Covid-19
Kommt mit steigenden Corona-Zahlen die Maskenpflicht zurück?
Berlin / Lesedauer: 4 min

- Philippe Debionne
Masken waren das Gesicht der Corona-Zeit. Sie mussten von den Menschen vorübergehend in nahezu allen öffentlichen Bereichen getragen werden, sogar Kinder im Grundschulalter mussten monatelang maskiert in ihren Klassenräumen sitzen. Aktuell trägt kaum noch jemand Maske. Das will Janosch Dahmen, Gesundheitsexperte der Grünen im Bundestag, in gewissen Bereichen offenbar ändern.
"Es mehren sich Hinweise, dass in der kommenden Herbst-Winter-Saison die Belastung im Gesundheitswesen aufgrund von akuten respiratorischen Infektionen wieder deutlich zunehmen könnte", sagte Dahmen dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. In der Woche vom 14. bis 18. August wurden laut Robert Koch-Institut rund 4.000 Corona-Fälle bestätigt. Allerdings gehen Experten von einer deutlich höheren Dunkelziffer aus, da derzeit kaum getestet wird.
Dahmen weiter: "Um sich vor akuten Atemwegserkrankungen zu schützen, kann es auch in diesem Herbst sinnvoll sein, in Pflegeeinrichtungen, Kliniken und anderen Teilen des Gesundheitswesens eine Schutzmaske zu tragen." Auch Christian Karagiannidis von der Lungenklinik Köln-Merheim hält Masken für immungeschwächte Patienten bei Coronawellen für wichtig, meldet die dpa.
Isabella Eckerle: „Das Virus ist noch nicht fertig mit uns“
Isabella Eckerle, Professorin am Zentrum für neuartige Viruserkrankungen an den Universitätskliniken Genf, teilte bei Twitter vor wenigen Tagen ein Foto von sich selbst, auf dem sie eine FFP2-Maske trägt. Dazu schrieb sie: "Bei steigenden SARSCoV2/ Covid19 Infektionszahlen ab jetzt im Zug wieder FFP2. Keine Lust und keine Zeit, in den nächsten Wochen krank zu werden. Die Infektion kann trotzdem nicht hundertprozentig vermieden werden, aber das Risiko wird reduziert."Dem Spiegel sagte Eckerle kürzlich zudem: "Das Virus ist noch nicht fertig mit uns." Das Virus werde „weiterhin bestimmte Gruppen schwer krank machen und Komplikationen verursachen. Wir verstehen immer noch nicht den Mechanismus dahinter".
Ähnlich sieht es der Hausärzteverband Nordrhein. Nach Angaben der Tagesschau werden Masken hier für "generell sinnvoll" gehalten, "vor allem bei Veranstaltungen mit größeren Menschenaufkommen". Bereits zu Pandemiezeiten warnte der Hausärzteverband vor einem zu laxen Umgang mit dem Corona-Virus. Der Allgemeinarzt und Bundesvorsitzende Markus Beier vertrat und vertritt etwa mit Melanie Brinkmann vom Helmholtz Zentrum für Infektionsforschung und weiteren Wissenschaftlern die sogenannte No-Covid-Initiative.
Die Initiative forderte schon früh eine Abkehr von der Eindämmungsstrategie "mit dem Virus leben". Ziel waren vielmehr nachhaltig niedrige Inzidenzen unter zehn, im Idealfall sogar null. Noch bis vor wenigen Wochen warb Beier über sein Twitter-Profil aktiv für für die No-Covid-Strategie. Er ist auf der Internetseite auch weiterhin als Mit-Initiator angegeben.
Bundesärztekammer-Chef: Maskenpflicht derzeit nicht nötig
Der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, sieht die aktuelle Situation hingegen etwas gelassener. "Das Coronavirus ist ein Virus (...), mit dem wir eine gewisse Koexistenz entwickelt haben", sagte Reinhardt dem Deutschlandfunk. Eine Maskenpflicht sei derzeit nicht nötig. Reinhardt sagte weiter, die Menschen könnten selbst entscheiden, ob sie eine Maske tragen wollen.
Doch das können sie schon jetzt nicht mehr überall. In Kiel hatte das Universitätsklinikum Schleswig-Holstein wegen gestiegener Corona-Fälle zuletzt für die Notaufnahme und die Aufnahmestation eine Maskenpflicht verhängt - zunächst als "zeitlich begrenzte Vorsorgemaßnahme", wie das Klinikum Mitte August mitgeteilt hatte. Das berichtete unter anderem t-online. Und der Vorsitzende der Good Governance Gewerkschaft GGG, Marcel Luthe, sagte dem Nordkurier, mehrere Mitglieder der Gewerkschaft aus Kliniken und Pflegeheim hätten ihm in den letzten Tagen "über mündliche Anordnungen der jeweiligen Leitungen zum Tragen von Masken" berichtet, etwa in Bayern und Niedersachsen.
Luthe betonte gegenüber dem Nordkurier, dass es aus seiner Sicht derzeit keine Rechtsgrundlage für eine Maskenpflicht gebe. Und sollte eine solche Rechtsgrundlage geschaffen werden, müssten die Maskentragenden aus arbeitsschutzrechtlichen Gründen "derart viele Pausen eingehalten werden, dass das Pflegesystem in Deutschland endgültig zusammenbrechen würde".
US-Wissenschaftler Eric Feigl-Ding: "Maske auf"
Unterdessen wird auch in anderen Ländern wieder über die Maske gesprochen. So fordert etwa die Oxford-Professorin Trisha Greenhalgh „angesichts der Verbreitung neuer Varianten“, über das Tragen von Masken in Hochrisikosituationen nachzudenken. Das berichtet die Frankfurter Rundschau. Nach massiver Kritik an ihrem Vorschlag teilte Greenhalgh via Twitter wenig später jedoch mit: "Ich meinte damit nicht, dass es ein umfassendes nationales Maskengebot geben sollte oder dass Ihre Enkelkinder gezwungen werden sollten, in den Kindergärten Masken zu tragen."
Eric Feigl-Ding, Leiter der Covid Task Force am New England Complex Systems Institute in den USA, warnt auf Twitter unterdessen vor der neuen Corona-Variante EG5, einer Verdoppelung der Hospitalisierung in New York und spricht von "sehr besorgniserregenden" Daten.
Er fordert in seinem Beitrag, der rund 1,6 Millionen Mal gelesen wurde, mit dem Hashtag "MaskUp" (deutsch: "Maske auf") dazu auf, sich mit Masken vor einer Corona-Infektionen zu schützen. Karl Lauterbach teilte den Beitrag mit den Worten: "Das muss man im Auge behalten. Unser Frühwarnsystem steht."