"Brutales Vorgehen"

TV-Anschlüsse gekappt - Vodafone entschuldigt sich bei Jarmenern 

Jarmen / Lesedauer: 4 min

Eine Vodafone-Partnerfirma hat Jarmener Mieter zum Abschluss neuer Verträge gedrängt. Die Bewohner haben daraufhin die Polizei gerufen. Vodafone hat sich entschuldigt. 
Veröffentlicht:09.06.2023, 19:13

Von:
  • Ulrike Rosenstädt
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„Was sind das für Methoden? Was ist das für ein rigides Vorgehen?‟ Das, was sich am Donnerstag in einem Mehrfamilienblock im Müssentiner Weg in Jarmen abgespielt hat, lässt den Geschäftsführer der Jarmener Wohnungsgesellschaft mbH, Karsten Windmüller, fassungslos zurück.

Das bedeutet allerdings nicht, dass er sich gefallen lässt, was seine Mieter und er persönlich vor Ort erlebt haben. Mitarbeiter, die als autorisierte Medienpartner im Auftrag des Unternehmens Vodafone unterwegs waren, hatten Mieter aufgesucht, um mit ihnen neue Verträge für einen Fernsehanschluss abzuschließen.

Mieter haben vor Aufregung die Polizei alarmiert

Nach Kenntnissen des Chefs der Wohnungsgesellschaft seien sie dabei „verbal und in der gesamten Art und Weise brutal‟ vorgegangen. Und zwar in so einem Maße, dass sogar die Polizei gerufen wurde, um die Situation vor Ort zu schlichten.

„In machen Fällen wurden die Anschlüsse gestört und den Bürgern damit vermittelt, dass sie, wenn sie einen neuen Vertrag nicht unterschreiben, zunächst die Aufhebung der Störung bezahlen müssen‟, schilderte Windmüller die, aus seiner Sicht sehr angespannte Lage vor Ort.

Die meisten der Einwohner, die diese Szenen miterlebten, seien ältere Bürger gewesen. „Sie waren natürlich aufgeregt und mit dem Ganzen - für mich sehr nachvollziehbar - überfordert.‟ Schließlich wissen die Anwohner des 24-WE im Müssentiner Weg, dass die Wohnungsgesellschaft dafür sorgt, dass der Fernsehanschluss geregelt ist.

Gesetzesänderung war Grund für den Besuch

Damit verbundene Kosten werden per Nebenkosten-Abrechnung beglichen. „Bisher war das jedenfalls so. Dieser Mehrkostenvertrag wurde per Gesetzt gekippt. Er ist ab 1. Juni 2024 nicht mehr gültig. Doch bis dahin haben wir als Gesellschaft gültige Verträge‟, erklärte Karsten Windmüller.

Etlichen Mietern in diesen Aufgängen im Müssentiner Weg wurde der Fernsehanschluss gekappt. Doch nach einer Entschuldigung des Unternehmens sollen schnellstmöglich alle wieder ans Fest kommen. (Foto: Ulrike Rosenstädt)

Und genau mit diesem Vertrag und anderen Unterlagen, quasi als Beweis, war er persönlich in den Müssentiner Weg gefahren, um die Vodafone-Dienstleister zu bitten, von ihren Vertragsgesprächen mit den einzelnen Mietern zum gegenwärtigen Zeitpunkt Abstand zu nehmen.

Keinen Vertrag unterschreiben? Kein Fernsehen mehr!

Leider ohne Erfolg. „Bei den zahlreichen Mietern, die das Unterzeichnen eines Neuvertrag abgelehnt hatten, wurde tatsächlich der Fernsehanschluss abgeklemmt‟, weiß Karsten Windmüller. Dieses Handeln ärgert den Geschäftsführer der Wohnungsgesellschaft, der sich für das Wohl der Mieter verantwortlich fühlt, sehr.

Noch am selben Tag wurde von Seiten des Vermieters ein Informationsschreiben verfasst und bereits an alle Haushalte verteilt, die im Müssentiner Weg von der Jarmener Gesellschaft verwaltet werden.

Die Wohnungsgesellschaft will sich dieses Verhalten von Seiten des Anbieters nicht gefallen lassen: „Ich werde den Kontakt zur Konzernleitung suchen, mich schriftlich beschweren und um Aufklärung dieses Verhaltens der Mitarbeiter vor Ort bitten und natürlich einfordern, dass die Verträge eingehalten und die Mieter wieder ans Fernsehnetz angeschlossen werden ‟, kündigte Karsten Windmüller noch am selben Tag an. Und wie positioniert sich Vodafone selbst zu diesem Vorfall in Jarmen?

Vodafone entschuldigt sich bei den Mietern

Auf die Nordkurier-Nachfragen zu diesem Vorfall hieß es von Seiten des Unternehmens: „Der Vorgang ist wirklich ärgerlich. Für die Umstände möchte ich mich im Namen des Unternehmens bei den Mietern und der Wohnungsgesellschaft entschuldigen. Es ist richtig, dass zwischen Vodafone und der Jarmener Wohnungsgesellschaft mbH ein Vertrag zur TV-Versorgung besteht, der diese bis Mitte 2024 für die Mieter sicherstellt.‟

Für die Umstände möchte ich mich im Namen des Unternehmens bei den Mietern und der Wohnungsgesellschaft entschuldigen."

Obwohl es vor dem Termin in Jarmen Gespräche zwischen Vodafone-Mitarbeitern aus der Zentrale und dem Handelsvertreter, der vor Ort im Einsatz war, gegeben hatte, habe dieser sich entschieden, Anschlüsse zu sperren. „Den Grund für dieses Vorgehen kennen wir noch nicht. Wir werden den Fall in den nächsten Tagen mit unserem Vertriebspartner aufarbeiten‟, sagte Vodafone-Pressesprecher Helge Buchheister gegenüber dem Nordkurier.

Zudem informierte er darüber, dass das Unternehmen bereits mit dem Ansprechpartner bei der Wohnungsgesellschaft gesprochen und erklärt habe, „dass die Objekte durch unsere Techniker wieder an das Kabelnetz angeschlossen wurden‟.

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Auch Karsten Windmüller bestätigte auf Nordkurier-Nachfrage, dass er nach zahlreichen Telefonaten, die er mit Vodafone-Service-Mitarbeitern seit Donnerstag geführt hatte, Freitagmittag eine Antwort erhalten hat, die die Mieter etwas beruhigen könnten: „Ich habe inzwischen mit einem der Regionalleiter persönlich gesprochen. Der hat sich für das Verhalten der Personen vor Ort entschuldigt und zugesagt, dass alle Mieter wieder zugschaltet werden, ihren Fernsehanschluss wie gewohnt nutzen können.‟