Leader–Projekt
Bei Plestlin lockt das Peenetal auch abseits des Wassers mit Ankerplätzen
Alt Plestlin / Lesedauer: 5 min

Stefan Hoeft
In Sachen Ausflugsziele und Tourismus dürfte Bentzin zu den Gemeinden mit dem größten Potenzial am mittleren Peene– und Tollensetal zählen. Immerhin betreibt die am Südufer zwischen den beiden Flussquerungen Jarmen und Loitz gelegene Kommune nicht nur die weit über die Region bekannte Badeanstalt am Zarrenthiner Kiessee, an dessen Nordufer zudem ein Ferienhaus–Park geplant ist.
Überdies verfügt sie bei Alt Plestlin am Amazonas des Nordens über einen wegen seiner Kombination aus Lage, Idylle und Service äußerst beliebten Wasserwanderrastplatz. Und oberhalb davon liegt nicht nur ein innen restauriertes ehemaliges Herrenhaus mit interessanter Familienhistorie inklusive eines geschichtsträchtigen Reitpferdes samt seinem Grab auf dem Hof. Es gibt auch ringsherum noch so einige Punkte, die einen kleinen Ausflug oder sogar eine Rundtour wert sind.

Wanderweg durch die Umgebung
Bisher aber erkundeten Besucher in aller Regel lediglich das Dorf und vielleicht noch das frisch hergerichtete Gotteshaus, seit 2020 die einzige offizielle Wasserwander–Kirche Deutschlands. Um dann wieder zurück zum Hafen zu laufen und in die Boote zu steigen. Deshalb kam Bentzins Bürgermeisterin Grit Gawrich und ihren Mitstreitern die Idee zur Ausweisung eines Wanderpfades durch die Umgebung, bildlich festgehalten in einer Landkarte, die unter anderem an der besagten Kanu–Oase ausliegt. Darin enthalten sogenannte Hotspots, die nicht länger nur den Einheimischen vorbehalten bleiben und zur Wiederkehr einladen sollen, verbunden mit Informationen zu diesen Punkten vor Ort und in einem Flyer.
Als erster Blickfang gelten bereits die aus dem Reststamm einer großen Esche gefertigten Adler, die ihren scharfen Blick über die Peenewiesen richten, wirkend wie mächtige Wächter. Tierisch geht es dann weiter mit dem besagten Grab für Hanko, Lieblingspferd des Olympiareiters Freiherr Carl–Friedrich von Langen. Auch der benachbarte Wald mit seinem „Silberberg“ und einer Quelle stehen auf der Liste, die von dort aus über den Kastanienweg nach Neu Plestlin führt.
Bänke laden zum Verweilen ein
Denn nordöstlich dieses Dorfes liegt der Teufelsstein, ein etwa 29 Kubikmeter messender und an die 80 Tonnen schwerer Granit, der als größter Findling im Altkreis Demmin galt. Ebenfalls eingeschlossen in den Plan sind die sogenannten Bauerntannen mit Kirchenkuhle, zu der wiederum eine Sage erzählt werden kann.
An einigen Stellen dieser Route laden inzwischen spezielle und schwere Sitzbänke zum Verweilen ein, aufgestellt von den Gemeindearbeitern. Die Seiten wie Anker geformt, sollen sie auch von der Gestalt her dem Projektnamen „Ankerplätze“ Rechnung tragen und zum Verweilen einladen, verbunden mit vielen Eindrücken aus dem Peenetal.
„Die Heimat gleichzeitig als Erholungs– und Naturraum zu erleben, ist sicherlich ein Traum vieler Großstädter. Der Wanderpfad leistet einen Beitrag zur Stärkung des Bewusstseins für Belange des Natur– und Umweltschutzes“, heißt es in Beschreibung für den Förderantrag.

15 000 Euro Fördermittel
Möglich machte die Umsetzung dieser Idee nämlich das LEADER–Programm. Im Rahmen der regionalen Kleinprojektförderung aus diesem Topf bewilligte die Lokale Aktionsgruppe „Flusslandschaft Peenetal“ der Gemeinde gut 15 000 Euro als Zuwendung — bei Gesamtkosten von fast 19 000 Euro.
Offensichtlich überzeugte die Mitglieder Bentzins Offerte, den Wasserwanderrastplatz so nachhaltig noch attraktiver zu machen, gleichzeitig etwas für die Einheimischen und damit Möglichkeiten zu Begegnungen zu schaffen. Zumal sozusagen als zentraler Ankerplatz eine Bücherstube in das Vorhaben integriert ist, gelegen in Alt Plestlin zwischen Gemeindehaus und Kirche.
Deren Aufbau startete zwar bereits im vergangenen Frühjahr, doch erst jetzt war alles so weit, dass die offizielle Übergabe ihm Rahmen eines kleinen Festes bei Kaffee und Kuchen im Beisein von zahlreichen Gästen und dem Dorfklub stattfinden konnte.

Gemeindearbeiter–Team packt kräftig mit an
Immerhin hat der nicht nur kräftig für diesen Anlass gebacken und bei der Umsetzung geholfen, sondern übernimmt in Gestalt von Kerstin Schubert auch die tägliche Schlüsselpatenschaft: Bevor sie morgens zur Arbeit fährt, wird die Tür auf– und abends nach dem Einsperren der Hofhühner wieder abgeschlossen, kündigte sie an.
Einen besonderen Dank richtete Grit Gawrich an das Gemeindearbeiter–Team Fred Schibielski und Frank Volgmann, die neben ihren vielen anderen Aufgaben auch an diesem Projekt immer wieder tatkräftig gewerkelt hätten. Die zwei bauten nicht nur die Bänke und das als Laube konzipierte Holzgebäude auf, inklusive dreier Anstriche von außen und zwei von innen, sondern richteten auch die Innenausstattung her. „Ohne sie wäre das viel teurer geworden.“

Schubkarre voller Spenden zur Eröffnung
Das Motto dieser sowohl für Einheimische als auch Besucher aller Generationen gedachten Bücherstube lautet „Nehmen — Bringen — Tauschen“, wie die Bürgermeisterin erläuterte. Sprich die Leute dürfen sich dort kostenlos Literatur mitnehmen, zu Hause oder gleich auf einer der in Sichtweite befindlichen Bänke lesen. Und wer sie nicht zeitnah zurückbringen kann, wird gebeten, sozusagen als Tausch ein anderes Druckwerk dort zu lassen.
„So bleibt die Literatur aktuell und die Bücherstube gefüllt.“ Schon zur Eröffnung fanden da einige etwas für sich, sogar Loitzer nutzten diese Gelegenheit. Einer der Einwohner nahm zudem die Bitte um Spenden umgehend wahr und rückte wenig später mit einer ganzen Schubkarre voller Bücher an.