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Ukraine-Hilfe

Flüchtlinge ziehen vom Schloss in eigene Wohnungen

Neetzow / Lesedauer: 4 min

Über alle Grenzen hinweg engagieren sich derzeit Tausende freiwillige Helfer für Geflüchtete aus der Ukraine. Auch in Neetzow-Liepen gibt es eine Welle der Hilfsbereitschaft.
Veröffentlicht:30.03.2022, 18:47

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„Guten Tag!” und „Wie heißt du?” geht den ukrainischen Geflüchteten, die in Neetzow untergekommen sind, schon ganz gut über die Lippen. Sogleich stellen auch sie selbst sich vor: Yana, Oksana, Helena, Natalia und all die anderen bekommen seit dieser Woche nun auch Deutschunterricht.

Pensionierte Lehrer und Erzieher aus der Gemeinde kümmern sich um die Sprachkurse, die Kinder und Erwachsene gleichermaßen fit machen sollen für ihren Alltag in Deutschland.

Einige haben schon ersten Job in Aussicht

Erst Mitte März hatten Neetzows Bürgermeister Matthias Falk, Hotelier Philipp Skaar und der Rotary Club Caspar David Friedrich Greifswald gemeinsam die Initiative ergriffen und insgesamt 27 ukrainische Flüchtlinge, darunter 13 Kinder, aus dem polnischen Stargard nach Vorpommern geholt.

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Mittlerweile können die ukrainischen Gäste nicht nur die ersten deutschen Sätze sprechen, in dieser Woche ziehen die meisten von ihnen aus dem Hotel Schloss Neetzow in ihre eigenen Wohnungen und einige von ihnen haben sogar schon Aussicht auf einen Job.

Selbst kräftig mit angepackt

Möglich gemacht hat all das der beispiellose Rückhalt sowie die starke Hilfsbereitschaft, die die elf Familien in den letzten kurzen Wochen aus den Reihen der Neetzower Dorfgemeinschaft und von ihren Partnerfamilien aus dem Rotary Club erfahren durften.

Dabei haben die resoluten ukrainischen Frauen nicht untätig zugesehen, sondern selbst mit angepackt, wenn es darum ging, ihre zukünftigen Wohnungen in einem Neetzower Neubaublock zu putzen und wohnlich zu machen. Im Schloss wurde auch gemeinsam ukrainisch gekocht.

„Dafür musste ich wahnsinnig viele Kohlköpfe einkaufen”, erzählt Hotelier Philipp Skaar lächelnd. Er hat den Geflüchteten in seinem Hotel ein erstes Dach über dem Kopf gegeben.

Hilfe vom Formular bis zum verschwundenen Schlüssel

Dabei war es ein besonderes Anliegen, dass seine vorübergehenden Gäste sich sicher fühlen und untereinander ein Gemeinschaftsgefühl entwickeln, auch wenn sie sich erst hier vor Ort kennengelernt haben. „Mir ist wichtig, dass sie auch ein eigenes Netzwerk untereinander entwickeln und sich später gegenseitig helfen können”, erklärt Skaar.

Das Uhrwerk, in dem momentan so viele Rädchen für die Menschen aus der Ukraine ineinander greifen, hält neben vielen anderen auch Bianka Falk, die Frau des Neetzower Bürgermeisters als Schirmherrin, am Laufen. Mit dem Übersetzer auf dem Handy überwindet sie alle Sprachbarrieren und hat immer ein offenes Ohr für die Sorgen und Nöte der Gastfamilien.

Die Bandbreite reicht dabei über Fragen zu behördliche Unterlagen, verschwundene Schlüssel oder fehlende Möbelstücke bis zur Koordination der so vielen unterschiedlichen Helfer in und um Neetzow. Jeder kann etwas anderes oder hat Kontakte oder Fähigkeiten, die wir gebrauchen können.

Ohne all die Freiwilligen wäre sie aufgeschmissen, gibt die quirlige, junge Frau offen zu und dankt im gleichen Atemzug allen Mitwirkenden und Spendern von ganzem Herzen für ihr großes Engagement.

„Wenn der Krieg zu Ende ist, bauen wir die Ukraine wieder auf”

Auch Oksana, Yana, Natalia und Helena wollen im Namen der ganzen Gruppe Danke sagen für alles, was in Neetzow für sie getan wurde und wird. Sie sind so froh um den Frieden und die Sicherheit, die sie nun im Peenetal genießen dürfen unddankbar, dass es so viele Menschen gibt, die sich um ihr Wohlergehen kümmern.

Sie reden nicht häufig über die Einzelheiten des Krieges, auch wenn sie jeden Tag mit ihren Angehörigen in der Ukraine in Kontakt stehen. Wenn möglich telefonieren sie auch mit ihren Männern, die gegen die russische Armee in den Krieg ziehen mussten.

Mit Tränen in den Augen zeigen sie die Bilder der Zerstörung in ihren Heimatstädten auf ihren Handys. Erzählen mit erstickter Stimme von den heulenden Sirenen, die von den nächsten Bombenangriffen kündeten. Nie werden sie den Tag vergessen, an dem der Krieg, mit eben diesen Sirenen und den ersten Explosionen, begann.

Trotz dieser Erinnerungen und der guten Perspektive in Deutschland wollen sie ausnahmslos wieder in ihre alte Heimat zurückkehren. „Wenn der Krieg zu Ende ist, gehen wir zurück, bauen die Ukraine wieder auf und dann seid ihr alle eingeladen, einmal unsere Gäste zu sein”, verspricht Helena voller Hoffnung auf den Frieden und zutiefst dankbar.