Christlicher Glaube
Das Wort zum Sonntag aus Anklam zum Reformationstag
Anklam / Lesedauer: 3 min

Mareike Klinkenberg
Liebe Leserinnen und Leser,
nun ist das großartige Reformationsjubiläum schon vier Jahre her und wir feiern in diesen Tagen die seltsame Zahl 504. Und wir hören nicht auf, diesen Reformationstag, welche Zahl auch immer er hat und haben wird, zu würdigen. Dafür haben wir unsere Gründe. Doch welche Gründe sind das?
Eine Reformation, die zur Spaltung der Christenheit führte, hat niemand gewollt. Die Reformatoren, Luther voran, wollten die Reform der einen, allen gemeinsamen Kirche. Nur weil diese Reform scheiterte, kam es zur Spaltung.
Die kirchliche Welt war am Ende des 15. Jahrhunderts geprägt von Missständen. Überall gab und gibt es diese Missstände, wo eine Kirche nicht mehr vor allem für die Menschen, sondern mehr und mehr für sich selber und ihre an manchen Stellen höchst fragwürdigen Bedürfnisse da ist.
Die Reformation begann aber nicht wegen dieser Missstände, sondern weil da plötzlich Menschen waren, die diese Zustände nicht mehr ertrugen. Menschen waren da, die wacher, bewusster, kritischer und im guten Sinne anspruchsvoller geworden waren. Sie waren empfindlicher geworden für das Auseinanderklaffen zwischen Verkündigung und Wirklichkeit, Leben und Lehre, Anspruch und Leistung.
Der Sprengstoff war angesammelt
Ursache der Reformation im tiefsten Sinn war die Auflösung einer mittelalterlichen Ordnung und der sie tragenden Grundhaltungen.
Ursache war, dass die Kirche nicht auf diese Auflösung rechtzeitig reagiert. Und zwar durch neue, zeitgemäße Gestaltung des religiösen Lebens und deren Kirchenstrukturen. Die Kirche beharrte auf überholten Positionen – und die Welt, der Einzelne, die Gesellschaft haben daraufhin ihre Eigenständigkeit erzwungen und durchgesetzt. Die Zeit war reif für den Ruf nach Reformen. Der Sprengstoff war angesammelt, der auf das zündende Wort wartete.
Ich denke, wir alle spüren bei diesen Sätzen, wie sehr auch unsere Zeit und Kirche hier angesprochen ist. Und wenn wir in diesem Jahr wieder zum Tag der Reformation in unsere Kirchen einladen, dann liegt für mich der wesentliche Grund darin, dass wir lernen aus dem, was damals geschah, dass wir einen Weitblick entwickeln, uns den Herausforderungen stellen und mit unseren Ressourcen sorgsam umgehen. Dass wir auch über den eigenen Kirchturm hinausschauen und uns bereichern lassen von dem, was andere in ihren Kirchen so tun und lassen!
Und vielleicht ist das die bleibende Reform, die unserer Kirche immer wieder ins Haus steht, dass sie sich stetig neu dem Menschen zuwendet im Wandel der Zeit.
— Ihre Pastorin Ulrike Weber, Anklam
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