Krankenhausreform
Kliniken in MV befürchten weitere Pleiten
Schwerin/Berlin / Lesedauer: 3 min

Andreas Becker
Seit Monaten diskutieren Politik, Verbände, Bund und Länder kontrovers über die von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach beabsichtige Krankenhausreform. Auf der Mitgliederversammlung der Krankenhausgesellschaft Mecklenburg-Vorpommern (KGMV) betonte deren langjähriger Vorsitzender Dr. Hanns-Diethard Voigt am Dienstag: "Vieles ist noch unklar – Details der Reform sind noch nicht bekannt oder unterliegen noch der politischen Willensbildung. Insofern fällt eine Bewertung der Reform schwer – wir hoffen aber, dass bei aller notwendigen Zentralisierung ausgewählter Versorgungsbereiche auch die Grund- und Regelversorgung in Wohnortnähe zukünftig wieder vernünftig ausfinanziert wird.“
Wie viele Krankenhäuser überleben bis 2027?
Einig waren sich die Mitglieder, dass noch vor der Reform ein Vorschaltgesetz mehr Geld in die Kassen der Krankenhäuser spülen muss. „Die Reform greift ‐ egal wie ‐ erst 2027 praktisch in die Finanzierung ein. Bis dahin können viele Krankenhäuser bei der chronischen Unterfinanzierung nicht überleben“, machte Uwe Borchmann, Geschäftsführer der KGMV, deutlich. Daher müsse auch dem bestehenden System mehr Geld in Form einer Erhöhung des Landesbasisfallwertes ‐ einheitlicher Landespreis für die Krankenhausbehandlung ‐ zugeführt werden.
Lauterbach hat immer wieder darauf hingewiesen, dass mit der Krankenhausreform drei zentrale Ziele verfolgt würden: die Entökonomisierung, die Sicherung und Steigerung der Behandlungsqualität sowie die Entbürokratisierung des Systems.
Das bisherige System der Fallpauschalen habe die Krankenhäuser zu stark ökonomischen Zwängen ausgesetzt. Viele Krankenhäuser wären von der Schließung bedroht, wenn sich nichts ändert. Stattdessen würden notwendige Kliniken durch die Reform Vorhaltepauschalen erhalten. „Das heißt, sie bekommen eine Art Existenzgarantie, selbst wenn sie vergleichsweise wenige Behandlungen anbieten. Somit bestimmt die Qualität und nicht mehr die Quantität die Versorgung“, so das Gesundheitsministerium.
Insolvenzen stehen im Raum
Lauterbachs Credo: „Ohne Reform werden viele Krankenhäuser ungesteuert Insolvenz anmelden müssen. Mit der Reform bekommen Krankenhäuser wieder eine Perspektive.“ Gleichzeitig will der Minister nicht ausschließen, „dass die eine oder andere Klinik Insolvenz anmelden muss, bevor das Gesetz richtig wirkt“.
MV-Gesundheitsministerin Stefanie Drese positionierte sich dahingehend, dass MV alle derzeitigen Krankenhäuser benötige. „Wir haben keine Überkapazität, da wir in den 90er-Jahren eine Strukturbereinigung hinter uns gebracht haben. Wo wir am 1. Januar 1990 insgesamt 55 Kliniken mit rund 19.000 Betten hatten, sind es heute noch 37 mit gut 10.000 Betten.“
Für die Länder sei es von elementarer Bedeutung, dass die finanzielle Situation der Kliniken durch ein Vorschaltgesetz stabilisiert wird. Mit dieser Überbrückungsfinanzierung müsse der Bund gewährleisten, dass Krankenhäuser bis zum Wirksamwerden der Reform wirtschaftlich handlungsfähig blieben, so Lauterbachs Parteifreundin.
Aus Sicht der ostdeutschen Länder sei es besonders wichtig, dass das Modell der anteiligen Vorhaltefinanzierung um eine Sockelfinanzierung für bedarfsnotwendige Krankenhäuser in dünn besiedelten Regionen ergänzt werde. „Es muss anerkannt werden, dass für die Qualität der Versorgung auch die Erreichbarkeit von Bedeutung ist. Qualitätsanforderungen müssen daher so ausgestaltet sein, dass über Kooperationen und notfalls auch Ausnahmen der notwendige Bedarf der Versorgung in der Fläche gewährleistet wird“, sagte Drese.