Interview mit Jan Redmann

CDU-Politiker setzt auf Busse statt marode Zugverbindung

Potsdam / Lesedauer: 7 min

Seit 2019 ist die CDU in Brandenburg an der Regierung beteiligt. Im Interview äußert sich der Fraktionsvorsitzende Jan Redmann zu geplanten Bahnlinien-Stilllegungen, zur Corona-Politik und zur Digitalisierung.
Veröffentlicht:11.07.2022, 14:26
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Von:
  • Author ImageBenjamin Lassiwe
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Herr Redmann, die Koalition in Brandenburg läuft jetzt seit zweieinhalb Jahren. Ihre Partei wollte einst, anstatt von Dietmar Woidke, den Ministerpräsidenten stellen. Jetzt ist man Koalitionspartner. Was haben Sie erreicht?

Die CDU konnte durch ihre Regierungsbeteiligung einige sehr wichtige Themen voranbringen. Wenn wir uns die Stärkung der inneren Sicherheit, der Polizei und der Freiwilligen Feuerwehren anschauen, dann ist das eine Priorität, die klar mit der CDU verbunden ist.

Wenn Sie sich den Justizbereich anschauen, dann sehen Sie, dass die Justiz 2019 in einem maroden Zustand war. Heute ist sie durch Personalaufwuchs, durch Digitalisierung und Modernisierung zu einem Vorzeigebereich geworden. Und das hängt mit der guten Arbeit von Ministerin Susanne Hoffmann zusammen.

Und im Bereich Infrastruktur und Verkehr haben wir viel mehr Zugkilometer bestellen können, als das in der Vergangenheit der Fall war. Guido Beermann treibt die direkte Verbindung des Prignitz-Express nach Berlin über die Hohenschöppinger Kurve voran. Und erstmals in der Geschichte des Landes wird wieder daran gearbeitet, Bahnstrecken – wie die Potsdamer Stammbahn – zu reaktivieren. Auch das ist ein Erfolg der Union, auf den wir sehr stolz sind.

Sie wollen aber nicht nur Strecken wiedereröffnen. Verkehrsminister Guido Beermann (CDU) will auch Strecken stilllegen und gerät deswegen unter Druck.

Ich glaube, wir müssen uns die Strecken mal ganz genau angucken. Die RB63 befindet sich in einem Probebetrieb, der schon jetzt zeigt, dass dieser Betrieb, so wie er jetzt stattfindet, keine Zukunft hat. Denn die Strecke ist marode. Die Bahnhöfe sind zum Teil weit außerhalb der Dörfer, sodass nicht mal der Schülerverkehr darüber abgewickelt werden kann und noch parallel ein Bus auf der Straße fahren muss.

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Es macht Sinn, diesen Probebetrieb auszuwerten, sich die Erfahrungen genau anzuschauen und dann miteinander zu prüfen, wie man die Strecke reaktivieren kann. Hierfür sind dann aber umfangreiche planerische Vorgaben notwendig, erhebliche Baumaßnahmen und auch hohe finanzielle Mittel. Das hat sich das Verkehrsministerium vorgenommen, das wird im nächsten Jahr geschehen, und bis dahin ist die Region, mit einer guten Busanbindung besser bedient als mit einem einer maroden Zugverbindung.

Und bei den Strecken in der Prignitz?

Ich glaube, dass wir durch die Diskussion um den Nahverkehrsplan hier etwas sehr Wichtiges erreicht haben: Nämlich, dass Mecklenburg-Vorpommern aufgewacht ist. Die Strecken, so wie sie jetzt sind, werden auch mit einem besseren Angebot kaum mehr Fahrgäste auf die Schiene ziehen. Die Strecke macht aber Sinn, wenn man sie als schnelle Verbindung zwischen der Bahnlinie Berlin-Hamburg ab Neustadt (Dosse) im Süden und der mecklenburgischen Seenplatte und der Ostsee im Norden entwickelt. Das setzt aber voraus, dass Mecklenburg-Vorpommern dort mitmacht und diese Diskussion ist endlich in Gang gekommen.

Finanzministerin Katrin Lange hielt die Stilllegung der drei Strecken im Gespräch mit unserer Zeitung für das falsche Signal.

Ich habe das Interview aufmerksam gelesen. Möglicherweise liegen im Finanzministerium auch nicht alle Informationen vor. Sie hat das sicher nicht böse gemeint. Ich gehe aber davon aus – und das begrüße ich sehr -, dass das Finanzministerium erkennt, dass es im Nahverkehr einen Paradigmenwechsel braucht.

Um die Verkehrswende umzusetzen, brauchen wir auch mehr Geld und erhebliche Investitionen. Und insofern erwarte ich, dass die Finanzministerin nicht nur die Lippen spitzt, sondern auch pfeift. Wir werden deshalb Aussagen an ihrem Haushaltsentwurf, der ja in diesem Jahr noch vorzulegen ist, messen.

