Mangels an Pflegekräften in Deutschland sehen Außenministerin Annalena Baerbock und Arbeitsminister Hubertus Heil gute Chancen, mehr qualifizierte Mitarbeiter aus Brasilien anzuwerben.

„Brasilianische Pflegekräfte und kolumbianische Elektriker finden in Deutschland bereits offene Arme. Diese Partnerschaft wollen wir ausbauen“, sagte Baerbock zum Auftakt einer Lateinamerika–Reise in der Hauptstadt Brasilia. Zusammen mit Heil warb sie für Deutschland als Standort mit guten Arbeits– und Lebensbedingungen.

Brasilien ist das einzige Land der Region, mit dem Deutschland seit 2008 durch eine strategische Partnerschaft verbunden ist. Das größte Land Südamerikas ist dort auch wichtigster deutscher Handelspartner. Aktuell arbeiten nach Heils Angaben bis zu 200 brasilianische Pflegekräfte in Deutschland.

Heil wirbt um Fachkräfte

In der Pflege sei der Bedarf an Fachkräften in Deutschland groß, während es in Brasilien einen Überhang an gut ausgebildeten Kräften gebe, sagte der SPD–Minister. Die Arbeitslosenquote bei Pflegerinnen und Pflegern liege dort bei zehn Prozent. Heil warb in einer Ausbildungsstätte der Katholischen Universität Brasilia (UCB) um Zuwanderer. Als er sich in einem Seminarraum von Pro–Rektorin Adriana Pelizzari per Videopräsentation die Arbeit erklären lässt, wird er als „Herr Hubertus“ empfangen.

Minister für faire Arbeits– und Lohnbedingungen

Heil sagte, Arbeits– und Bezahlungsbedingungen in der Pflege müssten in beiden Ländern verbessert werden. Pelizzari zeigte sich aufgeschlossen für einen Austausch von Studenten und Zusammenarbeit in der Forschung. Heil sagte, die Universität Göttingen habe daran Interesse. In Deutschland suche man händeringend Pflegekräfte.

Der Minister nannte die Anwerbung von Pflegekräften ein sensibles Thema. Nach den Regeln der Weltgesundheitsorganisation WHO dürfe man Ländern, die zu wenig Pflegekräfte hätten, keine abjagen. Wenn man besser kooperiere und faire Regeln aufstelle, „auch für faire Migration, dann ist das im wechselseitigen Interesse“. In der Vergangenheit habe es viel zu bürokratische Verfahren und ein abschreckendes Einwanderungsrecht gegeben.

Die UCB ist die zweitgrößte Hochschule der brasilianischen Hauptstadt. In einem vierjährigen Studiengang werden Pflegekräfte mit Bachelor–Abschluss ausgebildet.

BA betreut derzeit mehr als 370 Bewerber auf Pflegeberufen

Die Bundesagentur für Arbeit (BA) und die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) stellen nur dann Pflegefachkräfte ein, wenn die Herkunftsländer zustimmen. Mit der brasilianischen Pflegekammer Cofen hat die BA vor einem Jahr eine Absprache zur Vermittlung von Pflegefachkräften unterzeichnet. Darin stehen Regeln zur Bewerberauswahl, zum Vermittlungsprozess, zum Spracherwerb und zur Anerkennung beruflicher Qualifikationen.

Heil zufolge hält die BA die Anwerbung von bis zu 700 Pflegekräften pro Jahr für möglich. In Brasilien gibt es nach Angaben des Berufsverbands Cofen 2,5 Millionen Krankenpfleger. Die Arbeitslosenquote in dem Sektor lag 2021 bei mehr als zehn Prozent.

Die BA rekrutiert seit 2018 brasilianische Fachkräfte für den deutschen Arbeitsmarkt. Derzeit betreut sie nach eigenen Angaben 374 Bewerber aus Pflegeberufen, 43 aus technischen und Handwerksberufen sowie 42 aus Ingenieur– und IT–Berufen.

Patientenschützer: Am Sprachniveau nicht rütteln

Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, warnte, es sei davon auszugehen, dass in den nächsten Jahren 500.000 Fachkräfte in Krankenhäusern, stationären und ambulanten Diensten in Rente gingen. Die Planbarkeit der Beschäftigung sei weiterhin mangelhaft. Am Sprachniveau dürfe nicht gerüttelt werden.

Baerbock trifft Umweltministerin

Zum Auftakt ihres sechstägigen Besuches in Brasilien, Kolumbien und Panama traf Baerbock die brasilianische Umweltministerin Marina Silva. In einer gemeinsamen Erklärung wollten beide Seiten den Willen bekräftigen, bei der Klimapolitik gemeinsam voranzugehen. Das Papier enthält auch ein Bekenntnis zum UN–Verhandlungsrahmen.

Silva hatte das Umweltressort schon während der ersten beiden Amtszeiten des heutigen Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva 2003 bis 2008 geführt. Nach Streit über die Ausrichtung der Umweltpolitik trat sie zurück. Silva wuchs in einer Kautschuksammler–Siedlung im Amazonasgebiet auf. Sie studierte Geschichte, schloss sich der linken Arbeiterpartei (PT) an und gründete mit dem später ermordeten Umweltschützer Chico Mendes eine Gewerkschaft im Amazonasgebiet.