25 Jahre Vineta-Festspiele

▶ Wie Usedom einer versunkenen Stadt zu neuem Ruhm verhalf

Zinnowitz / Lesedauer: 4 min

Im Sommer 1997 stand die erste Premiere der Vineta-Festspiele auf der Kippe. Auch in diesem Jahr drohte Corona, einen Strich durch die Rechnung zu machen.
Veröffentlicht:01.07.2021, 08:13
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Von:
  • Author ImageDajana Richter
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Jede Menge guter Laune, gepaart mit großen Emotionen, Gesang und Tanz sowie packenden Kampfeinlagen – diese Zutaten scheinen das perfekte Rezept zu ergeben, welches die Vineta-Festspiele in Zinnowitz auf der Insel Usedom seit Jahren so beliebt macht. An diesem Sonnabend starten die Festspiele mit der Inszenierung „Traum ohne Wirklichkeit“ in ihre Jubiläumssaison. Seit mittlerweile 25 Jahren begeistert Regisseur Wolfgang Bordel mit seinen fantasiereichen Geschichten Groß und Klein. Aber was reizt ihn so am Thema Vineta? „Mich hat fasziniert, dass auch oder gerade eine sehr reiche Stadt untergehen kann. Vor allem die Frage: Warum ist die Stadt, der es doch blendend ging, in den Fluten verschwunden?“, erklärt Bordel. „Die Sage gibt keine Auskunft darüber, warum die Stadt Vineta unterging. Da ist viel Spielraum für Fantasie und künstlerische Ausdeutung.“

Mehr zur Geschichte der Festspiele lesen Sie hier.

Chefdramaturg schrieb das erste Stück

Und dass Wolfgang Bordel jede Menge Fantasie besitzt, hat er in den vergangenen Jahren mit seinem Vineta-Kosmos aus Elfenkriegern, Dünenrittern, Wasserfrauen und vielen anderen mystischen Wesen immer wieder eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Die ersten Stücke schrieb noch Piet Oltmanns, der damals Chefdramaturg am Theater war. Seit 2002 führt Bordel die Autorenfeder.

Worum geht es im aktuellen Stück? Noch immer haben die Vineter das vor ihnen versteckte Gold nicht gefunden. Doch wie sollen sie an erneuten Reichtum gelangen? Sie beschließen, ihre eigene Stadt zu einem Goldesel zu machen und ihre Geschichten gewinnbringend zu vermarkten. Dass dabei heftig geflunkert wird, ist klar, denn wer gibt schon für die Wahrhaftigkeit Geld her? Und so werden Götter, Wiedergänger und Einhorn durch Schauspieler ersetzt. Doch plötzlich tauchen die echten mystischen Wesen auf und wollen dieser Geschichtsverfälschung ein Ende bereiten. Ob sie es schaffen werden, die Vineter von ihren Plänen abzubringen?

... und vor der Premiere ein Gewitter

Zur Premiere wird auch ein ganz besonderer Gast erwartet. „Der frühere Bürgermeister von Zinnowitz, Wolfgang Krug, wird extra für uns anreisen“, verrät Wolfgang Bordel. „Ohne seine tatkräftige Unterstützung wäre das alles hier nicht möglich gewesen.“ Im Herbst 1996 wurde die Ostseebühne als Spielstätte gefunden und in den folgenden Monaten umgebaut. Der ersten Premiere am 14. Juni 1997 schien nichts mehr im Wege zu stehen. Doch dann drohte die Aufführung im wahrsten Sinne des Wortes ins Wasser zu fallen. Ein schweres Gewitter knickte Bäume um, Wasserströme flossen die Straße entlang. Und auch die Bühne und Theatertechnik wurden in Mitleidenschaft gezogen. „Wir standen mit Schaufeln auf der Bühne, um das Wasser irgendwie runterzukriegen“, erinnert sich Bordel. Zum Glück blieb dem Ensemble ein Untergang ähnlich wie der Sagenstadt erspart und sie konnten am Abend doch noch den Auftakt des Open-Air-Events feiern.

Auch um das 25. Jahr der Festspiele mussten sie coronabedingt lange Zittern und viel umplanen, bis es schließlich von offizieller Seite die Erlaubnis gab. „Wir sind sehr froh, dass wir zumindest ein Open-Air-Stück in diesem Sommer spielen können“, sagt Intendant Martin Schneider. „Und die Premiere ist sogar schon ausverkauft. Daran sieht man, dass Theater vielleicht nicht system-, aber gesellschaftsrelevant ist.“

Auch das: Namen inspirieren werdende Eltern

Trotzdem kann das Jubiläum nur in kleinerem Rahmen begangen werden. Statt den sonst rund 1100 Zuschauern dürfen aktuell nur zwischen 270 und maximal 400 Gäste empfangen werden. Und auch auf der Bühne ist es mit lediglich 14 Darstellern deutlich leerer als sonst. Alle stammen aus dem festen Ensemble der Landesbühne und spielten in dieser Konstellation noch nie zusammen. Insgesamt standen in der 25-jährigen Festival-Geschichte mittlerweile 1116 Akteure auf der Vineta-Bühne – viele davon mehrmals.

Und so wie sich viele Sagen um die versunkene Stadt ranken, haben auch die Festspiele in den vergangenen Jahren so manche ganz private Geschichte mitgeschrieben. So trauten sich zum Beispiel zwei Männer auf die große Bühne, um ihrer Liebsten einen Heiratsantrag zu machen. Andere ließen sich bei der Namensgebung ihrer Kinder von den Vineta-Figuren inspirieren. „Wir wissen zumindest von Tyras, Jaron, Jasko und Mira“, berichtet Martina Krüger, Pressesprecherin der Landesbühne. Ob wohl einige von ihnen auch schon die Festspiele besucht haben? Sicher ist, dass die Festspiele viele treue Fans gewinnen konnten und mittlerweile die dritte Besucher-Generation begeistert. Fortsetzung erwünscht.

Die Vineta-Inszenierung „Traum ohne Wirklichkeit“ ist noch bis zum 3. September, immer montags, mittwochs und freitags um 19.30 Uhr, auf der Ostseebühne Zinnowitz zu erleben. Karten gibt es unter der Telefonnummer 03971 2688800, unter www.vorpommersche-landesbuehne.de, an der Theaterkasse, in der Stadtverwaltung Anklam sowie der Kurverwaltung Zinnowitz.