Kritik
Mehr Geld für Landräte? Vorpommerns Politik hat dafür wenig Verständnis
Greifswald / Lesedauer: 4 min

Ralph Sommer
Das sorgt für Wirbel: Rückwirkend zum 1. Oktober sollen die sechs Landräte in Mecklenburg-Vorpommern höhere Bezüge bekommen. Auch in Vorpommern-Greifswald hagelt es deshalb Kritik. CDU-Fraktionschefin Jeanette von Busse zum Beispiel bezeichnete die Ankündigung von Innenminister Christian Pegel (SPD) als bedenklich und unausgegoren. Zwar seien Landräte ohne Zweifel Leistungsträger. Das gelte aber auch für kommunale Wahlbeamte wie Beigeordnete oder für Mitarbeiter in den Sozial-, Gesundheits- und Finanzämtern.
CDU: Idee ist „abenteuerlich”
„In so einer Situation auf die Idee zu kommen, einen Gehaltsbonus lediglich für die Chefs auf den Weg zu bringen und mit erhöhter Arbeitsbelastung zu begründen, ist wirklich abenteuerlich“, schimpfte Jeanette von Busse. Offenbar sehe die Landesregierung die Leistungen in den Gemeinden, die Arbeit der haupt- und ehrenamtlichen Bürgermeister und Bürgermeisterinnen nicht.
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Der Kommunalgipfel, der kürzlich mit viel Brimborium veranstaltet worden sei, wäre eine gute Gelegenheit gewesen, um über Besoldung in größerer Runde zu diskutieren. „So aber verspielt man Vertrauen und sät Streit in der kommunalen Familie.“ Ministerpräsidentin Manuela Schwesig müsse Pegel anweisen, die Verordnung zurückzuziehen und gründlich zu überarbeiten.
SPD sieht bisherige Ungleichbehandlung nun beendet
Unterstützung für die Innenminister-Pläne signalisiert dagegen die Kreis-SPD. Für die Anhebung genau zu diesem Zeitpunkt gebe es fundierte Gründe, sagte SPD-Fraktionschef Falko Beitz. Denn es gehe eben nicht um Gehaltsboni, sondern um eine Anpassung der Vergütungen der Landräte an die der Bürgermeister. „Damit wird eine seit vielen Jahren geltende und unverhältnismäßig deutliche Ungleichbehandlung abgeschafft.“
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Bislang würden bei den Landräten weitaus geringere Vergütungsgruppen trotz weitaus höherer Einwohnerzahlen zugeordnet, als das bei den Bürgermeistern der Fall sei. So würden bislang in der Gehaltsgruppe B5 für Bürgermeister Einwohnerzahlen von 40 000 bis 70 000 berücksichtigt, bei der Eingruppierung B5 für Landräte jedoch für bis zu 175 000 Einwohner. Beitz erinnerte zudem daran, dass die MV-Landräte im Vergleich zu ihren Kollegen in den anderen Bundesländern die größten Landkreise mit erheblichen Bevölkerungszahlen und Haushaltsvolumen zu bewältigen hätten.
Linke: Mehr Geld dann auch für alle anderen
Doch selbst der Schweriner Koalitionspartner sieht die Gehaltsaufstockung für Landräte kritisch. Die Kreistagsfraktion der Linken halte nichts davon, teilt Fraktionschef Michael Harcks kurz, aber unmissverständlich mit. Die Fraktion sehe die Initiative als sehr unsensibel und instinktlos. „Wenn schon Gehaltserhöhung, dann für alle anderen auch.“
Auch die Chefin von Grünen und Tierschutzpartei, Ulrike Berger, hält die „einseitige Bevorzugung der Landräte“ in der angespannten finanziellen Lage des Landkreises für falsch. Zudem würden viele Aufgaben an die Gemeinden und ihre Bürgermeister weitergegeben, egal ob es um die Versorgung von Geflüchteten oder den Umgang mit der Rohstoff- und Energiekrise gehe.
Falsches Zeichen, falsche Personen
Uwe Fiedler vom Konservativen Bürgerbund Vorpommern (KBV) würde Gehaltserhöhungen lieber den vielen Berufsgruppen zukommen lassen, deren „Beschäftigte bis oder weit über ihre Belastungsgrenzen gefordert“ worden seien. Die kommunalen Verwaltungen hätten die gesamte Pandemie-Zeit über ihre Türen verschlossen, Bürgerkontakte hätten handverlesen nur mit Anmeldung stattgefunden. In den Ämtern sei die Atmosphäre weitestgehend entspannt gewesen, denn die Bürger hätten ja die Ruhe nicht stören können. „Wo ist da für diese Personengruppe eine Mehrbelastung?“, fragt Fiedler.
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Auch AfD-Fraktionschef Henry Kammel sieht eine Lohnerhöhung für Landrat Michael Sack (CDU) und seine Amtskollegen „als völlig falsches Zeichen“. „Sich in der derzeit allerorts angespannten Haushaltslage der Kommunen eine derartige Finanzspritze zu gönnen, auch unter Berücksichtigung der anstehenden Tarifforderung der Gewerkschaft Verdi von 10,5 Prozent, sollte vom Innenministerium nochmals überdacht werden.“
Dagegen steht FDP-Fraktionschef David Wulff den Plänen „grundsätzlich positiv gegenüber“. Schließlich seien die riesigen Landkreise eine ganz besondere Herausforderung für die Landräte. „Sie sind nicht nur Leiter der Verwaltung, sondern politisch auch rund um die Uhr ansprechbar und im Einsatz.“ Wulff betonte, dass mit Sicherheit auch viele andere Verwaltungsmitarbeiter eine Gehaltsanpassung verdient hätten, doch da funktionierten die Mechanismen eben etwas anders. Bei den Landräten müsse der Vorschlag von der Landesregierung kommen. Über den Zeitpunkt lasse sich natürlich streiten, denn das Gehalt für die Landräte müssten am Ende die Landkreise selbst zahlen.