Seelsorge
Gerade zu Weihnachten mit Patienten über Sorgen und Ängste sprechen
Anklam / Lesedauer: 4 min

Louise Stauf
Kurz nach dem Start direkt ausgebremst – gerade für eine Seelsorgerin war die Corona-Pandemie eine ganz besondere Herausforderung. 2019 zog Inke Pötter nach Vorpommern. Die Pastorin aus dem Rheinland erzählt, dass sie durch einen Zufall an die Stelle der Seelsorgerin kam, welche lange Zeit unbesetzt war.
Mit der Aufgabe, Gespräche mit Patienten über deren Sorgen und Ängste zu führen, erfüllte sich für die 53-Jährige ein lang ersehnter Wunsch. Kurz nach Stellenantritt musste sie jedoch ihre Arbeit aufgrund der Pandemie pausieren und konnte sie im Anschluss nur beschränkt ausführen.
Lesen Sie auch: Seelsorger in Sorger - immer mehr Menschen haben Angst
Nach drei Jahren richtig angekommen
„Ich bin erst jetzt richtig angekommen, die drei Jahre habe ich gebraucht, um in die Arbeit reinzukommen. Es seien aber mittlerweile viele Beziehungen entstanden, sowohl mit den Patienten als auch mit dem Krankenhauspersonal. Wenn ich jetzt in die Krankenhäuser komme, kenne ich die meisten Gesichter, man grüßt und kennt sich”, erzählt die 53-Jährige, die bei der Nordkirche angestellt ist.
Als Seelsorgerin ist Inke Pötter ständig unterwegs, pendelt zwischen den Krankenhäusern der Städte Anklam, Pasewalk und Ueckermünde. Hier bietet sie sich den Patienten als Gesprächspartnerin an und hört ihnen zu, wenn sie von ihren Sorgen erzählen möchten.
Mehr lesen: Telefonseelsorge - merh als ein Ohr für den Moment
„Jeder Mensch ist wertvoll”
„Das können ganz unterschiedliche Themen sein”, sagt die Pastorin. „Manche Menschen haben jemanden verloren, sie trauern oder sind schwer krank und können nicht mehr nach Hause zurück. Sie machen sich Sorgen darüber, was mit ihrem Haus passieren wird, und darüber, was jetzt mit ihnen geschieht.
Es ist wichtig, ihnen in diesen Momenten zu zeigen, dass sie immer noch den gleichen Wert haben, auch wenn ganz essentielle Dinge, wie ein eigenes Zuhause, plötzlich fehlen. Jeder Mensch ist wertvoll, das ist ein ganz wichtiger christlicher Grundgedanke.”
Auch interessant: Hier hört jemand zu, der nicht urteilt
Konfessionen spielen keine Rolle
Doch auch wer nicht dem christlichen Glauben angehört, kann sich an Inke Pötter wenden. „Ich spreche mit allen Menschen, dabei spielt die Konfession überhaupt keine Rolle. Manche haben Angst, dass ich sie als Pastorin bekehren möchte, aber ich möchte als Gesprächspartnerin für alle Menschen da sein und ihnen zuhören. Dabei wird nur das besprochen, was die Leute gerade bewegt.”
„Die Weihnachtszeit ist immer etwas Besonderes”, erzählt Inke Pötter. Die Bedürftigkeit sei eine andere, vor allem für die Patienten, die nicht nach Hause können und ohne die Familie das Weihnachtsfest begehen müssen. In Pasewalk werde deshalb unter anderem der Raum der Stille weihnachtlich gestaltet.
Heiligabend im Patientenzimmer
In Ueckermuende und Pasewalk geht die Seelsorgerin außerdem an Heiligabend durch die Zimmer der verbleibenden Patienten, um ihnen einen weihnachtlichen Gruß mit auf den Weg zu geben oder Gespräche zu führen.
All dies tut sie jedoch, ohne sich aufzudrängen. „Niemand muss mit mir sprechen, wenn er das nicht möchte”, erklärt die Pastorin. Für interessierte Patienten gibt es verschiedene Wege, Kontakt zu ihr aufzunehmen. Zum einen geht sie selber von Zimmer zu Zimmer und bietet an, Gespräche zu führen. Zum anderen können Patienten über das Krankenhauspersonal den Wunsch äußern, mit ihr zu sprechen.
„Man kann das auch direkt bei der Aufnahme ankreuzen und ich erhalte dann eine Liste und kann die entsprechenden Patienten besuchen. Manchmal gibt es aber vielleicht auch Menschen, die wissen, dass ihr Nachbar oder ihre Nachbarin ohne Angehörige im Krankenhaus liegt. Da kann man dann gerne auf mich verweisen und ich besuche den Patienten und biete mich als Gesprächspartnerin an.”
Gemeinsames Sprechen bringt Erleichterung
All dies tut Inke Pötter aus der Überzeugung heraus, dass allein das gemeinsame Sprechen über Sorgen und Ängste meist schon Erleichterung schaffe: „Einmal hat ein Arzt sich bei mir bedankt und gesagt, dass meine Arbeit an diesem Tag für den Patienten die wichtigste Medizin gewesen sei.”
Die Seelsorgerin möchte deshalb den Menschen Mut machen, sich in einer ruhigen Atmosphäre Dinge von der Seele zu reden. „Ich höre zu, bin da und schaue dabei nicht auf die Uhr”, fasst sie zusammen.