Gratis Tampons und Binden bald an Brandenburgs Schulen?
Potsdam / Lesedauer: 4 min

„Mal eine indiskrete Frage: Haben Sie heute Morgen alle ihren persönlichen Vorrat an Toilettenpapier eingepackt?“, fragte Sarah Damus. Die Abgeordnete der Grünen stand am Rednerpult des Brandenburger Landtags und schilderte sehr plastisch eine unangenehme Situation. „Nicht dass Sie wieder wie neulich dastehen, als das Papier unverhofft alle war und sie hinter vorgehaltener Hand einen Kollegen fragen mussten, ob er ihnen aushelfen kann. Peinlich!“
Doch in der Debatte des Landesparlaments ging es nicht um Toilettenpapier. Es ging um einen Antrag der Landtagsfraktion BVB/Freie Wähler, die sich für eine kostenfreie Versorgung von Schülerinnen mit Menstruationsprodukten, also Binden und Tampons, einsetzten. Und das Bild der Abgeordneten Damus bezog sich natürlich auf junge Mädchen, die bei ihrer Monatsblutung in einer Schule hilflos sind.
„Problem der Periodenarmut”
„Es gibt das Problem der Periodenarmut“, sagte der Abgeordnete Matthias Stefke, der den Antrag im Parlament vorstellte. „Es gibt wohl nichts Beschämenderes, als wenn Mädchen oder junge Frauen nicht über die nötigen Mittel verfügen, um sich Binden kaufen zu können.“ Am Zulauf der Tafeln im Land könne man sehen, wie sehr die Armut in Brandenburg wachse. Schottland habe die kostenfreie Versorgung mit Binden und Tampons bereits geregelt, in Deutschland und Brandenburg hätten einzelne Kreistage und Kommunen ähnliches beschlossen.
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Bei SPD, CDU, Linken und Grünen stieß der Antrag von BVB/Freie Wähler auf Zustimmung: Ihre Redner sprachen sich sämtlich für die Bereitstellung kostenfreier Binden und Tampons etwa in Schulen aus. Doch es gab da ein Problem: BVB/Freie Wähler sind eine Oppositionsfraktion. Eigentlich plante die Koalition deswegen, den Antrag unter Verweis auf die Zuständigkeit der Kommunen abzulehnen.
AfD warnt vor Kosten für „Planung, Ausschreibung und Montage”
Dann kam die AfD-Rednerin Daniela Oeynhausen an die Reihe. In ihrem Redebeitrag geißelte sie den Antrag als „blanken Populismus“ und warnte vor „Planungskosten, Ausschreibungskosten und Montagekosten“. „Haben Sie einmal überlegt, wie es die Schulen schaffen, Klopapier auf ihre Toiletten zu verteilen?“, fragte die Abgeordnete Carla Kniestedt (Grüne) daraufhin in einer Zwischenfrage. „Das löst bei der AfD Montagekosten aus“, rief der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU, Steeven Bretz, in den Saal.
Und noch während Oeynhausen redete, konnte man beobachten, wie Bretz durch den Saal lief und kurz mit den Rednern der übrigen Koalitionsfraktionen und deren Parlamentarischen Geschäftsführern sprach. Wohl unter dem Eindruck des Auftretens der AfD-Rednerin änderte die Koalition in der laufenden Sitzung ihre Strategie.
Und gleich die nächste Rednerin, Kristy Augustin (CDU), kündigte dann auch an, den Antrag der oppositionellen Freien Wähler in den Bildungsausschuss überweisen zu wollen. „Zuvorderst sind die Kommunen in der Pflicht“, sagte Augustin. „Aber wir wollen es im Ausschuss thematisieren.“
Schließlich hob auch Bildungsministerin Britta Ernst (SPD) die Bedeutung des Themas im Parlament hervor – und machte zusätzlich noch auf Kinder und Jugendliche aufmerksam, die in stationären Einrichtungen lebten und ein Taschengeld erhielten. Es falle unterschiedlich hoch aus – und es sei nicht in Ordnung, dass die Mädchen davon auch noch ihre Binden kaufen müssten. „Die Forderung nach einer vollständigen Übernahme der Kosten durch das Land teile ich nicht“, sagte Ernst. „Aber dass wir da einen Impuls geben, finde ich absolut richtig.“
Freude bei BVB/Freie Wähler
Bei der kleinen Oppositionsfraktion von BVB/Freie Wähler herrschte deswegen am Freitag dann auch große Freude. „Was kann man als Opposition denn mehr erreichen, als dass ein Antrag zu einer ernsthaften Debatte kommt, und eine Übereinstimmung hergestellt wird, dass unser Thema wirklich ein Thema ist“, freute sich Matthias Stefke. Zumindest eine Anhörung zum weiteren Vorgehen dürfte es im Bildungsausschuss nun wohl geben. Und das letzte Wort zum Antrag der Freien Wähler ist auf jeden Fall noch nicht gesprochen.