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Corona-Übertragung

„Es gibt keine Gefahr, jemanden beim Einkaufen zu infizieren”

Berlin / Lesedauer: 2 min

Ein renommierter Virologe sagt in einem TV-Interview klipp und klar, dass gewisse Ängste im Corona-Ausnahmezustand unbegründet sind.
Veröffentlicht:02.04.2020, 17:44

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Plastikwände zwischen Kunden und Kassierern, Warnschilder im Supermarkt („bitte betreten Sie das Geschäft allein”), immer mehr Menschen mit Handschuhen beim Bezahlen, die Stadt Jena plant sogar die allgemeine Mundschutz-Pflicht: Die Angst vor einer Infektion mit dem Coronavirus greift immer mehr ums sich und wird im öffentlichen Raum jeden Tag sicht- und spürbarer.

Keine Ansteckung beim Einkaufen

Gerade jetzt, in der Phase verschärfter Maßnahmen, melden sich aber auch angesehene Experten zu Wort, die mit Nachdruck sagen: Wir müssen die Welt und unser persönliches Leben nicht monatelang in ein Apokalypse-Szenario verwandeln, um das Virus zu stoppen.

Prof. Hendrick Streeck, ein Kollege des bundesweit bekannten Corona-Experten Prof. Christian Drosten von der Charité sagte im ZDF-Talk mit Markus Lanz am Dienstag: „Es gibt keine nachgewiesenen Übertragungen beim Einkaufen, es gibt keine nachgewiesenen Übertragungen beim Friseur.” Die folgenschweren Infektionen seien auf Partys beim Aprés-Ski, auf Partys wie im Berliner Club „Trompete” und bei großen, ausgelassenen Fan-Ansammlungen bei Fußballspielen in Bergamo passiert. „Das kam aus keinem Supermarkt, keiner Fleischerei oder Restaurant. Es kam aus einem engen Beisammensein für längere Zeit“, sagte Streeck, der das Institut für Virologie im Universitätsklinikum Bonn leitet. „Es gibt keine Gefahr, jemand anderen beim Einkaufen zu infizieren.“

Schmierinfektionen sind nicht das Problem

In einem aktuellen Projekt untersucht der Virologe mit seinem Team in Heinsberg (NRW), also genau dort, wo in Deutschland die Corona-Kettenreaktion vor Wochen ihren Lauf nahm, als erster Wissenschaftler akribisch die Übertragungswege des Virus. Vorläufiges Fazit: Schmierinfektionen, also Übertragungen von Türklinken, Waschbecken, Gegenständen, Smartphones und Oberflächen im Allgemeinen seien NICHT das Problem. In Haushalten infizierter Personen habe man an solchen Stellen zwar vereinzelt Viren gefunden, diese seien aber tot oder nur noch sehr kurz lebensfähig gewesen. Den Forschern sei es im Labor kein einziges Mal gelungen, Viren von kontaminierten Oberflächen zu vervielfältigen.

Webasto-Mitarbeiterin als Beispiel

Streeck nannte als Beispiel auch die Mitarbeiterin des Unternehmens Webasto, die als „Patientin Nummer Eins” das Virus Ende Februar aus China in die bayrische Firmenzentrale (es gibt auch eine Zweigstelle in Neubrandenburg) brachte. Die Frau habe corona-infiziert im Flugzeug gesessen, im Hotel übernachtet und im Restaurant gegessen, überall dort aber kaum Menschen angesteckt. Im Unternehmen, wo sprichwörtlich eng und über einen längeren Zeitraum zusammengearbeitet wurde, steckten sich hingegen viele Kollegen an. Für Streeck ein deutlicher Hinweis, dass kurze, alltägliche Begegnungen ohne intensive Gespräche kein großes Risiko darstellen – körperliche Nähe und längere Exposition aber sehr wohl.