Wochenlanges Duschverbot – was ist los in diesem Wohnhaus?
Zemmin / Lesedauer: 4 min

Stefan Hoeft
Explosive Stimmung herrscht derzeit in und um den Wohnblock im Bentziner Ortsteil Zemmin (Vorpommern-Greifswald), denn bei den Mietern machte sich in den vergangenen Wochen zunehmend Empörung und Verzweiflung breit. Schließlich dürfen sie seit dem 3. Mai ihre Duschen nicht mehr nutzen und müssen Vorsicht beim Umgang mit dem Wasser aus der Leitung walten lassen.
Gesundheitsamt verfügt Duschverbot
Grund ist ein Legionellen–Befall innerhalb des Gebäudes mit acht Wohnungen, der das Gesundheitsamt zu einer entsprechenden Verfügung veranlasst hat — für sämtliche Mietparteien. Nun handelt es sich beim Auftreten dieser Bakterien, die unterschiedliche Krankheitsbilder — von grippeartigen Beschwerden bis zu schweren Lungenentzündungen — verursachen können, um nichts Ungewöhnliches.
Selbst beim Ausbruch der daraus resultierenden Legionärskrankheit, meist verursacht durch eine Verbreitung der Keime per Aerosol, gibt es wegen der guten Behandlungsmöglichkeiten im Normalfall wenig Gefahr.
Nötige Nachprüfung fehlt
Doch der Umgang mit der Situation und insbesondere den Folgen in Zemmin wirft eine Menge Fragen bei den Mietern auf, verbunden mit harscher Kritik seitens der Kommune an der Wohnungsgesellschaft Jarmen. Das hundertprozentige Tochterunternehmen der Peenestadt ist seit Jahresbeginn auch für die Immobilien sämtlicher Umlanddörfer zuständig.
Sie hatte nach dem Befund standardgemäß durch eine Handwerksfirma ein Hochfahren der Betriebstemperatur und Durchspülen des Rohrnetzes im Wohnblock veranlasst, um die Legionellen abzutöten und etwaige Rückstände aus den Leitungen zu entfernen. Doch ob die Probleme tatsächlich aus der Welt geschafft sind, scheint unklar. Weil nach wie vor die nötige Nachprüfung aussteht, ohne deren Ergebnis das behördliche Duschverbot nicht aufgehoben werden kann.

Hickhack der Zuständigkeiten
Genau um die gibt es seit Wochen ein für Außenstehende undurchsichtiges Hickhack der Zuständigkeiten, bei dem die Mieter vor allem die Wohnungsgesellschaft in der Schuld sehen und attackieren. „Man hört nur Ausreden, egal wer da ans Telefon geht“, berichtete Fred Krasemann als einer der Betroffenen diese Woche der Gemeindevertretung. Die Bewohner seien dies leid und wollten endlich wieder duschen können.
Doch auch die Kommune werde bisher nur vertröstet, entgegnete Vizebürgermeister Michael Kühling, der in dem Ortsteil wohnt und so schon früh mit dem Malheur konfrontiert wurde. Laut Bürgermeisterin Grit Gawrich sei ihr selbst jede Einmischung verwehrt worden, obwohl die nötige Nachprüfung durch die Vertragsfirma offensichtlich nicht klappte.
Unhaltbare Zustände
Die wiederum habe für diese Prozedur nämlich einen Subunternehmer. „Die Informationspolitik ist mangelhaft. Das sollte ein Nachspiel für uns haben, auch in der Zusammenarbeit mit der Wohnungsverwaltung“, forderte ihr Stellvertreter. Schließlich stehe die Gemeinde nicht nur als Vertreterin ihrer Bürger in der Verantwortung, sondern überdies als Eigentümerin und Vermieterin.
„Das sind unhaltbare Zustände“, pflichtete sein Abgeordneten–Kollege Jürgen Piek bei, gleichfalls ein Zemminer. Er schlug vor, den Betroffenen als Entschädigung für diesen Monat eine Mietminderung zu gewährleisten und stieß damit auf einhellige Zustimmung der Runde. Damit dürfe das Ganze aber keinesfalls erledigt sein, meinte er mit Blick auf die städtische GmbH, den Faden von Landwirt Kühling aufgreifend.
Jener störte sich weniger an dem Legionellen–Befall. „So was kann passieren, aber man muss die Ursachen finden.“ Er kritisierte vielmehr den Umgang der GmbH mit der Angelegenheit. Nach seiner Auffassung hätte das Unternehmen kurzerhand einen anderen Dienstleister beauftragen müssen, um endlich Abhilfe zu schaffen. So hätte jeder Privatmann ja auch gehandelt, wenn er dauernd vertröstet würde, argumentierte der Vizebürgermeister. Und mit dem Versprechen, dass der Prüfer diese Woche endlich auftaucht, scheine es ja wieder nicht weit her zu sein.

Auch Pfingsten noch ohne Dusche
Das musste am Freitag auf Nordkurier–Anfrage auch Lucas Schöne bestätigen, der mit dieser Angelegenheit befasste Mitarbeiter der Wohnungsgesellschaft. Er habe die Mieter gerade informiert, dass die Nachprüfung für den Dienstag nach dem langen Pfingstwochenende angekündigt wurde. Sprich inklusive der Auswertung und daraus erhofften Freigabe dürften mindestens vier Wochen ins Land gegangen sein.
„Für die Leute tut es mir leid, aber wir sind so gar nicht die Verantwortlichen. Wir bekommen den ganzen Dampf ab, obwohl wir Null Einfluss haben. Alles was wir tun konnten, haben wir gemacht“, kommentierte der erst seit rund einem Monat im Amt befindliche neue GmbH–Geschäftsführer Karsten Windmüller im Gespräch mit unserer Zeitung. Die Service–Verträge auch für die Zemminer Immobilie existierten seit vielen Jahren und seien von der bis 2022 noch innerhalb der Amtsverwaltung bestehenden Abteilung Wohnungswirtschaft übernommen — inklusive der Sub–Subunternehmen–Lösung.
Angesichts der Zusatzkosten habe er von einem Ausweichen auf ein freies Labor Abstand genommen, zumal vom Auftragnehmer immer kommuniziert worden sei, dass alles ordnungsgemäß laufe. „Ich konnte ja nicht wissen, dass die so schlecht arbeiten“, erklärte Windmüller. „Aber das wird natürlich Konsequenzen haben. Ich gehe davon aus, dass wir mit ziemlicher Sicherheit den Dienstleister wechseln werden."