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Wurst–Case–Szenario

Bratwurst zur Fußball–EM doppelt so teuer wie vegetarische?

Berlin / Lesedauer: 4 min

Das Bundesumweltministerium und Öko–Institut wollen den Wurst–Preis bei der Europameisterschaft als „bewusstseinsbildende Maßnahme“ massiv erhöhen.
Veröffentlicht:18.05.2023, 07:58

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Stimmungsgeladene Spiele, volle Stadien und tolle Partys auf den Fanmeilen: Millionen Fussball–Fans fiebern schon jetzt der kommenden Europameisterschaft entgegen. Die deutschen Fans träumen nach der traurigen WM in Katar und den vielen Einschränkungen durch Corona–Maßnahmen bei der EM 2020 jetzt von einem neuen Sommermärchen. Doch nun droht ein Teuer–Schock bei dem Lieblingsgericht unzähliger Fussballfreunde.

Der Preis für die klassische Bratwurst aus Schweinefleisch bei der Europameisterschaft soll massiv ansteigen, sowohl auf den Fanmeilen als auch in den Stadien. Das steht in einer „Handlungsempfehlung zur Berücksichtigung von Klimaschutz bei Sportgroßveranstaltungen“ des Öko–Instituts im Auftrag des Bundesumweltministeriums, in der „bewusstseinsbildende Maßnahmen“ vorgeschlagen werden. Eine dieser Maßnahmen: Bratwürste aus Fleisch sollen doppelt so teuer werden wie vegetarische und vegan Würste.

Das Öko–Institut hatte eine Studie mit dem Namen „Konzept– und Machbarkeitsstudie klimaneutrale UEFA EURO 2024“ erstellt. Auf Basis dieser Studie veröffentlichte das Öko–Institut „ausgewählte Handlungsempfehlungen zur Berücksichtigung von Klimaschutz bei Sportgroßveranstaltungen“. Darin heißt es: „Neben dem unmittelbaren Beitrag zum Klimaschutz ist die Bewusstseinsbildung eine weitere Wirkung, die Maßnahmen von Klimaschutzkonzepten und insgesamt Sportgroßveranstaltungen auf die Gesellschaft haben können.“ Das betreffe auch „das Angebot an Speisen“. Auf Seite 37 der „Handlungsempfehlung“ heißt es weiter: „Als Beispiel hierzu wird nachfolgend die Bratwurst als ein Klassiker für eine Speise bei Veranstaltungen vorgestellt.“

Knapp zehn Euro für eine Bratwurst?

Bislang werden etwa in den Stadien von Red Bull Leipzig oder dem VfL Bochum vegetarische Würste und Würste aus Fleisch zum gleichen Preis angeboten. Das will das Öko–Institut ändern. Grundsätzlich verursache „die Herstellung fleischlicher Produkte höhere THG–Emissionen als eine vegetarische oder vegane Alternative“. Das Öko–Institut rechnet vor: „Bei einer 80–Gramm–Bratwurst resultieren bei der Variante aus Schweinefleisch mit rund 0,56 kg CO2-Äq die höchsten THG–Emissionen. Am besten schneidet die vegane Bratwurst mit rund 0,24 kg CO2-Äq ab. Die vegetarische Bratwurst liegt mit 0,34 kg CO2-Äq etwas höher als die vegane Variante.“

Als „monetärer Anreiz und im Sinne der Bewusstseinsbildung“ soll die „Preisgestaltung beim Verkauf der Bratwürste“ in den deutschen Stadien und den Fanmeilen „proportional zum CO2–Fußabdruck der jeweiligen Bratwurst erfolgen“. Die Forscher des Öko–Instituts weiter: „Beispielsweise muss eine vegane Bratwurst circa 40 Prozent und eine vegetarische Bratwurst circa 60 Prozent des Preises kosten, der für eine fleischhaltige Bratwurst (Schweinefleisch) angesetzt wird.“ Konkret bedeutet das: „Die Schweinefleischbratwurst kostet dann das ungefähr 2,3–fache wie die vegane Bratwurst.“

Was sagen die verantwortlichen Catering–Unternehmen?

Nimmt man als Berechnungsgrundlage die aktuellen Stadion–Preise für eine Bratwurst in der Bundesliga–Saison 2022/ 2023, wird klar, wie teuer die Würste werden könnten. So kostet eine Bratwurst etwa in Berlin derzeit 3,70 Euro, in Stuttgart 3,80 Euro und in Köln sogar 4,10 Euro. Nach dem Willen des Öko–Instituts würde ein Bratwurst zur EM 2024 dann 8,50 Euro (Berlin), 8,70 Euro (Stuttgart) und 9,40 Euro (Köln) kosten.

Knapp zehn Euro für eine Bratwurst — kann das wirklich sein? Auf Anfrage des Nordkurier teilte der zuständige Caterer Aramark mit: „Aramark übernimmt im Rahmen der UEFA EURO 2024 die gastronomische Bewirtschaftung der Austragungsorte Olympiastadion Berlin, Volksparkstadion Hamburg, Düsseldorf Arena, Cologne Stadium und Stuttgart Arena. Neben dem klassischen Speisenangebot wird es entsprechend den Zielen der EURO 2024 auch vegetarische und vegane Alternativen geben.“

Auf die Fragen des Nordkurier, ob die Aramark den Handlungsempfehlungen des Öko–Instituts folgen werde, mit welchen Preisen für Bratwürste in diesem Fall zu rechnen sei und ob es eine selbstgesetzte Höchstgrenze für den Wurstpreis geben wird, heißt es in der Antwort: „Aufgrund der laufenden Menü– und Vertragsverhandlungen können die oben genannten Fragen derzeit nicht beantwortet werden.“

„Erfolgreiche Umsetzung von bewusstseinsbildenden Maßnahmen“

Ähnlich sieht es bei der größten Fanmeile Deutschlands in Berlin aus. Die wird auf der Straße des 17. Juni am Brandenburger Tor aufgebaut und wird von der landeseigenen Kulturagentur „Kulturprojekte Berlin“ umgesetzt. Auf Nachfrage hieß es hier, dass man die Handlungsempfehlung des Öko–Instituts kenne. Die Fanmeile werde in jedem Fall „anders als in der Vergangenheit“ sein. Fussballfans könnten sich aber darauf verlassen, dass „jeder, der eine Bratwurst haben möchte, diese auch zu einem fairen Preis bekommen wird“. Auf die Frage, ob das konkrete Bratwurst–Konzept des Öko–Institutes auf der Berliner Fanmeile umgesetzt wird und Fleischbratwürste teurer als pflanzliche Alternative werden, lautete die Antwort, dass es für „konkrete Preisauskünfte oder Zahlen“ noch „viel zu früh“ sei.

Den Forschern des Öko–Instituts geht es nach eigenen Angaben übrigens nicht nur um die kommende Europameisterschaft. So heißt es in der Handlungsempfehlung: „Neben konkreten Einsparungen an THG–Emissionen im Cateringbereich trägt eine solche Maßnahme mit fleischlosen Alternativen zur Sensibilisierung für einen klimafreundlichen Ernährungsstil bei.“ Für die „erfolgreiche Umsetzung von bewusstseinsbildenden Maßnahmen“ bedürfe es aber „einer entsprechenden kommunikativen Begleitung bei der Veranstaltung.“