Corona-Demonstrationen
Rechtsextreme nutzen Proteste für ihre Zwecke
Vorpommern / Lesedauer: 3 min

Susanne Böhm
Hunderte Menschen gehen seit ein paar Wochen in Pasewalk, Torgelow, Anklam und anderen Städten in Vorpommern-Greifswald auf die Straße – meistens am Montag, immer im Dunkeln und weitgehend anonym. Nicht immer sind die Versammlungen in Vorpommern offiziell angemeldet. Teilnehmer verabreden sich auf Internet-Plattformen oder in Telegram-Gruppen.
Kripo und Staatsschutz bei Demos dabei
Versammlungsleiter geben sich oft gar nicht oder ungern zu erkennen. Was genau die Demonstranten fordern, bleibt bisweilen nebulös. „Keine Spaltung, sondern Zusammenhalt“, „Schluss mit dieser kranken Gesellschaft“, „Stoppt den Corona-Wahnsinn“ und ähnliches ist auf Plakaten zu lesen. Was sind das für Menschen, die abends teils mit Fackeln durch die Kleinstädte gehen? Ist das die sogenannte „bürgerliche Mitte“, wie viele sagen? Oder unterwandern extrem links- oder rechtsgerichtete Personen oder Reichsbürger die Veranstaltungen, wie auch oft gesagt wird?
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Bei den meisten Demonstrationen sind Beamte der Kriminalpolizei und des Staatsschutzes dabei. Diese kommen zusammen mit ihren Kollegen von der Schutzpolizei zu der Einschätzung, dass „der weit überwiegende Teil der Versammlungsteilnehmer bürgerliche Klientel sind, die ihre Grundrechte in Anspruch nehmen möchte“. In Vorpommern würden sich aber zunehmend auch Männer mit anderen Absichten unter die Demonstranten mischen: „Es werden immer wieder Personen festgestellt, die polizeilich aus rechtsextremen Gruppierungen, Kameradschaften oder der gewaltbereiten Fußballfanszene bekannt sind.
Dolch und Betäubungsmittel sichergestellt
Diese nutzten die bisherigen Versammlungen mehrheitlich nicht zur öffentlichkeitswirksamen politischen Eigendarstellung, sondern eher dazu, aus der Masse der Versammlungsteilnehmer heraus die Versammlungen für ihre Agitationen zu instrumentalisieren und ihre Gewaltbereitschaft zu bekunden oder gar auszuleben“, teilte das Polizeipräsidium Neubrandenburg in dieser Woche mit. „Leider hat das Gewalt- und Aggressionspotenzial innerhalb dieser Gruppierungen zugenommen. Dabei bleibt es nicht bei verbalen Entgleisungen, sondern äußert sich auch in Form körperlicher Gewalt einzelner Personen.
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Diesen Personen gelingt es zunehmend, mit ihren Handlungen die Gesamtheit der Versammlungsteilnehmenden gegenüber der Gesamtgesellschaft in Misskredit zu bringen“, so Polizeisprecherin Nicole Buchfink. So wurden bei der unangemeldeten Versammlung am Montag in Anklam von den rund 400 Teilnehmern etwa 100 als gewaltbereit eingeschätzt, die zum Teil auch Straftaten begangen haben. Von diesen 100 Personen sind nach Auskunft der Polizei etwa 20 bis 30 Personen der gewaltbereiten Fußballfanszene und rechtsextremen Kameradschaften zuzuordnen. In Wolgast wurden am Mittwoch bei einigen der rund 1700 Teilnehmer Schlagschutzhandschuhe, ein Dolch und Betäubungsmittel sichergestellt.
Die Auseinandersetzung mit Polizisten nehme sukzessive zu. Gleichzeitig scheine die Kooperationsbereitschaft der Teilnehmer zu sinken. Die Versammlungsfreiheit und das Recht auf freie Meinungsäußerung seien „ein hohes Gut. Wir werden auch weiterhin alles daran setzen, diese Grundrechte zu schützen und alles daran setzen, einen störungsfreien Verlauf zu gewährleisten“, so die Polizeisprecherin. „Gegen Gewalt einzelner Personen oder gar ganzer Gruppen werden wir jedoch konsequent vorgehen und dieses Verhalten nicht tolerieren. Auch die friedliebenden Teilnehmer der Versammlungen sollten gewaltbereite oder rechte Klientel nicht tolerieren und sich deutlich distanzieren.“ In Pasewalk waren am vergangenen Montag rund 400 Demonstranten unterwegs. Sie blieben friedlich. Auch am kommenden Montag soll in Pasewalk wieder demonstriert werden.