Naturreporter Vorpommern

Warum sich putzige Waschbären so viele Feinde machen

Vorpommern / Lesedauer: 3 min

Waschbären sehen ganz niedlich aus, und doch gelten die Neubürger aus Übersee als unbeliebte Zeitgenossen – selbst bei Naturschützern. Das sind die Gründe.
Veröffentlicht:23.04.2022, 18:16
Aktualisiert:23.04.2022, 19:53

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Der Waschbär war nicht immer in Vorpommern anzutreffen, sondern ist ein Neubürger aus Übersee. Als der Raubsäuger aus wirtschaftlichen Gründen vor etwa 100 Jahren aus den USA nach Deutschland gebracht wurde, mauserte er sich schnell zum beliebtestes Pelztier. Seit Waschbären um das Jahr 1930 aus mehreren Pelztierfarmen ausgebüxt und mit mehreren Paaren 1934 von Forstleuten am hessischen Edersee angesiedelt worden waren, war der Siegeszug dieser Tiere in Deutschland nicht mehr aufzuhalten.

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Echte Naturschutzarbeit der pommerschen Jägerschaft mit der Waffe und mit Fallen zeigen gute Erfolge. Besonders die moderne, sehr effektive computergesteuerte Fallenjagd mit modernster Technik kommt immer mehr zum Einsatz. Hier ruft dann der gefangene Waschbär den Jäger sozusagen selbst an und teilt über Handy mit: „Ich sitze in der Falle, hole mich hier raus“. Dies geschieht im Frühling häufiger, da die Rüden jetzt viel auf den Läufen sind. Die Damen sind nur an vier Tagen empfängnisbereit. Statt in der warmen Baumhöhle oder auf dem Dachboden zu dösen, hat Mister Waschbär extremen Terminstress, denn auch der Testosteronspiegel in seinen Geschlechtshormonen macht ihn zum stürmischen Don Juan. Gerade in dieser Zeit werden zwischen Peenemünde und Penkun viele der Ringelschwänze Verkehrsopfer.

Bringen Ökosystem durcheinander

Ein Phänomen beim Waschbären ist, dass etwa zwei Drittel der Großhirnrinde allein der Verarbeitung von Tastreizen aus den Vorderbranten dient. So heißen die Pfoten dieser Tiere in der Jägersprache. Das Hirn erzeugt dabei dreidimensionale Bilder der ertasteten Gegenstände, selbst im Wasser beim Krebs- und Fischfang. So sehen Waschbären im übertragenen Sinn mit den Branten. Auch wenn es so aussieht, aber die Nahrung wird nicht etwa gewaschen vor dem Verzehr, sondern auf Genießbarkeit überprüft.

Längst hat sich der dreiste Draufgänger den Ruf eines wenig geliebten Zeitgenossen erworben, auch wenn die Kleinbären mit der Gesichtsmaske für viele Menschen recht putzig aussehen, bleiben sie Fremde in der heimischen Tierwelt. Umweltschützer sind sich einig: Diese Klettermaxe können das biologische Ökosystem kräftig aus dem Gleichgewicht bringen. Einige Naturschützer sprechen schon von einer Waschbärenplage, da sie besonders in Seen- und Teichlandschaften die Brutkolonien von Lachmöwen und Seeschwalben arg dezimieren.

Jäger erlegen 16.000 Tiere jährlich

Zu DDR-Zeiten war die Sumpfschildkröte sehr selten, doch im damaligen Bezirk Neubrandenburg befand sich in der Feldberger Seenlandschaft noch eine kleine Wildpopulation. Als hauptamtlicher Mitarbeiter der Bezirksnaturschutz-Verwaltung musste ich hier in den 1980er-Jahren Bestandsuntersuchungen vornehmen. Tatsächlich fand ich eine ausgewachsene Sumpfschildkröte. Auf einem Zeltplatz spielten Kinder mit Jungtieren. Hier, im Grenzgebiet zu Brandenburg, konnten Naturschützer nach der Wende wieder eine kleine Population durch Zucht und Auswilderung aufbauen.

Leider hat sich dabei der Waschbär als ganz großer Störenfried herausgestellt, denn der Nachtschwärmer mit der Räubermaske hat sich auf die Schildkröteneier als einen besonderen Gaumenschmaus spezialisiert. Andere wieder sind geschickte Panzerknacker und fressen die Weichteile der Reptilien. Für Naturfreunde eine Tragödie, und so rücken Jäger dem Nimmersatt verstärkt auf den Pelz. Die Jägerschaft erlegt zwischen Elbe und Haff jetzt jährlich um die 16.000 Waschbären.

Wer dem wundervollen Klang der Umwelt lauschen und dabei beim Anblick von Adlern, Bibern und Silberreihern Stress abbauen möchte, kann bei einer geführten Naturwanderung Kraft tanken. Anmeldung unter Telefon 015156074311