Dankeschön an Helfer
Feuer im Sonderzug nach Rügen – Urlauberin schildert heiße Fahrt
Klein Bünzow / Lesedauer: 5 min

Nordkurier
Ich saß am Samstag in dem Sonderzug, der von Potsdam über Berlin nach Binz auf der Insel Rügen und zurück fahren sollte und zunächst sah auch alles nach einem perfekten Tagesausflug aus. Die Rückfahrt fing auch gut an, pünktliche Abfahrt, dann konnten wir auf einspuriger Strecke sogar vor einem verspäteten ICE weiterfahren und hatten schon mal 15 Minuten „Vorsprung“ gegenüber dem eigentlichen Fahrplan.
Bis dann die Durchsage kam, dass wir wegen technischer Probleme auf der freien Strecke halten müssen und bitte keiner aussteigen sollte. Das war gegen 19.30 Uhr zwischen Groß Jasedow und Klein Bünzow – Orte, von denen ich bisher nie etwas gehört hatte.
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Feuerlöscher zur ersten Brandbekämpfung
Zuerst gingen mehrere Mitarbeiter der Wedler Franz Logistik, also das Zugpersonal alle in Richtung Lok vorne (der Zug hatte hinten und vorn eine Lok). Dann sind sie hektisch zurück gerannt und kamen kurz darauf alle wieder zurück, diesmal jeder mit einem Feuerlöscher in der Hand.
Dann kam nur noch einer zurück und hat mit einem Fahrgast zusammen auch noch die letzten Feuerlöscher aus den Wagen nach vorne gebracht. Das WFL-Team war inzwischen mit orange-farbenen Warnwesten vorne neben der Lok am Löschen. Wir hatten irgendwo in der freien Strecke gehalten, kein Ortsschild, nichts – nur die Foto-App sagte einem, wo man sich ungefähr befand.
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Mächtiger Qualm
Dann kam ein junger Mann auf einem mächtig knatternden Moped an und fragte, ob er was helfen kann – er konnte. Denn kurz nachdem er weg gefahren war, kam er zu Fuß im Eilschritt und mit einem Feuerlöscher ausgestattet wieder. Auch der wurde noch zum Löschen genutzt.
Kurz darauf kam ein weiterer Dorfbewohner zu Fuß mit einem Feuerlöscher zum Zug. Es qualmte immer noch mächtig, als dann aus zwei Richtungen mehrere Feuerwehren kamen. Die Lok wurde entkoppelt und weiter vorn wieder geparkt, damit kein Feuer auf den Zug überschlagen konnte.
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Dorfbewohner halfen mit Wasser
Es kamen mehrere Dorfbewohner und fragten, ob sie helfen könnten – eine Frau rief uns von der Straße zu, ob wir vielleicht Wasser brauchen. Unser zaghaftes „Ja, das wäre schön“ wurde sofort beantwortet und sie kam kurz darauf mit mehreren sechser Tragetaschen mit Wasserflaschen und hat sie uns an die Wagentüren gebracht.
Wir sind nicht ausgestiegen, sondern haben nur die Türen geöffnet und uns auf die Treppe gesetzt – so konnten wir die Wasserflaschen durchreichen. Lieben Dank an die nette Dorfbewohnerin, die sich barfuß in Flip Flops durch die Brennnessel an der Böschung gekämpft hat. Und natürlich auch Dankeschön an die beiden jungen Männer mit den Feuerlöschern, die erst einmal geholfen haben, bis die Feuerwehren kamen.
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Zugbegleitung durch Feuerwehren
Es hat sehr lange gedauert, bis keine Gefahr mehr bestand, die Lok wieder angekoppelt werden konnte und wir im Schritt-Tempo bis nach Anklam fahren durften. Aber nur in direkter Begleitung mit mehreren Feuerwehren und dem Einsatzleiter sowie einem Rettungswagen die parallel zur Bahnstrecke im Schritttempo mitgefahren sind. Zwischendurch war unser Zugbegleiter immer mal durch den Zug gelaufen und hat alle gefragt, ob es uns gut geht.
Dann kamen alle vom Bahnteam WFL bis auf den Lokführer vorne wieder durch – diesmal verschwitzt, sahen sie eher wie Schornsteinfeger aus, schiefe schmutzige Warnweste, Hemd halb aus der Hose, aber freundlich lächelnd und immer fragend, ob es uns denn gut geht.
Im Schritttempo nach Anklam
Was für ein Team – also im Namen der Reisenden an dem Tag möchten wir uns auch bei allen von der WFL bedanken und bei den Feuerwehrteams, die dann wirklich über eine gefühlte Unendlichkeit im Schritttempo bis nach Anklam mitkamen. Dort wurde die kaputte Lok auf einem Abstellgleis geparkt und die zweite Lok von hinten nach vorn rangiert.
Dann verabschiedeten sich die Feuerwehrleute und die Fahrt konnte nach Berlin und Potsdam fortgesetzt werden. Die Durchsage dann im Zug: „Wir haben aktuell leider eine Verspätung von 181 Minuten und werden jetzt alles daran setzen, Sie alle sicher nach Berlin und Potsdam zu bringen“
Echter Hilfsbereitschaft und keine Gaffer
Wir sind einige Stunden später angekommen und der ganz normale Tagesausflug ohne Abenteuer hätte auch ausgereicht, aber wir sind wohlbehalten wieder angekommen. Herzlichen Dank noch einmal an die Dorfbewohner von Groß Jasedow und Klein Bünzow.
So herzlich und hilfsbereit wünsche ich mir in bestimmten Situationen mehr Leute, die zufällig vor Ort sind und das ganze Gegenteil von den Gaffern sind, die man leider immer wieder mal bei Unfällen oder technischen Einsätzen findet.
von Barbara Backhaus