Natur-Reportage
Schmetterlinge lieben diesen unappetitlichen Trick
Anklam / Lesedauer: 3 min

Norbert Warmbier
Das Reich der Falter ist eine Wissenschaft für sich. So schön diese Insekten auch aussehen, einige Arten haben eine für uns Menschen doch sehr gewöhnungsbedürftige Angewohnheit: Sie saugen Schweiß oder Urin statt Nektar. Unser Naturreporter Norbert Warmbier hat das am eigenen Körper zu spüren bekommen und berichtet von seinem Ausflug ins Schmetterlingsmoor:
Ein Naturreporter im Pech. Nachdem ich im Peenetalmoor bei Relzow kein Glück beim Fotografieren eines Großen Schillerfalters hatte, wohl aber mein Begleiter, ein Käferforscher aus Greifswald, packte mich der Ehrgeiz.
Unappetitlich, aber der Falter mag es
So fand ich mich bereits einen Tag später zur Mittagszeit bei über 40 Grad im sonnigen Schillerfalterrevier wieder. Plötzlich erschien eines der Tiere an der Kieswegschüttung und landete tatsächlich wieder am stark belaufenen Rotwildwechsel – wie am Vortag. Deutlich schnupperte ich den Wildurin.
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So gelangen einige sehr schöne Nahaufnahmen.Überraschend flog der Großfalter mit seiner beachtlichen Flügelspannweite von 65 Millimetern an meine Kniekehle und schlürfte mit dem Rüssel meinen salzigen Schweiß. Da ich die Kamera um den Hals trug, hätte ich ja einige Aufnahmen machen können. Doch wie sollte ich scharfe Fotos von meiner Kniekehle hinkriegen? Da kam mir die zündende Idee: Ich hielt einfach den Zeigefinger an den im deutschen Tiefland sehr seltenen Falter.
Maniküre im Schmetterlingsland
Mir stockte der Atem, denn dann geschah Unglaubliches: Der Edelfalter krabbelte auf meinen Finger und saugte nacheinander an allen zehn Nagelbetten. Mit einer Hand gelangen mir sensationelle Aufnahmen. Dann flog der Schmetterling in eine Weide und beobachtete mich. Mit einem Teleobjektiv fotografierte ich in luftiger Höhe kuriose Bilder eines erstaunt dreinblickenden Großen Schillerfalters.
Hier, im Peenetal, hat sich eine kleine Schillerfalterpopulation entwickelt. Die Raupe ist mit einer Länge von 42 Millimetern kaum zu übersehen. Das grüne Tier mit den langen Kopfhörnern sieht einer Nacktschnecke verblüffend ähnlich, und man findet es nur auf Weiden. Die Puppe ist kaum zu entdecken, da sie einem Weidenblatt ähnelt.
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Das Salz ist der Schlüssel
Am Rande einer Eichenfläche im Naturschutzgebiet „Karlsburg und Oldenburger Holz“ zwischen Anklam und Greifswald saugte ein Schillerfalter an meinem Jeep. Gerüsselt wurde zur Freude meiner Nachbarin Frieda, die ich öfter auf eine Naturtour mitnehme, mehrere Minuten an der Frontscheibe an den Scheibenwischerblättern und Frontscheibenhalterungsgummis. Wahrscheinlich hatten sich hier auch Salze vom winterlichen Streudienst angesammelt. Kaum am Jeep angekommen, machte ich schnell noch ein Foto im schillernden blauen Flügelkostüm, denn die Sonne verschwand hinter dicken Wolken.
Die häutigen Flügel gehören beim Schmetterling zu den auffallendsten Körperteilen. Diese sind von kleinen farbigen Schuppen überzogen, die sie wie Dachziegel überdecken. Die ganze Herrlichkeit der Schmetterlinge verbirgt sich in diesen kleinen Gebilden, die entweder Pigmente enthalten oder das Licht reflektieren und brechen. Dadurch entstehen im Sonnenschein metallisch glänzende, blaue, rote, regenbogenfarbene schillernde Flächen, die uns Menschen besonders beim Großen Schillerfalter in Erstaunen versetzen. Ansonsten bilden die farbigen Schuppen komplizierte Zeichnungen. Diesen superschönen Tierchen als Vollinsekt verzeiht man schnell ihr gefräßiges Leben als nimmersatte Raupe, wo bestimmte Arten ganze menschliche Kulturen in der Forst- und Landwirtschaft vernichten.
Wer dem wundervollen Klang der Umwelt lauschen und dabei beim Anblick von Wildtieren Stress abbauen möchte, kann bei einer geführten Naturwanderung Kraft tanken. Anmeldung: 015156074311.