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Straßenblockaden

Esken warnt vor überzogenem Vorgehen gegen Klima–Aktivisten

Berlin / Lesedauer: 3 min

Klimaschutz–Aktionen auf Straßen sollen auffallen und nerven dann oft viele Autofahrer. Wie soll der Staat mit forciertem Protest umgehen? SPD und CSU haben darauf unterschiedliche Antworten.
Veröffentlicht:28.05.2023, 09:18

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Die SPD–Vorsitzende Saskia Esken warnt vor einem überzogenen Vorgehen gegen Klimaschutz–Aktivisten. Zwar bestehe die Gefahr einer weiteren Radikalisierung der Bewegung, und deswegen sei es auch notwendig, dass die Sicherheitsbehörden das beobachteten, sagte Esken der Deutschen Presse–Agentur.

„In unserem Rechtsstaat ist es aber wichtig, dass die angewandten Mittel der Behörden immer verhältnismäßig und nicht überzogen sind.“ Die CSU im Bundestag rechtfertigte unterdessen erneut das Einschreiten der Behörden unter anderem in Bayern gegen die Klima–Protestgruppe Letzte Generation.

Esken sagte, das Anliegen der Klimaschützer sei durchaus bedeutsam, und sie könne die Ungeduld der jungen Menschen nachvollziehen. In der Dringlichkeit stecke aber die Gefahr einer Radikalisierung. „Denn auch wenn die Politik sich in den vergangenen Jahren erheblich bewegt hat und die Bewegung das als Erfolg werten könnte, erscheint aus dieser Dringlichkeitsbetrachtung heraus alles, was wir tun, zu wenig und zu spät.“

Zwar könne sie verstehen, dass viele über Blockaden auf Straßen verärgert sind. Aber die Politik müsse akzeptieren, „dass der Beitritt zu einer Partei und der Gang durch die Institutionen nicht der einzige Weg ist, sich politisch zu betätigen“.

Esken: Gesetzesbrüche ahnden

Die SPD–Chefin betonte, auch nicht–parlamentarische, aktivistische Bewegungen müssten im demokratischen Gemeinwesen ihren Platz haben. Wenn dabei Gesetze gebrochen würden, müsse das aber geahndet werden. „Inakzeptabel finde ich, wenn Nötigung oder gar Gewalt gegen Menschen ausgeübt wird, und auch die Gefährdung öffentlicher Infrastruktur durch Sachbeschädigung können wir nicht hinnehmen. Es besteht schon die Gefahr, dass sich das immer weiter hochschaukelt.“

Polizei und Staatsanwaltschaft waren vergangene Woche mit einer Razzia gegen die Letzte Generation vorgegangen. Dabei durchsuchten 170 Beamte 15 Wohnungen und Geschäftsräume in sieben Bundesländern, wie Generalstaatsanwaltschaft München und Landeskriminalamt Bayern mitteilten. Der Vorwurf lautet auf Bildung oder Unterstützung einer kriminellen Vereinigung. Die Aktivisten weisen es zurück, kriminell zu sein. Die Razzia wurde vielfach als übertrieben kritisiert.

Dobrindt plädiert für Abschreckung

Der Chef der CSU im Bundestag, Alexander Dobrindt, sagte dem Portal t–online: „Wir erleben seit Monaten, dass hier Straftaten begangen werden und die Gruppe sich weiter radikalisiert.“ Daher müsse dagegen vorgegangen werden, um mögliche Mitwirkende und Nachahmer davon abzuhalten. „Mit dem klaren Hinweis: Ihr begeht Straftaten, ihr werdet dafür zur Verantwortung gezogen.“ Für ihn sei die Letzte Generation eindeutig eine kriminelle Vereinigung. „Eine kriminelle Vereinigung zeichnet sich dadurch aus, dass sich Menschen verabreden, gemeinsam Straftaten zu vollziehen und dies wiederholt auszuüben. Dieser Sachverhalt ist bei der Letzten Generation eindeutig gegeben.“

Unter Juristen ist allerdings umstritten, ob die Letzte Generation nach Paragraf 129 des Strafgesetzbuchs als kriminelle Vereinigung eingestuft werden kann. Eine gerichtliche Feststellung dazu gibt es noch nicht. Verschiedene Staatsanwaltschaften ermitteln aber in diese Richtung. Andere wiederum sehen bisher keinen Anfangsverdacht.

Die Letzte Generation macht regelmäßig mit Sitzblockaden und Aktionen in Museen auf die Folgen der Erderhitzung aufmerksam. Ihre Mitglieder kleben sich dabei häufig an Straßen oder Kunstwerken fest — behindern damit aber teils auch Einsatzfahrzeuge.

Nach den Razzien berichtete die Gruppe von Andrang auf Aktionsvorbereitungen. „Unzählige Menschen haben sich für nächste Woche zu Sitzblockade–Trainings angemeldet“, hieß es in einem am Samstag veröffentlichten und an Kanzler Olaf Scholz (SPD) gerichteten Offenen Brief. Die Gruppe hatte am Freitag mitgeteilt, vorerst auf Demonstrationen statt auf Straßenblockaden zu setzen. Für Mittwoch rief sie zur Teilnahme an Protestmärschen auf.