Stichwort Nahverkehr: Sie haben sich vor ein paar Wochen dafür ausgesprochen, die Maskenpflicht in Bussen und Bahnen wegfallen zu lassen. Jetzt steigt die Zahl der Corona-Infektionen wieder. Bleiben Sie bei der Forderung?

Wir müssen, was die Pandemie angeht, vom Ziel her denken. Jeder Virologe bestätigt, dass die Corona-Pandemie erst dann vorbei sein wird, wenn die meisten Menschen auch mindestens eine Infektion auskuriert haben und wenn auch die geimpften Personen sich noch einmal mit in aller Regel milden Verläufen infiziert haben. Insofern sind Infektionen an sich etwas Normales. Wir werden sie nicht per se vermeiden können.

Und wir sollten auch nicht das Ziel haben, Infektionen per se zu vermeiden. Wir sollten das Ziel haben, eine Überlastung unseres Gesundheitssystems zu vermeiden, und wir sehen im Sommer eine solche Überlastung nicht. Wir müssen verhindern, dass im Winter, wenn ohnehin sehr viele Menschen erkranken und die Krankenhäuser auch ohne Corona stark belastet sind, noch eine zusätzliche Corona-Welle dazukommt.

Insofern halte ich angepasste Maßnahmen, die auch zwischen Sommer und Winter differenzieren, für angemessen. Und das gilt auch für den ÖPNV.

Was wünschen Sie sich denn für Maßnahmen für den Winter? Welche Möglichkeiten sollte das Land noch haben?

Wir alle wissen nicht, mit welcher Variante wir im Winter konfrontiert sein werden. Sicherlich ist es unzureichend, wenn das Land im Fall des Falles keine Maßnahmen ergreifen kann. Insofern sollte der Bundesgesetzgeber zumindest Möglichkeiten eröffnen, die Maskenpflicht oder Abstandsgebote einzuführen. Ich hoffe aber sehr, dass wir ohne diese Maßnahmen durch den nächsten Winter kommen können. Das hängt natürlich vom Verlauf der Pandemie ab und auch davon, wie sich die Situation im Herbst darstellt.

Können Sie sich Maßnahmen wie die Schließung von Restaurants, Hotels und Ähnlichem noch vorstellen?

Wir wollen keine Restaurants schließen, wir wollen keine Hotels schließen und wir wollen auch nicht wieder den Einzelhandel beschränken. Insofern werden wir alles dafür tun, solche Maßnahmen zu vermeiden. Aber ich kenne die Situation im Winter heute nicht.

Zum Abschluss noch zur Brandenburger CDU. Wie stellt sich die CDU in den nächsten Jahren auf?

Wir werden in den verbleibenden beiden Jahren beweisen, dass die CDU in Brandenburg eine Partei mit Zukunftskompetenz ist. Wie gestalten wir die Energiewende, die Verkehrswende, den Kampf gegen den Klimawandel, so dass am Ende unserem Beispiel auch international jemand nachfolgt? Das heißt, dass also Industrie erhalten bleibt, dass die Preise bezahlbar bleiben, dass die Versorgungssicherheit gewährleistet ist. Wir werden in den Mittelpunkt unserer Arbeit zudem die Digitalisierung rücken.

Was wollen Sie da tun?

Ein Beispiel: Die innere Sicherheit wird nicht mehr nur durch die Verhinderung von Diebstählen gewährleistet. Wenn Sie schauen, wie viele Menschen schon Opfer von Internet-Kriminalität geworden sind, dann haben wir auch hier Nachholbedarf und müssen gemeinsam mit anderen Bundesländern unsere Kompetenz weiter ausbauen.

Und dann mache ich mir Sorgen um die digitale Medienbildung: Wenn ich mir anschaue, dass hier eine Generation heranwächst, die schon früh die „Wischkompetenz“ erworben hat und sehr gekonnt im Bedienen von Tablets und Smartphones ist, aber häufig unzureichend auf die Gefahren, die im Internet lauern, vorbereitet wird, macht mir das Sorgen. Ich wünsche mir, dass wir Medienbildung auch stärker in den Schulen obligatorisch verankern, um diese Generation besser zu schützen.

Welche Rolle wird denn Jan Redmann in der CDU Brandenburg in den nächsten Jahren spielen?

Wir werden uns in der CDU Brandenburg, so haben wir uns verabredet, im Jahr 2023 für die Landtagswahl 2024 aufstellen. Das ist eine Diskussion, die wir intern auch sehr kollegial miteinander führen. Und ich arbeite gern an der Stelle mit, an der ich der CDU und dem Land Brandenburg am meisten helfen kann.

Wir danken für das Gespräch.