Bus und Bahn
Ein Monat 49–Euro–Ticket — so lief es bisher in MV
Neubrandenburg / Lesedauer: 4 min

Stephan Fischer
Auch wenn die Züge über Pfingsten wieder voller waren und Fahrgäste zum Teil auf den Treppen in den roten Doppelstockzüge der Deutschen Bahn saßen: die Stimmung bei den Zugbegleitern war größtenteils entspannt. Das hatte nicht nur mit meist entspannten Fahrgästen zu tun, sondern auch mit dem 49–Euro–Ticket, das nun seit rund einem Monat gilt. Vor allem die Handytickets der Fahrgäste sind mit den neuen Auslesegeräten leicht und bisher ohne Probleme auszulesen. Denn seit einiger Zeit müssen sie nicht mehr auf die klobigen Geräte früherer Tage zugreifen, sondern auf moderne Smartphones — und ausnahmslos jeder darauf angesprochene Zugbegleiter sah die neuen Geräte als positiv an.
Die Kontrolle der Tickets verläuft bei der Bahn jedenfalls so problemlos, dass in den letzten Tagen nun auch neben dem Fahrschein ein Lichtbildausweis vorgelegt werden muss — das Ticket gilt nur in Verbindung mit ebenjenem. Ganz anders dagegen noch das Vorgehen in Bussen in MV, hier muss bisher nach eigener Erfahrung nur die Fahrkarte beziehungsweise das Handydisplay vorgezeigt werden.
Am wenigsten hat das Deutschland–Ticket offenbar in MV geändert
Dass nun im Nordosten wegen des 49–Euro–Tickets die Menschen von einem Tag zum anderen Busse und Bahnen fluten würden, war nicht zu erwarten. Stattdessen haben wie überall vor allem auch jene ihr Ticket umgestellt, die sowieso schon den ÖPNV nutzen. Das deckt sich mit den Ergebnissen einer Umfrage des Versicherers HUK, laut der die Einführung des neuen Angebots nur wenig Einfluss auf das Mobilitätsverhalten der Menschen in MV hat: nur acht Prozent der Befragten gaben an, dass sie mit der Einführung des 49–Euro–Tickets im Alltag verstärkt Bus und Bahn fahren würden. Zum Vergleich: In Hamburg waren es mit 18 Prozent der größte Anteil, aber auch die Werte für NRW und das Saarland sind mit 16 Prozent noch doppelt so hoch wie die im Nordosten.
Rund zehn Millionen Menschen haben im Mai das neue Deutschlandticket gekauft, teilte der Verband deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) am vergangenen Mittwoch nach einem Monat Laufzeit des Angebots mit. Und der VDV splittet die Zahlen noch auf: Fünf Millionen Tickets seien umgestellte Abonnements; 4,3 Millionen Kunden hätten auch vorher den ÖPNV genutzt, allerdings ohne Abo — und insgesamt rund 700.000 Ticketinhaber, die laut VDV öffentliche Verkehrsmittel „bislang in der Regel nicht genutzt haben“.
Aus diesen Zahlen lässt sich die von einigen noch in der Euphorie des 9–Euro–Tickets im vergangenen Sommer ausgerufene Revolution im ÖPNV nicht herauslesen — aber es ist eben trotzdem signifikant und qualitativ mehr als eine alleinige Subvention bisher bereits bestehender Abonnements. Ein ähnliches Bild zeigt sich laut VDV auch bei den Fahrgastzahlen: „Durch die zusätzliche Nachfrage im Rahmen des Deutschlandtickets ist die Auslastung im ÖPNV zwar angestiegen, allerdings führt dies nicht zu Überlastungen.“
Was das Ticket für Landkreise bedeutet — zwei Beispiele aus dem Nordosten
Besonders im kommenden Sommer rechnet der VDV mit weiter hohen Absatzzahlen beim Deutschlandtickets, das zwar nur als Abo verkauft wird, allerdings monatlich kündbar ist. Und auch mit mehr Wechseln bei bestehenden Abos ist noch zu rechnen — denn manche Rechnungen haben sich seit der Einführung des Deutschlandtickets grundlegend geändert.
Und zwar nicht nur für die Kunden, wie ein Beispiel aus dem Norden Brandenburgs zeigt, über das „Antenne Brandenburg“ berichtete. So sollen Schülerinnen und Schüler in Ostprignitz–Ruppin ab Juli kostenlos das Deutschlandticket erhalten. Der Landkreis will sein schon bisher geltendes kostenloses Landkreisticket auf das Bundesgebiet ausweiten - mit dem Schülerfahrausweis aus Ostprignitz–Ruppin könnten in ganz Deutschland Bus, Bahn und auch Fähren kostenfrei genutzt werden, so der Landrat. Nicht nur für die Schüler, sondern auch für den Landkreis ergeben sich dabei nur Vorteile: Weil das bisherige Landkreisticket teurer ist als das neue Deutschlandticket, ergeben sich für den Landkreis dadurch sogar Kosteneinsparungen — allerdings auch geringere Ticketeinnahmen bei den örtlichen Verkehrsträgern, was wiederum zu neuen Problemen führen kann
Auch in diese Richtung argumentiert dann auch der Landrat aus Vorpommern–Rügen, Stefan Kerth (SPD), die neuen verbilligten Tickets laut der Nachrichtenagentur dpa: Er sieht vor allem negative Effekte, besonders in den ländlichen Gebieten Die Landkreise müssten an gut genutzten Hauptstrecken wegen des Tickets gegebenenfalls mehr Busse einsetzen, um die größere Nachfrage zu bedienen — ohnehin finanziell klamme Kreise hätten dann laut Kerth, wirklich gar kein Geld mehr, um praktisch abgehängte Regionen an das Nahverkehrsnetz neu anzuschließen.