StartseiteRegionalAnklamDieser Vogel sorgte früher für warme Hausschuhe

Naturreporter

Dieser Vogel sorgte früher für warme Hausschuhe

Dargun / Lesedauer: 4 min

Aalbude am Kummerower See ist ein Ort, der viel Natur und Geschichten parat hat. Ob nun Nest-Pantoffeln, teurer Aal oder Vögel mit komischem Ruf.
Veröffentlicht:30.05.2023, 11:27

Artikel teilen:

Gleich bei der abendlichen Ankunft in  „Aalbude“ am Auslauf des Kummerower Sees in die Peene wurde es schaurig, denn begrüßt wurde unser Naturreporter von drei rufenden Moorochsen. Die weithin hörbaren, tiefen Brummtöne klingen wie „ü-prump“. Andere wieder meinen, ein Nebelhorn zu hören. Dieser Ton lässt sich aber auch gut nachahmen, wenn man in eine leere Flasche bläst. Darum werden die Rohrdommeln auch „Moorochsen“ genannt.

Die Große Rohrdommel, der Moorochse, ruft mit 10 Exemplaren rund um den Kummerower See.
Die Große Rohrdommel, der Moorochse, ruft mit 10 Exemplaren rund um den Kummerower See. (Foto: Norbert Warmbier)

In dem Roman „Der Hund von Baskerville“ von Arthur Conan Doyle wird erzählt, dass Dr. Watson und Mr. Stapleton einen höchst merkwürdigen Schrei aus dem Moor vernehmen. Da der Naturforscher Stapleton nicht an den viel beschworenen Geisterhund glaubt, kombiniert er, dass es sich eindeutig um eine Rohrdommel handeln muss.

Der moderne Anleger Aalbude lockt tausende Touristen an.
Der moderne Anleger Aalbude lockt tausende Touristen an. (Foto: Norbert Warmbier)

Trotz ihrer gewaltigen Stimme – zu sehen bekommt man die reihergroßen Wasservögel kaum einmal, denn der dichte Rohrwald am Seeufer bietet einen sehr guten Schutz. Bei Gefahr wird die „Pfahlstellung“ eingenommen. Die Rohrdommel macht sich hierbei recht lang und reckt Kopf und Schnabel in die Höhe. Zudem simuliert sie durch leichtes Hin– und Herwiegen sogar den Wind im Schilf und verschmilzt perfekt mit der Umgebung.

Grandios passt sich der Langschnäbler mit seinem braunen Gefieder dem Lebensraum Seelandschaft an. Auch die flachen Nester befinden sich im knietiefen Wasser im Röhricht. Die Rohrdommel ernährt sich nicht nur von kleinen Fischen, zum Nahrungsspektrum zählen auch Blutegel und im Winter Mäuse.

Peene bildete innere Landesgrenze

Der Ortsteil Aalbude auf der Westseite der Peene gelegen gehört zur Stadt Dargun und somit zum Landkreis Mecklenburgische Seenplatte. Die Ostseite der Peene befindet sich in Verchen im Amt Demmin. Verchen gehört zu Vorpommern, liegt aber im Landkreis Mecklenburgische Seenplatte. Will man Greifvögel beobachten, dann ist Aalbude ein Hotspot. Ornithologen hatten an einem Vormittag im Mai See–, Schrei– und Fischadler, Rohr– und Wiesenweihe, Mäusebussard, Rot– und Schwarzmilan sowie Turm– und Wanderfalken beobachtet.

An der Feldflur erstrahlen im sanften Rosa unzählige Reiherschnäbel.
An der Feldflur erstrahlen im sanften Rosa unzählige Reiherschnäbel. (Foto: Norbert Warmbier)

Langgezogene, sehr hohe „zieh–zieh–zieh“ Rufe ertönen vom Uferbereich Aalbude. Dann fliegt ein kleiner bunter Singvogel in eine Weide an ein dort schwebendes birnenförmiges Nest. Es handelt sich um eine Beutelmeise, die hier einen Prachtbau an einen hängenden Ast gewoben hat. Heute steht dieser osteuropäische Einwanderer unter Naturschutz, doch früher arbeitete man seine Nester zu Filzpantoffeln um.

Höckerschwan mit Haubentaucher im Sonnenuntergang auf dem Kummerower See.
Höckerschwan mit Haubentaucher im Sonnenuntergang auf dem Kummerower See. (Foto: Norbert Warmbier)

Aalbude hat eine spannende Geschichte, denn noch im 14. Jahrhundert befand sich der Ort auf einer Insel, die westlich von der heute zugeschütteten und verlandeten Achterpeene umflossen wurde. Die hier siedelnden Menschen wurden als Aalfischer bezeichnet. Diese bewirtschafteten die an der Peene direkt zum Einfluss an den Kummerower See angelegten Aalwehre. Nichts entging den Aalfängern. Selbst für durchfahrende Schiffe musste die gewaltige Fanganlage geöffnet werden. 1697 erschien erstmals die Bezeichnung Aalbude.

Die zarten Schlüsselblumen erstrahlen auf den Wiesen rund um den See.
Die zarten Schlüsselblumen erstrahlen auf den Wiesen rund um den See. (Foto: Norbert Warmbier)

Die Peene bildete hier die Grenze zwischen Mecklenburg und Vorpommern. Neben der Fähre gab es eine Zollstation. Bis ins 19. Jahrhundert wurde für alle Waren eine Abgabe erhoben. 1893 errichtete man das erste Fährhaus. Da hier die Kontrolle Durchreisender auf ihren Gesundheitszustand erfolgte, bekam es den Namen Cholera–Haus. 1904 setzte man eine Prahmfähre ein. Damit war die Passage leichter Fuhrwerke möglich. Nach der Wende wurde hier 1997 ein Wanderrastplatz eingerichtet. Für Radfahrer und Wanderer besteht in der Zeit von Mai bis Oktober die Möglichkeit, mit der Fähre überzusetzen. Heute wird der Ort durch Angler aus ganz Deutschland genutzt.

An den Wanderwegen am Kummerower See befinden sich viele interessante Informationstafeln.
An den Wanderwegen am Kummerower See befinden sich viele interessante Informationstafeln. (Foto: Norbert Warmbier)

Der weltgrößte Aal war übrigens ein echtes Monsterwesen von 4,35 Kilo. Ein Aal besitzt zudem zwei Herzen. Das eine befindet sich hinter seinen Vorderflossen und das andere im hinteren Teil des Schwanzes. Wer jetzt noch nicht staunt, für den kommt es ganz dicke: Da der Fettfisch trotz Zucht zur Mangelware wurde, sind die Preise astronomisch. Das Räucheraalfilet liegt bei einigen Händlern schon bei fast 100 Euro pro Kilo.


Wer diese wundervolle Natur einmal selbst erleben möchte, melde sich unter 015156074311 an.