Naturschutz

Wo Wasserbüffel baden, Adler kreisen und wilde Minze wächst

Rebelow / Lesedauer: 4 min

Naturschützer bewahren in dem artenreichen Renaturierungsgebiet des Landgrabentals gefährdete Tiere und Pflanzen, die für Besucher nur bei geführten Wanderungen zugänglich sind.
Veröffentlicht:01.07.2022, 12:11

Von:
  • Louise Stauf
Artikel teilen:

„Die Natur erhält sich am besten, wenn man sie weitgehend in Ruhe lässt.“ Ein Satz, der für das Landgrabental im südlichen Vorpommern-Greifswald von großer Bedeutung ist und eines der Leitbilder des hiesigen Naturschutzes darstellt: Das etwa 500 Hektar große Renaturierungsgebiet, das sich von Zinzow bis Japenzin erstreckt, ist für Besucher nur in Begleitung erfahrener Naturschützer zu erkunden.

Kees Vegelin ist einer von ihnen. Er bietet einmal im Jahr ehrenamtlich geführte Wanderungen durch das Landgrabental an und weiß viel über Geschichte, Fauna und Flora des Areals zu erzählen.

Lesen Sie auch: Volle Tropenpracht mitten in Vorpommern

Entstanden ist das Renaturierungsgebiet unter der Trägerschaft der DEGES (Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und bau GmbH) als Kompensationsmaßnahme für den Bau des A20-Streckenabschnitts von Jarmen nach Neubrandenburg und stellt mittlerweile ein ökologisch komplexes und besonders wertvolles Moor-Ökosystem dar.

Früher intensiv genutzt

Doch das war nicht immer so. Vor der Maßnahme wurde das Moor vor allem seit den 1970er Jahren intensiv genutzt und tief entwässert, was einen hohen Ausstoß von CO2 und damit einhergehend eine hohe Klimabelastung und den Rückgang vieler heimischer Tier- und Pflanzenarten zur Folge hatte.

Mehr lesen: Moore im Peenetal rücken immer stärker in den Blickpunkt

Durch die langjährige Renaturierungsmaßnahme und die im Jahr 2006 eingeleitete Wiedervernässung gelang es Naturschützern wie Kees Vegelin, wieder eine üppige Flora und Fauna in dem Gebiet anzusiedeln. In Höhe des Ortes Rebelow befindet sich mittlerweile eines der am besten erhaltenen Hangquellmoore des Landes Mecklenburg-Vorpommern.

Große Vielfalt gefährdeter Pflanzen

Auf einem Quadratmeter wachsen hier heute wieder bis zu 40 verschiedene Pflanzenarten. Hierzu gehören unter anderem solche, die in Mecklenburg-Vorpommern vom Aussterben bedroht sind und auf der sogenannten Roten Liste stehen, wie zum Beispiel das Sumpf-Kreuzblümchen und die Mehlprimel. Auch seltene Vogelarten haben sich nach langjähriger Abwesenheit wieder hier angesiedelt.

So können seit einigen Jahren Brutpaare des stark gefährdeten Schreiadlers, veraltet auch als Pommernadler bezeichnet, beobachtet werden. Das Landgrabental dient dem seltenen Vogel mittlerweile als Nahrungshabitat, denn er jagt auf dem Boden und findet in den kurzrasigen Wiesen des Landgrabentals wieder ausreichend Nahrung. Auch weitere Vogelarten wie der Neuntöter und das Braunkehlchen haben im Landgrabental wieder eine Heimat gefunden.

Mehr zum Thema: Hier können Sie Büffel hautnah erleben

Wasserbüffel als Landschaftspfleger

Neben Schafherden auf den Trockenhängen sind zur Bewirtschaftung auch weitere Tiere im Landgrabental anzutreffen, die man hier zunächst nicht vermuten würde. Abgesehen von Weiderindern grasen hier nämlich Wasserbüffel, die aufgrund ihrer besonderen Hufe weniger tief versacken und dank ihres ruhigen Gemüts nicht in Panik geraten, wenn sie doch einmal in nasseren Flächen einsinken oder nach einem Bad im Wasser zurück auf trockenere Erhebungen klettern müssen. Die Weidetiere, die hier das Jahr über grasen, stammen ausschließlich von Bio-Betrieben. Für die Naturschützer ist diese Zusammenarbeit ein Muss und stellt für sie einen Grundsatz bei Naturschutzmaßnahmen dar.

Auch interessant: Sächsische Wölfin im Landgrabental identifiziert

Ein weiteres Tier, das es in den letzten Jahren geschafft hat, sich im Landgrabental neuen Lebensraum zu erschließen, ist der Wolf. Während die Wasserbüffel aufgrund ihrer Größe und Hörner vor Wolfsangriffen geschützt sind, müssen die Schafe durch einen speziellen Wolfsschutzzaun von ihm abgeschirmt werden. Um kleineren Räubern wie dem Fuchs oder dem Dachs jedoch weiterhin zu ermöglichen, in das eingezäunte Gebiet zu gelangen, haben Naturschützer hier spezielle Durchgänge in Form von Betonröhren in den Zaun eingebaut, durch die der Wolf aufgrund seiner Größe nicht passt.

Wanderung für alle Sinne

Bei einer geführten Wanderung durch das Landgrabental kann man nicht nur die einzigartige Natur mit den eigenen Augen sehen, auch andere Sinne werden angesprochen: Aus den Bäumen kann man lautes Vogelgezwitscher vernehmen und auf den Trocken- und Feuchtwiesen des Moores duftet es nach wilder Wasserminze, wildem Majoran, Wiesensalbei und Echtem Thymian.

Für den Naturschützer Kees Vegelin ist es wichtig, dass die geführte Wanderung für alle Interessierten offen ist. Er möchte, dass die Menschen hier Fragen stellen können und eine Vorstellung davon bekommen, was im Landgrabental seit vielen Jahren getan wird, um die Natur zu bewahren und Tiere und Pflanzen zu schützen.

Wer sich für geführte Wanderungen durch die einzigartige Natur Vorpommerns interessiert, kann sich auf der Homepage der Stiftung Umwelt und Naturschutz MV unter www.stun-mv.de über Entdeckungstouren informieren. Am 9. Juli findet die geführte Wanderung „Renaturierung Peenetal“ statt, die ebenfalls die Wiedervernässung ehemaliger Moore und Naturschutzmaßnahmen für Tiere und Pflanzen zum Thema hat.