Prozess vorm Amtsgericht
Bewährungsstrafe für Anklamer Tierquäler
Pasewalk / Lesedauer: 3 min

Holger Schacht
Als Polizisten zur Wohnung von John S. (25) kamen, standen sie nicht nur angewidert im Müll-Chaos, sondern machten zusätzlich eine erschütternde Entdeckung: In einem der Zimmer vegetierte der bis auf die Knochen abgemagerte Mischlingshund Chico (9). Eigentlich hätte der Rüde ständiger Begleiter von John S. sein sollen. Stattdessen hatte der den Hund monatelang nicht Gassi geführt, ihn nur sporadisch mit Trockenfutter und Wasser versorgt und ihn mit ungeschnittenen Krallen im eigenen Kot liegen gelassen. Vor dem Amtsgericht Pasewalk ist dem Mann aus Anklam deshalb der Prozess wegen Tierquälerei gemacht worden.
Fotos zeigten erschreckende Bilder vom Hund
Im Verlauf des Verfahrens konfrontierte Amtsrichter Schwertfeger den Angeklagten mehrfach mit Fotos vom Hund und der Wohnung. Polizisten dokumentierten sie für die Akten. „Das sind erschreckende Bilder“, stellte der Amtsrichter beim Durchblättern der Papiere fest. „Die Vorwürfe stimmen. Ich war damals nur ab und an kurz da. Nicht jeden Tag, wie es sein muss“, gestand John S. 2012 hatte er Chico als Welpen bekommen. Sieben Jahre später verlor der Angeklagte die Kontrolle über sein Leben. „Ich habe jeden Tag gesoffen, Drogen genommen, wenig geschlafen. War immer unterwegs“, beschrieb John S. seine damalige Lebensführung. Bis heute hat er dunkle Ringe unter den Augen. Immerhin sei Chico steuerlich angemeldet gewesen, betonte der Angeklagte.
Hund lag allein im Urin und Kot
Drogen will er seit der Zeit nicht mehr genommen haben: „Im letzten Jahr habe ich von Januar bis Dezember als Ein-Euro-Jobber gearbeitet, kann mich besser konzentrieren und bin nicht vorbestraft“, führte John S. in seiner Verteidigung an. Damit schaffte er mehr Kontinuität als sonst. Die Schule hatte er ohne Abschluss verlassen, die Abendschule ebenfalls. Inzwischen lernt John S. Spanisch, will in der Saison ein neun Wochen langes Praktikum auf Mallorca machen.
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Tierquälerei wird laut Paragraf 17 des Tierschutzgesetzes mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe belegt. „Sie haben ihren Hund im Urin und Kot allein gelassen, sind ihrer enormen Verantwortung für das Tier nicht gerecht geworden. Sie haben ihrem Hund Schmerzen zugefügt. Deshalb ist eine Freiheitsstrafe unerlässlich“, sagte die Staatsanwältin in ihrem Plädoyer und forderte drei Monate auf zwei Jahre Bewährung. Amtsrichter Schwertfeger sah es ähnlich, aber es reichte ihm noch nicht. Er packte in seinem Urteil auf die Forderung der Staatsanwältin noch 80 Stunden gemeinnützige Arbeit und ein fünfjähriges Tierhalteverbot für den Angeklagten drauf: „Sie haben Ihren Hund eingesperrt und vernachlässigt.“ Heute hat es Chico übrigens sehr, sehr viel besser. Er überstand die qualvolle Zeit, lebt jetzt an der Seite eines gewissenhaften Herrchens.