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Gesundheitssystem

Der neue Krankenschein hat noch „Kinderkrankheiten“

Neubrandenburg / Lesedauer: 3 min

Eigentlich soll der „gelbe Schein“ nun auch an den Arbeitgeber digital übermittelt werden. Doch dabei läuft es noch längst nicht rund.
Veröffentlicht:26.01.2023, 10:14

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Jetzt ist es vorbei mit dem Dreierpack vom Arzt. Wer krankgeschrieben wird, bekommt in der Regel nur noch einen Schein – für seine privaten Unterlagen. Die Nachricht an die Krankenkassen wird bereits seit dem vergangenen Jahr via Praxis übermittelt, die an den Arbeitgeber geht von nun an auch digitale Wege. Soll sie zumindest. Der Chef kann sich die Infos dann entsprechend von den Kassen abrufen.

Theorie und Praxis klaffen noch weit auseinander

Soweit die Theorie. Denn: „Die elektronische Übermittlung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) erfolgt über die sogenannte Telematik-Infrastruktur, die TI“, erklärt Kerstin Alwardt von der Kassenärztlichen Vereinigung Mecklenburg-Vorpommern (KV MV). Sofern diese TI stabil funktioniere, sei auch die Übermittlung an die meisten gesetzlichen Krankenkassen unproblematisch. „Allerdings“, so wirft die Sprecherin ein, „gibt es immer wieder einmal Probleme bzw. Ausfälle der TI, die von den Praxen nicht zu verantworten sind. Leider kommen die Anwendungen unausgereift und unzureichend erprobt in die Praxis. Daraus resultiert auch ein großes Akzeptanzproblem auf Seiten der Praxen.“

Doch drücken könnten sich die Ärzte vor den zum Teil nervenaufreibenden Neuerungen nicht: „Alle an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und Einrichtungen sind zum Anschluss an die TI und die Nutzung der entsprechenden Anwendungen verpflichtet. Neben den niedergelassenen Ärzten sind dies auch Krankenhausärzte und -einrichtungen, die an der ambulanten Versorgung teilnehmen“, so Alwardt. Es handele sich um eine reine Digitalisierung von Verwaltungsvorgängen. „Ein unmittelbarer Nutzen für die Praxen oder ein Vorteil für die Behandlung der Patienten ergibt sich hier nicht“, erklärt die Sprecherin.

Was seit Monaten zwischen Praxen und Krankenkassen nun schon mit all den erwähnten Problem läuft, gilt ab diesem Jahr auch für die Information an den Arbeitgeber. Allerdings muss der – nachdem er von seinem Mitarbeiter informiert wurde, selbst aktiv werden. Laut KV-Sprecherin gebe es dazu mit Blick auf die Kürze der Zeit noch keine Angaben. Das neue Verfahren ändere auf keinen Fall etwas daran, sich beim Arbeitgeber krank melden zu müssen. Ein Ausdruck des Krankenscheins sei nach wie vor auf Wunsch möglich.

Auch der Arbeitgeberverband kann nach den ersten Tagen noch keine aussagefähige Bilanz ziehen. Das ganze System habe ohnehin bereits im vergangenen Jahr etwas gehakt, wie Carola Freier, Verbandsgeschäftsführerin beim Kommunalen Arbeitgeberverband M-Verklärt. Eigentlich sei ja eine Umsetzung zum 1. Juli 2022 geplant gewesen, sie sei nun auf dieses Jahr verschoben worden. Gesetzlich versicherte Beschäftigte hätten vorerst noch Anspruch auf einen Ausdruck der Bescheinigung. Das Thema werde laut Freier in den kommenden Wochen beim Verband im Fokus bleiben.

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Und noch eins: Die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) deckt nicht alle Arbeitsverhältnisse und Versicherungsstatus ab. Wer privat krankenversichert ist, kann sich nicht mit der neuen eAU krankmelden. Ebenfalls ausgeschlossen seien Minijobber in Privathaushalten. Privatärzte und Behandlungen aus dem Ausland werden ebenfalls nicht elektronisch erfasst, heißt es.