Krankenhausreform
Gute oder schlechte Operation – Lauterbach wirbt für Klinik-Atlas
Berlin / Lesedauer: 3 min

Andreas Becker
Karl Lauterbach hatte richtig Dampf drauf — der Bundesgesundheitsminister kam mit Verspätung aber mächtig Schwung aus dem Bundeskabinett direkt aufs Podium der Bundespressekonferenz. Zwei Treppenstufen auf einmal, kurz das Jackett zurechtrücken und Mikrophon auf – Lauterbach verkündete anschließend mit Verve eine Lobeshymne auf sein Krankenhaustransparenzgesetz, dem das Kabinett am Mittwoch Zustimmung und damit Rückenwind gegeben hatte.
Interaktiver Klinik–Atlas
Hinter dem sperrigen Gesetzesbegriff verbirgt sich laut Lauterbach erstmals ein übersichtlicher Klinik–Atlas für Patienten. „Dieser interaktive Krankenhaus–Atlas zeigt im Internet, welche Klinik welche Leistungen mit welcher Qualität anbietet“, betonte Lauterbach.
Einmal in Fahrt, legte der SPD–Politiker nach: „Das Krankenhaustransparenzgesetz ist wichtiger Bestandteil unserer Krankenhausreform. Patienten haben ein Recht darauf zu wissen, was Kliniken leisten. Mit dem Atlas machen wir die Qualität der Krankenhäuser transparenter und stärken so die individuelle Entscheidung der Patientinnen und Patienten.“
Deutschland habe mit 1700 Krankenhäusern eine große Klinikdichte — allerdings hätten Deutschlands Kliniken auch gewaltige Qualitätsunterschiede. Und, so Lauterbach weiter: „Wir schaffen es nicht, die Patienten in die richtigen Krankenhäuser zu bringen."
Erstbehandlung in zertifizierten Kliniken
Was der Bundesgesundheitsminister damit konkret meint: Würden beispielsweise alle Krebspatienten zur Erstbehandlung in zertifizierten Zentren versorgt werden, könnten pro Jahr 20.404 Lebensjahre gerettet werden. Brustkrebspatientinnen hätten einen fast 25 Prozent höheren Überlebensvorteil bei Erstbehandlung in einem zertifizierten Zentrum, hieß es in einer Studie, die Lauterbach im Frühsommer vorgestellt hatte.
Auch Schlaganfallpatienten könnten laut des SPD–Politikers profitieren. Würden alle Patienten nach einem Schlaganfall in einem Krankenhaus mit Stroke–Unit behandelt werden, könnten zusätzlich rund 5000 Menschen den Schlaganfall im ersten Jahr überleben.
„Spezialisierung rettet Menschenleben“
Vor diesem Hintergrund sei mehr Transparenz überfällig und hilft Krankenhäusern wie Patienten gleichermaßen. „Überall in Deutschland leisten Pflegekräfte und Ärztinnen und Ärzte eine phantastische Arbeit. Trotzdem kann nicht jeder alles. Spezialisierung rettet Menschenleben. So sichern wir ein hohes Qualitätsniveau der stationären Versorgung in Deutschland“, machte Lauterbach deutlich.
Dass sein Krankenhaustransparenzgesetz nicht zu den „Lieblingsprojekten der Bundesländer“ gehöre, hat der Bundesgesundheitsminister natürlich vernommen. Doch dies stört Lauterbach nicht – die Länder müssten sich damit abfinden, so der Minister, der in dem Zusammenhang von „atmosphärischen Reibungen“ sprach.
Hintergrund der ablehnenden Haltung der Länder: Diese fürchten, dass ihre Kliniken vor Ort gegebenenfalls durch Klinik–Atlas und mögliche schlechtere Bewertungen stigmatisiert würden.
Mehr dazu: Lauterbachs Alleingang macht Krankenhäusern Angst
Transparenz bei Qualität gefordert
Intransparent zu sein, um einen Klinikstandort am Leben zu erhalten und am Ende schlechte Qualität abzurechnen, würde nicht funktionieren, zeigte sich der Bundesgesundheitsminister in diesem Fall von seiner harten Seite. Um die Stimmung mit den Ländern aber nicht auf einen mutmaßlichen Tiefpunkt zusteuern zu lassen, stellte Lauterbach klar, dass die Zusammenarbeit mit den Ländern bei der Krankenhausreform sehr gut sei. Der Konsens sei breit, die Notwendigkeit der Reform werde von den Verantwortlichen anerkannt.