Öffentlich-rechtlicher Rundfunk

Darum geht es beim Skandal um die RBB-Intendantin

Berlin / Lesedauer: 4 min

Immer neue Vorwürfe kommen ans Licht im Skandal um die Intendantin des öffentlich-rechtlichen Senders RBB. Ein Überblick über die „Affäre Schlesinger” in Fragen und Antworten.
Veröffentlicht:31.07.2022, 17:50

Von:
  • Benjamin Lassiwe
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Wer ist Patricia Schlesinger?

Patricia Schlesinger ist seit 2016 Intendantin des RBB und seit diesem Jahr zugleich auch Vorsitzende der ARD, dem Zusammenschluss der regionalen Anstalten wie NDR, WDR, BR und so weiter. Vor ihrer Berufung zur Intendantin arbeitete sie beim NDR und war dort Leiterin des Programmbereichs Kultur und Dokumentation. Nach Aussage der RBB-Rundfunkratsvorsitzenden Friederike von Kirchbach hatte man sich seinerzeit für Schlesinger als Intendantin entschieden, um vor allem das vergleichsweise reichweitenschwache Fernsehprogramm des RBB aufzuwerten. Dies brachte jedoch bislang keinen Erfolg: Die Quoten des RBB sind oftmals immer noch schlechter als die anderer öffentlich-rechtlicher Sender. Dennoch hatte der RBB-Verwaltungsrat kürzlich das Gehalt von Schlesinger auf jährlich 303.000 Euro angehoben, was einem Plus von 16 Prozent entspricht.

Was hat es mit der „Berateraffäre“ auf sich?

Der RBB plant den Bau eines neuen digitalen Medienhauses. Das Magazin „Business Insider“ wirft Schlesinger vor, dass der Vorsitzende des RBB-Verwaltungsrates, Wolf-Dieter Wolf, in seiner mittlerweile niedergelegten Funktion als Aufsichtsratschef der Messe Berlin dem Gatten von Patricia Schlesinger lukrative Beraterverträge zukommen ließ. Zugleich soll der RBB Berater aus dem Umfeld von Wolf für den Bau des Medienhauses herangezogen haben. Mittlerweile wurde zudem bekannt, dass die Kosten für das digitale Medienhaus in den letzten Jahren von 60 auf rund 150 Millionen Euro explodiert sind und auch die Betriebsrentenkasse des RBB für die Finanzierung herangezogen werden sollte.

Was hat es mit den Abendessen in Schlesingers Privatwohnung auf sich?

Schlesinger hat nach eigener Aussage insgesamt neun Mal Multiplikatoren zum Abendessen in ihre Berliner Wohnung eingeladen. Dabei fielen Bewirtungskosten in Höhe von 23 bis 56 Euro pro Person an, die sie mit ihrem Sender abrechnete. Schlesinger verteidigt die Abendessen in der Privatwohnung damit, dass es anderswo teurer geworden wäre. Rundfunkrats-Chefin Friederike von Kirchbach sagte gegenüber dem Nordkurier, Multiplikatoren zum Essen einzuladen, sei aus ihrer Sicht eine rechtlich mögliche Form, die andernorts auch passiere. Von Kirchbach weiter:. „Aber vielleicht muss man sich auch wirklich fragen, ob im Zeitalter der Transparenz solche Abendessen in einer Privatwohnung noch zeitgemäß sind.“ Wer die Gäste der Abendessen waren, ist bislang nicht bekannt.

Und welche Rolle spielt der Dienstwagen?

Dies ist ein weiteres Bruchstück der Affäre – und ein besonders brisantes: Wenn in Brandenburg in den vergangenen Jahren ein Spitzenpolitiker zurücktreten musste, war das fast immer wegen falsch genutzter Dienstwagen. Deswegen ist es von besonderer Brisanz, wenn „Business Insider“ Schlesinger nun auch noch vorwirft, ihren Dienstwagen zu einem deutlich ermäßigten Preis erhalten zu haben und den Fahrer auch für private Fahrten einzusetzen. Der Sender indes wies die Vorwürfe zurück: Ein Sprecher des RBB erklärte, dass es keine Hinweise auf eine regelwidrige Anschaffung oder Nutzung des Fahrzeugs gebe.

Wie versucht der RBB, die Vorwürfe aufzuklären?

Im Sender beschäftigen sich die interne Revision und die Compliance-Beauftragte mit den Vorwürfen gegen die Intendantin. Zudem ist die Hamburger Rechtsanwaltskanzlei „Lutz Abel“ damit beschäftigt, die Vorwürfe unabhängig aufzuarbeiten. Ein Bericht dieser Kanzlei wird nach Informationen aus dem RBB mittlerweile erst im Oktober erwartet. Die Berliner Staatsanwaltschaft hat unterdessen angekündigt, eine Anzeige der AfD gegen Schlesinger wegen Korruption nicht weiter zu verfolgen, da kein Anfangsverdacht vorliege.

Werden Schlesinger diese Affären ihr Amt kosten?

Das ist noch nicht gesagt. Wenn Patricia Schlesinger nicht von sich aus zurücktritt, könnte sie vom Rundfunkrat abberufen werden. Das Gremium kam zwar bereits am 15. Juli zwar zu einer Sondersitzung zusammen, dort stand die Abberufung Schlesingers aber noch nicht einmal auf der Tagesordnung – das Gremium dringt bislang auf eine sorgfältige und mithin noch länger dauernde Aufklärung der Vorwürfe. Gut möglich, dass der Rundfunkrat sich am Ende mehrheitlich hinter Schlesinger stellt. Ausschlaggebend dürfte sein, wie sich die Affäre in den kommenden Wochen entwickelt und ob noch weitere Vorwürfe ans Licht kommen.

Und wie ist die Stimmung im Sender?

Mies. Viele Mitarbeiter des RBB fühlen sich durch das Verhalten der Intendantin in ihrer Berufsehre gekränkt. Denn das Bild einer Intendantin mit Raffke-Mentalität schadet dem gebührenfinanzierten öffentlich-rechtlichen Rundfunk, der normalerweise viel auf seine Seriosität gibt, ganz massiv. Zwar stellte sich Schlesinger mittlerweile in mehreren internen Gesprächsrunden der Kritik ihrer Mitarbeiter. Neue Fakten und Details allerdings hatte sie dabei nicht im Gepäck.