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Zu schwer

Bald Extra-Führerschein für Elektro-Autos nötig?

Politik / Lesedauer: 3 min

Mit einer neuen Führerscheinklasse will eine grüne EU-Abgeordnete eigentlich SUVs von der Straße holen. Betroffen wären aber auch die beliebtesten E-Autos in Deutschland.
Veröffentlicht:21.09.2023, 13:51

Von:
  • Philippe Debionne
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Der Streit um neue Führerscheinregeln der Europäischen Union spitzt sich zu. Ein Knackpunkt ist dabei eine mögliche Begrenzung der Gewichtsklasse. Die französische Grünen-Abgeordneten Karima Delli will eine neue Führerscheinklasse B+ einführen. Diese soll für Personenkraftwagen und leichte Nutzfahrzeuge der Klasse N1 mit einem Gewicht von mehr als 1800 kg gelten.

Delli hat damit nach eigenen Angaben SUVs im Visier. Doch auch viele E-Autos wären davon betroffen. E-Autos wiegen aufgrund der verbauten Batterien Hunderte Kilo mehr als Autos mit Verbrennermotor.

Im Entwurf des EU-Ausschusses für Verkehr und Tourismus, in dem Delli Verhandlungsführerin ist, schreibt die Politikerin: 

"Schwere Personenkraftwagen und Geländewagen (SUV) nehmen nicht nur mehr Platz und sind weniger energieeffizient, weswegen sie mehr Kraftstoff verbrauchen und höhere Emissionen verursachen, sondern sind im Vergleich zu leichten Personenkraftwagen auch im Hinblick auf die Straßenverkehrssicherheit mit größerer Wahrscheinlichkeit in Zusammenstöße verwickelt, die weitaus schwerwiegendere Folgen haben. Der Führerschein der Klasse B ist gemäß seiner ursprünglichen Gestaltung nicht umfassend für die schwersten Personenkraftwagen geeignet."

Neue Führerscheinklasse B+ für beliebteste E-Autos

Daher solle für Autos, die über 1,8 Tonnen wiegen, die neue Führerscheinklasse B+ eingeführt werden. Diese könne „nach zwei Jahren Probezeit mit einem Führerschein der Klasse B und erst ab 21 Jahren erworben werden“.

Laut Statistischem Bundesamt sind die fünf beliebtesten E-Autos der Deutschen (Stand: Juni 2023) der Tesla Model Y (ab 1984 Kilogramm), die VW-Fahrzeuge ID.3 (ab 1.815 Kilogramm), ID.4 (ab 1965 Kilogramm) und ID.5 (ab 2118 Kilogramm) sowie der Fiat 500 Elektro (ab 1255 Kilogramm).

Bis auf den Fiat 500 kommen also genannten Fahrzeuge über die Grenze von 1800 Kilogramm oder 1,8 Tonnen. Für sie wäre damit ein neuer Führerschein nötig, zudem dürften sie erst ab 21 Jahren und zwei Jahren Probezeit gefahren werden.

Delli will für Fahranfänger außerdem ein grundsätzliches Tempolimit von 110 km/h und die rechtliche Möglichkeit für ein Nachtfahrverbot schaffen. Laut dem Entwurf soll der Führerschein ab dem 60. Lebensjahr zudem nur noch sieben Jahre, ab dem 70. Lebensjahr nur noch fünf Jahre und ab dem 80. Lebensjahr nur noch für zwei Jahre gültig sein. Anschließend soll er neu gemacht werden müssen. 

Grüne, SPD, Union und FDP kritisieren die Pläne

Die deutsche Politik lehnt die Pläne aus Brüssel in ungewohnter parteienübergreifender Einigkeit ab. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) sagte:

Klar ist, Deutschland wird den Vorschlägen in dieser Form nicht zustimmen.

Volker Wissing

Der CDU-Europaabgeordnete Jens Gieseke sagte: "Die Vorschläge von Frau Delli sind ein einziges Verbotsprogramm. Sie wettert gegen individuelle Mobilität." Und weiter: "Als CDU und CSU tragen wir einen solchen Unsinn nicht mit." 

Die deutsche Grünen-Europaabgeordnete Anna Deparnay-Grunenberg kritisierte ihre französische Parteifreundin ebenfalls. Die Verkehrspolitikerin sagte:

Wir als deutsche Grüne haben von Anfang an aus deutscher Sicht starke Bedenken angemeldet.

Anna Deparnay-Grunenberg

Es sei problematisch, Mängel bei Sicherheitsstandards und in der Klimapolitik über die Führerscheinrichtlinie beheben zu wollen. Ein Sprecher der Grünen machte am Abend deutlich: 

Die genannten Ideen spiegeln nicht die Position der deutschen Grünen wider, auch nicht der deutschen Grünen im Europäischen Parlament.

Grüne Deutschland

Abstimmung über neue Regeln im Dezember

Auch der verkehrspolitische Sprecher der SPD-Europaabgeordneten, Thomas Rudner, sprach sich dagegen aus, die Gewichtsgrenze für Pkw-Führerscheine der Klasse B auf 1,8 Tonnen zu senken.

Im Dezember soll im Verkehrsausschuss über die Vorstöße abgestimmt werden. Ob die französische Abgeordnete Delli eine Mehrheit für ihre Vorschläge findet, ist noch unklar. Die Position des Europarlamentes, das ebenfalls an der Gesetzgebung beteiligt ist, ist noch nicht bekannt.