Kulturgut
Hier schlummern in Neetzow noch einige Zukunftschancen
Neetzow / Lesedauer: 4 min

Matthias Diekhoff
Rund 2000 ‚Burgen, Schlösser, Guts- und Herrenhäuser ‛gibt es in Mecklenburg–Vorpommern. Sie gelten als wertvolles Kulturgut und „Tafelsilber“ des Landes. Um dem gerecht zu werden, veranstaltet der Regionale Planungsverband Vorpommern schon seit Jahren Workshops zu Guts– und Parkanlagen. Zur zwölften Veranstaltung dieser Art unter dem Titel „Schlummernde Chancen“ hatte der Planungsverband nun nach Neetzow eingeladen. Und das nicht nur wegen des „Schlosses“.
Die gesamte Ortschaft Neetzow habe einen außergewöhnlichen Gutshofbestand, hieß es in der Einladung zum Workshop, der unter anderem Eigentümer anderer Gutshäuser und Fachleute aus dem Denkmalschutz, aber auch zahlreiche Einwohner der Gemeinde gefolgt waren.
Neben Schloss und Park gehörten dazu auch der Turmhügel im alten Gutspark und das „alte Gutshaus“, aber eben auch Landarbeiterhäuser, Stallanlagen, eine Gärtnerei und der Marstall (Pferdestall). Das Ensemble sei einmalig und zugleich beispielhaft. Nicht zuletzt sollte es bei dem Workshop auch darum gehen, wie dieses Erbe genutzt und was sich für die Entwicklung von Neetzow daraus ergeben könnte.

Familie von Kruse prägte zeitweise sieben Rittergüter
Zunächst aber erklärte Beatrix Dräger–Kneißl vom Landesamt für Kultur– und Denkmalpflege in einem detaillierten Vortrag die bisherige Entwicklung der Gutsanlage Neetzow, die in vielen Dörfern der Region vermutlich ganz ähnlich verlaufen ist.
Besonderes Augenmerk lag dabei auf dem Wirken der Familie von Kruse, unter deren Ägide im 19. Jahrhundert unter anderem das prächtige Schloss, der Park mit seinen außergewöhnlichen Gehölzen und weite Teile der Gutsanlage entstanden sind. Zu den Besitzungen derer von Kruse gehörten zeitweise bis zu sieben Rittergüter, hieß es in dem Vortrag. Darunter auch welche auf der anderen Seite der Peene, wie unter anderem Klein Bünzow oder Ziethen.
Bodenreform als tiefer Einschnitt
Wie überall in der Region sorgten Enteignung und Bodenreform nach dem zweiten Weltkrieg für einen tiefen Einschnitt. Zunächst zogen Flüchtlinge in das „Schloss“ ein. Später hatte dort das „Staatliche Dorfensemble der DDR“ seinen Sitz und später bis zur Wende das „Institut für Agrarökonomie der Akademie der Landwirtschaftswissenschaften der DDR“. Dem folgte Leerstand, Verfall, Verkauf und Restaurierung. Bis aus dem Herrenhaus schließlich ein Hotel wurde, dessen Betreiber mit Philipp Skaar sogar ein Nachfahre der Familie von Kruse ist, die das Haus um 1850 errichten ließ.
Wie es bei dem Workshop hieß, sei es vor allem der nahezu durchgehenden Nutzung geschuldet, dass viele Gebäude der Gutsanlage erhalten geblieben sind, auch wenn sie zum Teil den Erfordernissen der Zeit angepasst wurden. So diente das alte Gutshaus unter anderem als Kirchenraum und später als Kindergarten. Im Marstall wiederum war eine Kinderkrippe untergebracht und fanden regelmäßige Tanzvergnügen statt, berichtete der Neetzower Lokalhistoriker Rolf Bahler bei einem Rundgang durch Neetzow.

Kleines Museum im Turmzimmer?
Die Geschichten, die er und andere Neetzower darüber hinaus zu erzählen hatten, seien Geschichten, die auch anderen erzählt werden wollen, meinte Prof. Dr. Henning Bombeck vom Forum für Ländliche Entwicklung und Demografie Mecklenburg–Vorpommern zur Einführung in die Diskussionsrunde, bei der es um die „Entwicklungsvisionen für Neetzow“ gehen sollte.
Und auch Hotelpächter Philipp Skaar bestätigte, dass Gäste immer wieder fragen würden, wie so eine Gutswirtschaft früher funktioniert hat. Daher schlug er vor, an einigen Stellen im Dorf Tafeln mit den entsprechenden Informationen aufzustellen und bot an, ein Turmzimmer im Herrenhaus für die Einrichtung eines kleinen Museums zur Verfügung zu stellen.
Diskussion über Denkmalschutz und Parksanierung
Was die Zukunft der anderen denkmalgeschützten Gebäude der Gutsanlage angeht, gab Matthias Falk, Bürgermeister der Gemeinde Neetzow–Liepen, zu bedenken, dass diese leider nicht Eigentum der Gemeinde seien und mit den eigentliche Besitzern zum Teil nur schwer zu kommunizieren sei. Daher forderte er in dieser Hinsicht mehr Unterstützung von höherer Stelle und regte an, eventuell darüber nachzudenken, den Denkmalstatus einiger Gebäude aufzuheben.
Von seiner Seite schlug er vor, einen Verein zu gründen, der sich zum Beispiel an Arbeitseinsätzen im Park beteiligen könnte. Schließlich müsse man sich vor Ort doch gegenseitig unterstützen. Und so meinte ein Einwohner denn auch: „Neetzow, das ist das Schloss, das Gut und der Park“.