Wirtschaftsministerium
„Mit Brachialgewalt“ – Habecks Versuch der Verteidigung
Berlin / Lesedauer: 3 min

Andreas Becker
In der Regel ist Robert Habeck ein kommunikativer Typ, scheut kaum ein Gespräch, liebt die großen Gesten und Reden in TV-Interviews. Doch in diesen Tagen und Wochen, in denen es den Anschein hat, als implodiere das vermeintliche Konstrukt aus Interessenskonflikten und Vetternwirtschaft im Bundeswirtschaftsministerium, geht der Grüne der Presse-Öffentlichkeit eher aus dem Weg.
Beim Gang in die gemeinsame Sitzung von Wirtschafts- und Energieausschuss huscht Habeck wort- und grußlos an der Pressemeute im Bundestag vorbei, zwei Stunden später, beim Abgang aus dem Sitzungssaal verschwindet er um die Ecke im Fahrstuhl und rauscht inmitten seiner Mitarbeiter schweigend in die Tiefe.
Und zwischendurch – in der Befragung selbst? Zunächst kann sich der Minister im Raum 4.900 mit Blick auf die Ausflugsdampfer auf der Spree entspannt zurücklehnen. Doch während die Touristen die Schiffsfahrt durchs Regierungsviertel genießen, fetzen sich innendrin die Fraktionen – um Verfahrensfragen. Die aber lassen schon tief blicken und die politische Kampflinie erkennen. Mit „Brachialgewalt“ (CDU–Ausschussmitglied Juli Klöckner) drückt die Mehrheit der Ampel am Ende durch, dass diesmal alle Fragen gesammelt werden müssen – und der Minister anschließend mit seinen vier Staatssekretären im Gepäck diese dann beantwortet.
Dann seien aber keine direkten Rückfragen möglich – da werde das Parlament in seinem Frage und Kontrollrecht beschnitten, zetert die Opposition. Enrico Komming, AfD-Abgeordneter aus Mecklenburg–Vorpommern und studierter Jurist, spricht von einem groben Verstoß gegen die Geschäftsordnung des Bundestages und attestiert dem Minister eine „große Angst vor Transparenz“.
Staatssekretär, der sich selbst „ironisch mal als Heuschrecke“ bezeichnet
Normalerweise fragt ein Abgeordneter den Minister – und der antwortet dann umgehend. Doch was ist schon normal in diesen Tagen und Wochen. Robert Habeck kann sich ein süffisantes Grinsen nicht verkneifen – das Sammeln von Fragen und ein anschließender Antwortmonolog kommt dem studierter Philosophen offenbar entgegen. Nachdem der Modus geklärt ist, kann es endlich losgehen.
Immer wieder prasselt die Frage auf Habeck und seinen Staatssekretär Udo Philipp ein, ob Philipp dienstliches Handeln mit privaten Interessen vermischt habe. Hintergrund: Philipp, der aus der Wirtschaft kommt und sich selbst „ironisch mal als Heuschrecke“ bezeichnet hatte, ist an vier Unternehmen und etlichen Fonds beteiligt. Eines dieser Unternehmen ist dabei sogar vom Bundeswirtschaftsministerium mit staatlichen Fördergeldern bedacht worden. Habeck und Philipp versichern, dass der Staatssekretär mit dieser Förderung innerhalb des Ministeriums nicht befasst gewesen sei und alle Compliance-Regeln eingehalten worden seien.
Erinnerungen an Masken-Deals und Aserbaidschan-Connection
Als die Oppositionsfraktionen weiter nachfragen und Druck machen, versucht Habeck mit einer politischen Finte aus der Defensive zu kommen: Der Grüne schlägt vor, die Compliance–Regeln zu verschärfen – aber dann bitteschön nicht nur bei Udo Philipp, sondern in allen Ministerium. Ob das CDU und CSU gefällt? Erinnerungen an Masken-Deal und Aserbaidschan-Connection werden wach.
Doch Philipp hat noch eine Schwachstelle. Der für Start-ups im Ministerium zuständige Staatssekretär war an der Berufung eines Beraters beteiligt, in dessen Fonds er zuvor Geld investiert hatte. Das hat das Wirtschaftsministeriums mittlerweile auch bestätigt. Im Ausschuss am Mittwoch musste die Habeck-Riege dann zusätzlich einräumen, dass man von diesem Berater erst in der Vorbereitung auf die Sitzung erfahren habe. Gleichzeitig spielte Habeck die Bedeutung des Beraters herunter – Philipp verneinte, aktiv Einfluss auf Geschäfte genommen zu haben.
Das reichte Julia Klöckner überhaupt nicht – die Ex-Ministerin kündigte nach der Sitzung eine weitere Befragung an. Tenor: „Wir haben noch Fragen.“ Ob Habeck aber die passenden Antworten liefert?