Klimaschutzstiftung MV
Verbrannte Akte — Schwesigs Finanzminister erhebt schwere Vorwürfe gegen Sellering
Schwerin / Lesedauer: 3 min

Andreas Becker
Die Taktik von Heiko Geue war nach wenigen Sekunden klar: Der Finanzminister hätte nach eigenen Worten schon gerne viel eher etwas zur Affäre rund um die verbrannte Steuerakte gesagt. Aber er habe nicht gedurft, hob der SPD–Politiker Dienstagmittag in der Landespressekonferenz symbolisch unschuldig die Hände in die Höhe. „Aufgrund des Steuergeheimnisses war es mir bis auf wenige Einzelheiten unmöglich, öffentlich Stellung zu nehmen. Seitdem die Klimaschutzstiftung als Steuerpflichtige uns heute Morgen um 10.02 Uhr vollumfänglich vom Steuergeheimnis befreit hat, kann ich endlich aussagen“, zeigte sich der Finanzminister „erfreut“.
Lesen Sie auch: Verbrannte Steuerakte - Druck auf Schwesig und Neue wächst
Schwere Vorwürfe
Anschließend ging Geue in die Offensive, attackierte die Klimastiftung und damit indirekt auch deren Vorsitzenden Erwin Sellering. „Die Stiftung wollte immer eine Befreiung von der Schenkungssteuer. Um das zu erreichen, hat die Stiftung Druck auf das Finanzamt und Druck auf das Finanzministerium ausgeübt“, erhob der Finanzminister schwere Vorwürfe. „Für uns war immer klar, dass die Stiftung von der Steuerzahlung nicht befreit werden könne“, so Geue.
Zur Erinnerung: Die Stiftung, die von der Landesregierung installiert worden war, um den Bau der Ostsee–Erdgasleitung Nord Stream 2 unter Umgehung angedrohter US–Sanktionen fertigzustellen, steht seit ihrer Gründung Anfang 2021 massiv in der Kritik. Für aktuelle Schlagzeilen hatte in der Vorwoche ein Bericht über die Verbrennung von Steuerakten der Stiftung durch eine Beamtin des Finanzamts Ribnitz–Damgarten gesorgt. Es ging in dem Fall um Schenkungssteuern auf 20 Millionen Euro Kapital, die Nord Stream 2 an die Stiftung gezahlt hatte. Die Unterlagen waren nachgefordert und schließlich ein Bescheid über 9,8 Millionen Euro Schenkungssteuer erlassen worden. Dagegen zog die Klimastiftung vor das Finanzgericht Greifswald. Das Verfahren läuft noch.
Unstimmigkeiten über verschwundene Akten
Geue erklärte in der Pressekonferenz am Dienstag, dass er von der im Frühjahr 2022 „verschwundenen Akte erst sehr viel später erfahren hat“. Und auch Ministerpräsidentin Manuela Schwesig habe aufgrund des Steuergeheimnisses nichts gewusst.
Laut Landtagsopposition sollen sowohl Finanzminister Geue als auch Justizministerin Jacqueline Bernhardt „seit Anfang Mai 2022 von der verbrannten Steuererklärung gewusst haben“. Doch darüber hätten, so Harald Terpe (Fraktionschef der Grünen), weder Geue noch Bernhardt den Landtag und auch nicht die Öffentlichkeit informiert.
Auskunftverweigerung
Ganz im Gegenteil: Mitte Mai habe Geues Ministerium im Finanzausschuss des Landtags noch betont, dass keine Informationen über verlorenen gegangene oder verschwundene Steuerunterlagen vorlägen, hieß es aus Oppositionsreihen von Grünen, FDP und CDU. Nach Auskunft von Terpe habe sich die Landesregierung sogar noch im Oktober — als das Verfahren gegen die Finanzbeamtin, die die Steuererklärung verbrannt hatte, längst eingestellt gewesen sei – geweigert, Auskunft über den Verbleib jener Steuererklärungen zu geben.
Doch nicht nur Heiko Geue als Finanzminister durchlebt aktuell schwere politische Zeiten, am Dienstag wuchs auch der Druck auf die von Schwesig geführte Landesregierung weiter. Einem Bericht der „Bild“ zufolge gehörten zum Firmengeflecht, das unter dem Schutzmantel der Stiftung die Gasleitung Nord Stream 2 fertigstellte, auch die Tochterfirma eines US–Spezial–Unternehmens für den Pipelinebau und eine Hamburger Firma. Schwesig hingegen hatte die Gründung der Landesstiftung damit begründet, heimische Firmen, die an der Fertigstellung der Pipeline beteiligt waren, vor drohenden US–Sanktionen zu schützen.