Natur

Dieser Winter bringt die Bienen in Gefahr

Neustrelitz / Lesedauer: 5 min

Anfang Januar zeigte sich das Wetter teils schon frühlingshaft. Das bereitet Imkern Sorge, denn die Bienen sind durch die hohen Temperaturen durcheinander mit Folgen für alle.
Veröffentlicht:05.02.2023, 08:01
Aktualisiert:05.02.2023, 08:05

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Sie sind das Volk und längst nicht mehr zu übersehen. Doch die Signale, die sie zum Ausschwirren bewegten, bringen sie in Gefahr. Denn Bienen gehören um diese Jahreszeit eigentlich noch in ihren Stock. In dicker Traube schützen und wärmen sie die Königin und damit die Brut für die folgende Genration.

Wetter-Wirren bringen Bienenvölker durcheinander

Doch die zuletzt immer öfter erlebbaren Wetter-Wirren haben die Völker in ihrem Lebenskreis durcheinandergebracht. Imker beobachten das mit Sorge. „Das ist eine Katastrophe für die Bienen“ sagt Uwe Schultz. „Die Bienen können Kälte bestens vertragen. Das haben sie über Jahrtausende gelernt. Doch nun hat das milde Wetter ihnen gesagt, es sei Zeit für den Reinigungsflug. Aber das ist Wochen zu früh. Ende Februar, eher März wäre dafür normal“, sagt Schultz.

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Nicht nur, dass durch die Unruhe und das Lösen der Bienen aus der wärmenden Kugel um die Königin die Traube Schwachstellen bekomme, die Königin sei mit den warmen Temperaturen auch angeregt, Eier zu legen. Mit dem Reinigungsflug säubern die Honigbieren quasi wie bei einem Toilettengang ihren Stock und sich, sorgen für Sauberkeit. Doch das alles kostet Energie.

Und das ist es, was sie letztlich in Gefahr bringen könnte. Denn das Futter, das die Imker den Honigbienen vor der Winterpause geben, sei dann eher als geplant aufgebraucht, nachfüttern so gut wie unmöglich. In der Natur allerdings sei noch nicht so viel holen, schon gar nicht, wenn es wie aktuell wieder wesentlich kälter werde. Das Auf und Ab sei Gift.

Rund 8,5 Grad wärmer geworden im Dezember

Dass sich die Bienen nicht irren und auch andere Tiere viel zu früh ihre Nasen aus dem Winterlager gestreckt haben, bestätigt Wetterexperte Dominique Jung in einem Gespräch mit dem Nordkurier. Seit 1961 sei das Klimamittel um 8,2 bis 8,5 Grad nach oben abgewichen. „In der Neubrandenburger Region war es um Weihnachten und Silvester 15 bis 17 Grad warm. Das ist kaum zu glauben gewesen. Das sind deutliche Zeichen für die Umwelt, sich auf Frühling einzustellen. Zuvor war es aber recht kalt und so pegelt es sich nun auch wieder ein. Da gerät vieles durcheinander“, so der Meteorologe.

Dass die Natur auch in unseren Breiten aus dem Gleichgewicht gerät und mit ihr viele Tiere, sieht Uwe Schultz seit 10 bis 15 Jahren an seinen Bienen. „Ich habe das Imkern von meinem Vater übernommen, schon als Kind zugesehen und gelernt“, erzählt der Anklamer. Längst hat er aber auch seine Frau Gudrun mit der Leidenschaft angesteckt. Fünf Völker hat sie, er 12. In der Feldberger Seenlandschaft und in Anklam sind die Tiere den Blüten auf der Spur.

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In ganz Mecklenburg-Vorpommern ist die Situation vor allem der Wildbienen angespannt. Das hat Martin Henze erfahren. Der Neustrelitzer engagierte sich bis zum vergangenen Jahr im Landesvorstand der Imker, kennt die Probleme von Bienen und Imkern auch aus eigener Erfahrungen im Neutrelitzer Imkerverein. „Unserer Honigbiene geht es noch vergleichsweise gut. Die Wildbienen haben es noch schwerer“, betont der Fachmann.

Nahrungsangebot wird immer geringer

Einerseits werde das Nahrungsangebot immer geringer. Viele Wildbienenarten würden auf der Suche nach Nahrung nur einen kleinen Radius von rund 100 Metern fliegen, anders als die Honigbienen. Bei so einem geringen Kreis fänden sie aber nicht mehr viel. Das sei aber auch das Problem anderer Insekten wie Wespe und selbst Stechmücke, alles Arten, die etwa wegen ihrer Bestäubungsleistung auch ihren Nutzen hätten. Anderseits würden Schotter-Gärten und Steinwüsten den Wildbienen mehr und mehr den nötigen Rückzugsraum nehmen. Wenn die Bienen nun acht bis zehn Wochen eher loslegten, dann sei das noch einmal problematischer für ihren Bestand.

Mit der jetzigen Lage umzugehen, stelle die Imker vor neue Überlegungen. Denn deren eigentliche Arbeit hänge mit der Aktivität der Bienen zusammen. Damit die Imker im Land ihren Honig auch verkaufen können, muss der unter anderem frei von Milben sein, erklärt Marin Henze. Damit das gelingt, müssten die Bienen entsprechend behandelt werden, bestenfalls bis Ende Dezember, damit keine Rückstände entstehen, sondern während der Winterruhe alles wirken kann. Sind die Bienen nun eher unterwegs, werde es immer komplizierter, die Tiere quasi fristgerecht zu behandeln.

Leben als Imker ist kein Honigschlecken

Eine Lehre oder Prüfung sei laut Gesetz nicht zwingend, wenn man Imker sein möchte. Henze rät aber zumindest zu Schulungen, die regelmäßig angeboten würden. Die Berufsausbildung zum Imker gibt es aber auch, dafür muss man drei Jahre lernen. Doch hauptberuflich mache das kaum noch jemand, sondern fast ausschließlich im Nebenerwerb.

So war und ist das auch für Uwe Schultz aus Anklam und seine Frau. Der 74-Jährige möchte sein Wissen an die Söhne weitergeben. Bei einem der beiden könnte er Glück haben, erzählt er lächelnd. Der habe nicht nur Interesse, sondern auch ein Händchen für die gelb-schwarz gestreiften Flieger.

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Doch der Nachwuchs ist nicht mehr in der Heimat unterwegs. Und so wird Bienenfreund Schultz noch ein wenig weitermachen und warten müssen. Er blickt dabei – auch als Kommunalpolitiker – nicht nur auf das Klima, sondern auch die Weltlage. Mit Sorge! „Es hat sich in vielen Bereichen sehr zugespitzt, geht um Macht und Geld und Krieg. Wäre die Gesellschaft wie die Bienenvölker, dann gäbe es keinen Neid, keine Hass, keine Kriege und eine besseres Zusammenleben des Volkes“, beschreibt Uwe Schultz das Leben der Bienen.