Landkreis Vorpommern-Greifswald hofft auf Rückzahlung
Anklam / Lesedauer: 3 min

Mehr als zwei Jahre sind ins Land gezogen, seit die ersten Vorwürfe aufkamen und mehr als ein Jahr, seit die Staatsanwaltschaft ermittelt und mittels Hausdurchsuchungen, unter anderem in den privaten Wohnungen bei Kreis-Mitarbeitern, Akten sicherstellte. Doch Klarheit gibt es immer nicht in der Software-Affäre des Landkreises Vorpommern-Greifswald. Das Ermittlungsverfahren ist noch nicht abgeschlossen. Bis dahin liegt auch das Disziplinarverfahren gegen einen ehemaligen leitenden Mitarbeiter auf Eis. Und parallel streiten sich der Kreis und die einst beauftragte Software-Firma um Hunderttausende Euro vor einem Berliner Gericht.
Zur Erinnerung: Mit dem Software-Projekt „SoJuS“ räumte der Kreis Auszeichnungen und Fördergelder ab. Das Programm sollte Teile der Arbeit im Sozialdezernat schneller, effektiver und kostengünstiger machen. Nach anfänglicher Begeisterung wurden im Landratswahlkampf plötzlich Vorwürfe laut, dass bei den Abrechnungen etwas nicht stimme. Im Fokus der plötzlichen Kritik: Der damalige Dezernent Dirk Scheer, der sich zu dem Zeitpunkt selbst um den Chefposten im Landratsamt bewarb. Nachdem sich CDU-Konkurrent Michael Sack durchgesetzt hatte, wurde es kurzzeitig ruhiger um das Thema, dann kam die nächste Eskalationsstufe. Kurz bevor Scheer sich zur Wiederwahl als Dezernent stellen wollte, war die Rede von Korruption, verschwundenen Akten und einer Software, die kaum mehr gewesen sei, als eine optisch ansprechende Präsentation – für die Praxis der Behörde völlig untauglich. Der Kreis klagte gegen die beauftragte Firma und erstattete Anzeige. Scheer verlor seine Reputation als innovativer Behördenleiter und bald darauf seinen Job in der Kreisverwaltung.
Mehrfach hatte die Staatsanwaltschaft Stralsund seit dem vergangenen Herbst angekündigt, man erwarte einen zügigen Abschluss der Ermittlungen. Doch auch die jüngste Anfrage bei der Behörde ergab: Ein finales Ergebnis gibt es noch nicht. Die Ermittler selbst gehen inzwischen davon aus, dass ihre Arbeit erledigt ist. „Wir erwarten aber noch Stellungnahmen der Betroffenen beziehungsweise ihrer Anwälte“, so Staatsanwalt Martin Cloppenburg gegenüber dem Nordkurier.
Ermittler treten seit Monaten auf der Stelle
Doch an der Einschätzung der Ermittler hat sich auch nach monatelanger Detailarbeit und Prüfung von Akten nichts geändert. Nichts habe man gefunden, das strafrechtlich relevant wäre. Das bestätigte Cloppenburg nun erneut. Hinweise auf Korruption oder Veruntreuung habe man nicht finden können. Man habe auch nicht den Eindruck, dass Akten verschwunden seien. Das vorläufige Fazit der Behörde: Mag sein, dass Beteiligte sehr geschickt waren, beim Aushandeln von Verträgen und dass die Büroorganisation Beteiligter eher eigenwillig war. Offensichtlich sei, dass der Landkreis als Auftraggeber nicht zufrieden mit dem Dienstleister sei, aber das alles sei noch lange kein Grund für ein Strafverfahren. Vorwürfe aus dem Landratsamt, die gelieferte Software sei völlig unbrauchbar gewesen, könne man nicht bestätigen, so Staatsanwalt Cloppenburg.
Im Greifswalder Landratsamt sieht man die Sache derweil immer noch anders. Erst vergangene Woche bekräftigte Landrat Sack, dass man sich von der Klage gegen die Software-Firma noch massive Rückzahlungen erwarte. Allerdings hatte auch die Firma gegen den Kreis geklagt, weil der ursprünglich vereinbarte Zahlungen nicht geleistet hatte. Insgesamt geht es um Aufträge in Höhe von rund 700.000 Euro.
Sack kritisierte in dem Zusammenhang auch die Ermittlungsbehörden. Um die Klage gegen das Software-unternehmen voranzutreiben, benötige man dringend detaillierte Informationen zum Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft. „Ich weiß ja nicht, was man dort gefunden hat. Die haben andere Möglichkeiten als wir. Ein Gesuch auf Akteneinsicht haben wir gestellt und warten immer noch auf eine Antwort aus Stralsund“, sagte er vor wenigen Tagen.