Bundespolitik
Plötzlich im Bundestag – Zahnarzt aus Vorpommern wechselt nach Berlin
Spantekow / Lesedauer: 5 min

Anne-Marie Maaß
Es hört sich an wie eine Geschichte aus einer anderen Zeit, wenn Christian Bartelt von seiner ersten Kandidatur zur Bundestagswahl berichtet. Sein Zahnarztkollege Sebastian Ratjen aus Greifswald habe ihn damals kurzentschlossen angesprochen. In der Jarmener Waldperle wurde es dann amtlich: Bartelt kandidierte 2005 erstmals für den Bundestag. So wie in den folgenden 18 Jahren trat er damals mit allem an, was dazu gehört — Plakate, Podiumsdiskussionen und vielen Gesprächen. Bis auf das Plakatieren hat es mir immer Spaß gemacht, sagt der Spantekower.
Bartelt soll im Bundestag mitmischen
Allein erfolgreich war er damit nie. Bis auf das ehrenamtliche Engagement im Kreistag blieben ihm politische Mandat verwehrt — bis jetzt. Mit dem angekündigten Rücktritt von Hagen Reinhold als Mecklenburg–Vorpommerns einzigem FDP–Bundestagsabgeordneten dreht sich das Personalkarussell neu und fällt ausgerechnet auf Christian Bartelt. Zwei Jahre soll er nun ab der Sommerpause die Chance bekommen, im Bundestag mitzumischen.
Als diese Nachricht öffentlich wurde, war der 46–Jährige selbst gar nicht im Land, sondern zum Tauchurlaub in Indonesien. Zwei Tage auf einem Boot im Ozean mit maximal spärlichen Telefonempfang, verhießen für ihn eine entspannte Zeit trotz der großen Nachrichten. Zu Hause bei seiner Frau liefen derweil die Telefone heiß. „Sie musste das alles abfangen“, sagt Christian Bartelt anerkennend, der nun wieder gesund und munter zu Hause angekommen ist.
Die Tage sind aktuell seitdem auch für ihn stressiger geworden. Auch wenn der Wechsel in den Bundestag nach der Sommerpause noch nicht offiziell ist, gilt es nun Vorbereitungen zu treffen. Wichtig ist dem Zahnarzt dabei eine Nachricht an erster Stelle: Die Praxis in Spantekow bleibt auf jeden Fall erhalten. Hier will er selbst in den sitzungsfreien Wochen weiterhin seine Patienten behandeln.
Was wird aus der Zahnarztpraxis?
„Das ist mein Beruf und meine Passion, am Zahnarztstuhl bei der Behandlung vergeht für mich jeder Tag wie im Flug — ohne, dass es mir wie Arbeit vorkommt. Das gebe ich nicht auf“, sagt er deutlich. Eine Aussage, die wohl vor allem bei seinen Patienten für Erleichterung sorgen wird. Dass Spantekow mit den politischen Ambitionen von Christian Bartelt seinen Zahnarzt verlieren könnte, war seit jeher eine große Befürchtung. „Ich glaube, deshalb werde ich hier vor Ort gar nicht so oft gewählt“, hatte Bartelt einmal selbst eingeschätzt.
Auf der anderen Seite stehe aber auch, dass in den Sitzungswochen die Praxis eingeschränkt, bis gar nicht besetzt sein wird. Bartelt hofft, dies mit einem klugen Terminmanagement auszugleichen. Zudem arbeitete er aktuell daran, vielleicht auch noch einen Kollegen oder eine Kollegin als Unterstützung anwerben zu können. „Das ist aber kein einfaches Unterfangen“, gibt er zu. Nichts destotrotz soll es weitergehen: „Ich habe ja auch die Verantwortung für meinen ältesten Sohn, der aktuell eine Ausbildung zum Zahntechniker macht“, fügt er an.
Neben dem beruflichen Balance–Akt stehen auch familiär nun Veränderungen an. Am skeptischsten blickt diesen seine Frau entgegen, räumt Bartelt ein. Denn sie wird ab September wohl deutlich weniger Trubel im Haus haben. „Das liegt nicht vorrangig an mir, sondern daran, dass dann auch unsere Tochter nach Neubrandenburg auf die Sportschule wechselt — samt Internat. Die Familie ist somit unter der Woche größtenteils nicht zu Hause“, erklärt Bartelt. Auch sein mittlerer Sohn geht dort bereits zur Schule, die drei Kinder sind also unter der Woche versorgt. Dieser Umstand habe ihm die Entscheidung, nach Berlin zu gehen, deutlich leichter gemacht.
"Trotz Mandats werde ich kein anderer Mensch sein“
„Uns bleiben so oder so die Wochenenden. Wäre es anders gewesen, gebe ich zu, hätte ich deutlich größere Bauchschmerzen mit der Wahl gehabt“, sagt er. Gleichzeitig sei ihm bewusst, dass bestimmte private Interessen künftig wohl erst einmal zurückstecken müssen. „Das ist so, verändern möchte ich mich trotzdem nicht“, sagt Christan Bartelt. Ob als pupsende Eisprinzessin mit blonder Perücke auf der Bühne beim Karneval oder im Sportverein: „Wenn es die Zeit ermöglicht, bin ich immer gerne dabei. Trotz Mandats werde ich kein anderer Mensch sein“, so seine Maxime.
Neben allen Bedenken überwiege jetzt auf jeden Fall die Freude, bald politischen Einfluss nehmen zu können. Die Neugierde auf den Berliner Politikbetrieb sei riesig, sagt der Spantekower. Wobei er in den zurückliegenden Jahren hier bereits Erfahrungen sammeln konnte und die FDP–Fraktion etwa in Gesundheits– und Sportfragen beriet. Wenn er sich politische Themenfelder als Abgeordneter wünschen könnte, wäre der Sport eindeutig seine erste Wahl, sagt der 46–Jährige. Hier habe er selbst die größte Kompetenz, schätzt er ein.
Des Weiteren würde er gerne den Bereich maritime Wirtschaft von Hagen Reinhold weiterführen. Dies sei ein wichtiger Themenkomplex für das Land MV auf dem sein Vorgänger viel geleistet habe. Zudem habe er genug Fachkompetenz im Büro, um sich diese Arbeit zuzutrauen — auch wenn die Fußstapfen riesig seien, so Bartelt.
Noch unklar, wo Bartelt sich einbringt
Beim Thema Bauen und Wohnen, dass sein Parteikollege bislang besetzte, sehe es anders aus. „Das ist kein Feld, auf dem ich mich auskenne und in das ich mich schnell einarbeiten könnte“, schätzt der Bundestagsabgeordnete in spe ein. Wo er sich künftig einbringen kann, steht derzeit noch nicht fest. Auch hier rotieren noch das Personal– und Postenkarussell.
Mit den Mitarbeitern von Hagen Reinhold hat sich Christan Bartelt indes bereits getroffen und Übernahmen für das eigene Büro mit ihnen eruiert. Alles andere muss man sehen, sagt er. Auf die Frage wie er, der selbst vor Ort nie um schlagfertige Worte verlegen ist, künftig wohl in der Koalition mit SPD und Grüne zurecht kommen wird, antwortet Bartelt mit seinem strahlenden Zahnarzt–Lächeln: „Es wird auf jeden Fall eine spannende Zeit“.