Landkreis rudert bei Impfpflicht-Ankündigung zurück
Greifswald / Lesedauer: 3 min

Der Landkreis Vorpommern-Greifswald ist einen Tag nach seiner Ankündigung, die einrichtungsbezogene Impfpflicht nicht durchzusetzen, zurückgerudert. „Einen Alleingang des Kreises wird es nicht geben”, hieß es am Mittwoch aus der Kreisverwaltung. „Zur Bewältigung der Pandemie unterstützen wir weiterhin alle Bemühungen, um eine hohe Impfquote zu erreichen. Je mehr Menschen geimpft sind, einrichtungsbezogen oder nicht, desto besser”, sagte Landrat Michael Sack (CDU) am Mittwoch.
Der Landkreis habe nicht verlautbart, die einrichtungsbezogene Impfpflicht nicht umsetzen zu wollen, was rechtlich nicht möglich sei, sondern lediglich „auf Probleme bei der Umsetzung des Gesetzes verwiesen”. Die einrichtungsbezogene Impfpflicht würde „erneut einen erheblichen Mehraufwand für den ohnehin in der Corona-Pandemie schon extrem stark geforderten Landkreis bedeuten, der nur sehr schwer geleistet werden könnte”.
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Bundestagsabgeordnete Kassautzki forderte Rücktritt von Sack
Am Dienstag hieß es aus der Kreisverwaltung: „Der Landkreis Vorpommern-Greifswald wird eine Umsetzung und Kontrolle einer einrichtungsbezogenen Impfpflicht nicht umsetzen können, weil er für diese zusätzliche Aufgabe keine Kapazitäten hat.” Die Einschätzung des Kreises sei dabei „fast deckungsgleich mit der aus Bautzen”: Am Tag zuvor hatte der Vize-Landrat des sächsischen Landkreises Bautzen ebenfalls erklärt, die einrichtungsbezogene Impfpflicht nicht durchsetzen zu können.
Die Ankündigung aus Vorpommern schlug hohe Wellen. So nannte die Greifswalder SPD-Bundestagsabgeordnete Anna Kassautzki die Aussage einen „Bruch unserer demokratischen Ordnung” und forderte den Rücktritt von Landrat Michael Sack. Sack sei „offensichtlich mit der Führung des Landkreises in der Pandemie überfordert und sollte deshalb Platz für eine kompetente Krisenführung machen und als Landrat zurücktreten”.
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Gesundheitsministerium: Kreise sind in der Pflicht
Das Schweriner Gesundheitsministerium erklärte dazu, dass sich ein Landrat nicht „einfach so” über einen Beschluss auf Bundesebene hinwegsetzen könne. Es bestehe „eine Umsetzungspflicht seitens der Länder und damit auch der kommunalen Ebene”, sagte Ministeriumssprecher Alexander Kujat dem Nordkurier. Einzelne Beschlüsse könnten dabei durchaus kritisch hinterfragt werden, zum Beispiel wenn die zu bewältigenden Aufgaben ungenügend finanziert seien. „Das muss aber dann im Zuge von Verhandlungen gelöst werden oder vor Gericht ausgetragen werden”, so Kujat.
Nordwestmecklenburg: Arbeitsbelastung zu hoch
Landrat Michael Sack steht mit seiner Einschätzung nicht alleine da. Der Landrat von Nordwestmecklenburg, Tino Schomann (CDU), schloss sich am Mittwoch den Bedenken seines Amtskollegen aus Vorpommern-Greifswald an: Die Arbeitsbelastung durch hohe Infektionszahlen und sonstige pandemiebedingte Aufgaben sei für die Gesundheitsämter sehr hoch und auch mit Unterstützung kaum zu bewältigen. „Den Gesundheitsämtern mitten in dieser Situation noch den erheblichen Verwaltungsaufwand zur Durchsetzung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht aufzubürden, halten wir für nicht praktikabel”, sagte Schomann dem Nordkurier.
Rostock: hoffen auf tragfähige Lösung
Man hoffe, durch weitere Gespräche zwischen Land, Kommunen und Städte- und Gemeindetag „tragfähigere Lösungen” entwickeln zu können. Auch in Rostock gibt es Bedenken: Die „zu erledigenden Prüfungen sind eine zusätzliche Aufgabe für die ohnehin schon extrem belasteten Gesundheitsämter in Deutschland”, hieß es aus der Hansestadt.
Am Mittwoch teilte zudem der Landkreistag in einem Schreiben an Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) mit, dass die Gesundheitsämter in Mecklenburg-Vorpommern sich nicht in der Lage sehen, die Corona-Impfpflicht für Beschäftigte in Krankenhäusern, Arztpraxen, Behinderteneinrichtungen und Pflege zu kontrollieren. Die Mitarbeiter seien dauerbelastet und es hätten sich viele Überstunden angehäuft, sagte der Geschäftsführer des kommunalen Spitzenverbandes, Matthias Köpp.