Natur
Biber, Nandus, Hirsche – skurrile Geschichten aus dem Reporter-Leben
Anklam / Lesedauer: 4 min

Norbert Warmbier
Naturreporter Norbert Warmbier hat in der Natur schon die skurrilsten Geschichten erlebt. Er röhrte mit den Hirschen, lag Seite an Seite mit Nandus und unterhielt sich mit Bibern. Hier erzählt er von seinen verrücktesten Erlebnissen aus 60 Jahren als Naturforscher in Vorpommern.
Auf Tuchfühlung mit Vorpommerns Natur
Seit rund 60 Jahren erforsche ich die Tierwelt Vorpommerns, und seit 44 Jahren berichte ich in der Heimatzeitung über die Tier- und Pflanzenwelt zwischen Peenemünde und Penkun. Da kommen einige Geschichten zusammen, auch solche, die man nie vergisst. Immer wieder gern erinnere ich mich an die Begegnung mit einem Alpenstrandläufer in den Anklamer Rieselfeldern. Dieser starengroße Vogel, wahrscheinlich ein Durchzügler aus dem nördlichen Skandinavien, ließ eine Annäherung auf wenige Meter zu und zeigte keinerlei Scheu. Für einen Naturfreund wie mich ein großartiges Erlebnis! Heute ist diese Limikole, also Watvogelart, in Deutschland vom Aussterben bedroht und lebt mit kaum zehn Brutpaaren an den norddeutschen Küsten.
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Reporter als Hahn im Nandu-Korb
Aber auch die Begegnung mit den Nandus, den Pampastraußen aus Südamerika, in Nordwestmecklenburg im Grenzland zwischen Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein war ein unvergessliches Erlebnis. Hier konnte ich mich zu den Neozoen, also Neubürgern unserer Fauna, zwischen drei Hennen legen.
Der Nanduhahn fand dies allerdings überhaupt nicht lustig und stürmte mit lautem Gebrüll auf mich zu, sodass ich eiligst das Weite suchte. Als ich später die führenden Hähne aufsuchte, blieb mir vor Begeisterung der Atem stehen, denn die Jungvögel liefen nur wenige Meter unter der Aufsicht von Vater Nandu und dem Adjutanten vor mir.
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Mir stockte der Atem: Uns trennte nur ein Steinwurf
Zu diesen kuriosen, wenn zuweilen auch nicht ungefährlichen Situationen gesellten sich im Laufe des Jahre viele weitere, ähnlich spektakuläre Beobachtungen. So gelang es mir im Herbst, mit den Rothirschen im Peenetalmoor um die Wetten zu röhren. Es war ein goldener Herbsttag, kurz vor 12 Uhr mittags, und spannend wie im gleichnamigen Western: Ich beobachtete, wie ein Platzhirsch plötzlich aus dem Rohr marschierte und sich in eine Seggenfläche legte. Selbst seinen Kopf mit dem Geweih legte er auf den Moorboden.
Der Wind stand gut, und so pirschte ich mich heran und fing an zu röhren. Vor Aufregung wusste ich die Stelle nicht mehr genau, wo er sich niedergelegt hatte. Doch nach meinen mehrminütigen Röhrversuchen stand der 16-Ender auf. Mir stockte der Atem, denn uns trennte nur ein Steinwurf. Der Kraftprotz brüllte mich jetzt an, und so ging das Geschrei einige Zeit hin und her. Plötzlich kam der Stirnwaffenträger auf mich zu. Er sah mich offenbar als Konkurrenten an. Panisch schrie ich die liebestolle Kampfmaschine an und winkte mit dem Teleobjektiv, um den Giganten zu vertreiben.
Nur widerwillig zog sich dann der bis auf 20 Meter herangekommene Hirsch zurück. Trotz meiner Panik gelangen mir viele fantastische Fotos. Eines zeigt den Recken mit den drei Anklamer Stadtkirchen im Hintergrund. Dieses hat ein Anklamer Geschäftsmann als Gemälde in seinem Büro zu hängen. Nach jener Aktion war ich sicher: So eine Aktion lässt sich nicht mehr toppen. Doch ich hatte mich geirrt. Denn ich konnte noch einen draufsetzen.
Der mit den Bibern flüstert
Vor einigen Tagen konnte ich mich nämlich mit einem Biber in der Nähe von Bugewitz unterhalten. Früh morgens hatte ich hier die aus den Renaturierungsflächen am „Anklamer Stadtbruch“ abfliegenden Kraniche, Singschwäne und nordischen Feldgänse gezählt. Plötzlich wechselte ein gewaltiger Biber über die Deichstraße, um dann im Graben wieder abzutauchen. Mit meiner kompletten Fotoausrüstung eilte ich zum Graben. Was dann geschah, werde ich nie vergessen. So aus Jux rief ich: „Hallo Biber, ich habe euch hier vor 50 Jahren in Vorpommern an der Peene ausgesetzt, komm doch mal her!“ Unglaublich, aber der Biber kam bis auf fünf Meter heran. Dann tauchte er ab, kam aber immer wieder angeschwommen. Nach einigen Minuten schwamm er zur Brücke. Plötzlich erschien eine ältere Dame. Wie die Geschichte weitergeht, lesen Sie in der nächsten Folge.
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