StartseitePolitikWie Cannabis und LSD längst legal verkauft werden

Drogenhandel

Wie Cannabis und LSD längst legal verkauft werden

Berlin / Lesedauer: 3 min

Verkäufer werben frei mit dem Rausch–Effekt ihrer LSD– und Cannabis–Kreationen. Die Bundesregierung warnt vor deren Gefahren, unterbindet den Handel aber nicht.
Veröffentlicht:24.08.2023, 05:57

Von:
  • Lutz Reuter
Artikel teilen:

Wie ist das möglich? Während die Bundesregierung ein Gesetz zur Legalisierung von Cannabis auf den Weg bringt, werben Onlineshops bereits mit dem Verkauf sehr ähnlicher Drogen und sogar mit dem legalen Versand von LSD.

„Wir verkaufen hier 1D–LSD aus geprüfter Laborqualität. 1D–LSD ist ggü. anderen LSD–Formen nicht illegal und frei verkäuflich“, teilt einer dieser Shops etwa mit. Zur gleichen chemischen Droge heißt es bei einem anderen: „Das Produkt ist in Deutschland legal, da es weder im Betäubungsmittelgesetz oder Neue–psychoaktive–Stoffe–Gesetz noch im Arzneimittelgesetz aufgeführt wird.“

Katz–und–Maus–Spiel mit dem Gesetzgeber

Ein weiterer Shop lässt Kunden über seine Cannabis–Variante HHC wissen: „Tauchen Sie ein in eine Welt der Euphorie und des Wohlbefindens mit unseren erstklassigen HHC Aroma Blüten. HHC verspricht eine angenehme Wirkung und ermöglicht Ihnen ein einzigartiges Gefühl der Euphorie und Leichtigkeit.“

HHC steht für Hexahydrocannabinol. Es handelt sich um einen Wirkstoff ähnlich des berauschenden THC in Cannabisblüten, wird aber wie LSD im Labor hergestellt. Die genannten Anbieter sitzen nicht etwa im Ausland oder lassen Angaben zu ihrem Firmensitz gleich ganz weg. Im jeweiligen Impressum finden sich beispielsweise Adressen in Berlin, Hamburg oder Aalen. Zudem versuchen einige von ihnen, wohl gezielt einen jungen Kundenkreis anzusprechen, indem sie sich nicht scheuen, in sozialen Netzwerken die Werbetrommel zu rühren.

Ganz offensichtlich befürchten die Betreiber entsprechend ihrer Werbebotschaften keine Strafverfolgung, und das wohl zu Recht. Antworten aus dem Bundesgesundheitsministerium zur Legalität dieser Geschäfte offenbaren ein Katz–und–Maus–Spiel mit dem Gesetzgeber, das den viel schnelleren Drogen–Anbietern ein Millionen–Geschäft einbringen dürfte. 

Wer die Strukturen einmal verändert, schafft es auch ein weiteres Mal

Bei den sogenannten neuen psychoaktiven Stoffen (NpS) wie 1D–LSD oder HHC „werden oft die bekannten chemischen Grundstrukturen synthetisch in einer Weise abgewandelt, dass die für Missbrauchs-/Rauschzwecke geeignete psychoaktive Wirkung erhalten bleibt oder sogar verstärkt wird, jedoch die bestehenden Regulierungen umgangen werden“, erläutert eine Ministeriumssprecherin auf Nordkurier–Anfrage.

Demnach handelt es sich „um bislang unbekannte oder aber bekannte, doch zuvor so nicht für Konsumierende zu Missbrauchs-/Rauschzwecken in Verkehr gebrachte Stoffe, von denen bereits eine große Zahl dem Betäubungsmittelgesetz (BtMG) und dem Neue–psychoaktive–Stoffe–Gesetz (NpSG) unterstellt ist.“

Das bedeutet: Die jeweiligen Labor–Kreationen sind erst verboten, wenn sie ausdrücklich in einem der beiden Gesetze aufgelistet werden. Sind sie dort nicht zu finden, kann deren Verkauf nicht bestraft werden. Im Falle der genannten Cannabis– und LSD–Varianten lassen Kundenbewertungen darauf schließen, dass die Stoffe mindestens seit Monaten verkauft werden, ohne dass der Gesetzgeber es geschafft hat, dem einen Riegel vorzuschieben. Selbst wenn sie schneller als ausdrücklich verboten gelistet würden, bleibt es fraglich, ob das dem lukrativen Geschäft ein Ende bereitet. Wem es einmal gelungen ist, chemische Grundstrukturen im Labor so zu verändern, dass Verbote umgangen werden können, dem wird es sehr wahrscheinlich auch ein weiteres Mal gelingen.

Bundesregierung warnt vor „unkalkulierbaren gesundheitlichen Gefahren“

Während die Bundesregierung weiter eifrig daran arbeitet, herkömmliches Cannabis für Genusszwecke zu legalisieren, gibt es wohl keine Pläne, dem bereits vorhandenen legalen Drogenhandel ein Ende zu setzen. Und das obwohl den Verantwortlichen die damit verbundenen Risiken bewusst sind: „Im Interesse eines vorbeugenden Gesundheitsschutzes der Bevölkerung und des Einzelnen warnt die Bundesregierung vor dem Konsum von NpS, der mit unkalkulierbaren gesundheitlichen Gefahren verbunden ist.“

Statt die bestehenden Gesetze „wasserdicht“ gegen immer neue Varianten aus dem Drogenlabor zu machen, soll es unverändert mit den bisher wirkungslosen Mitteln weitergehen. „Die Bundesregierung schreibt die Anlagen des BtMG und die Anlage des NpSG regelmäßig in Bezug auf NpS fort. Vor diesem Hintergrund ist der Bundesregierung HHC und LSD–Derivate als NpS bekannt, die kontinuierlich entsprechenden Überprüfungen unterzogen werden“, lässt die Ministeriumssprecherin wissen.