Ein Jahr nach der Flucht
Ukrainerinnen fühlen sich in Neetzow zu Hause
Neetzow / Lesedauer: 3 min

Mareike Klinkenberg
Vor fast einem Jahr hat der Krieg in ihrer Heimat das Leben von Julia und Irina aus Kiew komplett auf den Kopf gestellt. Im März 2022 flohen sie mit ihren Kindern und Julias Mutter aus der ukrainischen Hauptstadt und landeten schließlich im vorpommerschen Neetzow.
Eine Welle der Hilfsbereitschaft schlug ihnen seinerzeit entgegen. So kamen sie gemeinsam mit mehr als 20 anderen geflüchteten Frauen und Kindern für die ersten Wochen im Schlosshotel unter. Mit der tatkräftigen Hilfe von vielen Neetzowern wurden Spenden gesammelt, Deutschkurse organisiert und Wohnungen hergerichtet, in denen die ukrainischen Familien Anfang April ein neues Zuhause fanden.
Normalität in den Alltag eingezogen
Mittlerweile ist in ihr Leben hier in Deutschland auch die Normalität eingezogen. Julia, die früher als Verkäuferin gearbeitet hat und Irinia, die in einer Taxizentrale jobbte, arbeiten nun beide für einen ortsansässigen Landwirt. Die Kinder gehen in die Neetzower Kita oder besuchen die Grundschule in Krien.
„In den ersten Monaten haben wir noch viel geweint und hatten großes Heimweh“, erzählt Julia. Denn natürlich ist auch das ruhige Leben auf dem Dorf, die Abhängigkeit vom Bus und die fremde Sprache so ganz anders als ihr vorheriger Alltag in der Großstadt, erzählt Irina.
Schwere Trennung vom Vater
Julia und ihren beiden Söhnen fällt vor allem die Trennung von ihrem Mann, der in der ukrainischen Armee kämpft, schwer. Auch wenn sie jeden Tag miteinander telefonieren würden. Aus diesem Grund sagt sie „Wir sind schon glücklich hier, aber eben immer noch mit Tränen in den Augen." An Deutschland liebt sie die schönen, gemütlichen Häuser, dass alles so sauber und ordentlich ist und das schönste an Neetzow wäre sowieso das Schloss, schwärmt sie weiter.
Ingesamt 17 Frauen und Kinder aus dem Kriegsgebiet leben momentan noch in Neetzow. Die Erwachsenen haben alle einen Job entweder in der Landwirtschaft, im Gutshof in Liepen oder mit Saisonbeginn auch wieder im Neetzower Schlosshotel. Es sind einige zurückgegangen und andere hinzugekommen, weiß Bianka Falk, die sich von Beginn an um die Flüchtlinge gekümmert hat und bei der die Fäden der Neetzower Ukraine–Hilfe zusammenliefen.
Viele Kämpfe mit der Bürokratie
„Gerade mit der Bürokratie hatten wir zu Beginn noch ganz schön zu kämpfen und haben uns auch so manches mal von den Behörden allein gelassen gefühlt.“ Bis heute schaut sie regelmäßig bei ihren Schützlingen vorbei, vor allem die Kinder lieben sie heiß und innig. Sie unterstützt sie gerade auch, wenn es mal wieder Papierkram zu erledigen gibt.
Neben Arbeit und Familie gehört an drei Tagen auch ein Deutschkurs bei der Caritas in Anklam zum Wochenprogramm der ukrainischen Frauen. Doch die fremde Sprache geht ihnen noch nicht so flüssig über die Lippen. „Mit dem Handyübersetzer geht es meist viel schneller“, geben sie zu. Ihr größter Wunsch ist natürlich das Ende des Krieges in der Ukraine. Auch wenn sie mittlerweile für sich und die Kinder beschlossen haben, dass ihre Zukunft hier in Deutschland ist.