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DDR-Fettnäpfchen

„Schild und Schwert“ – Zieht Habeck hier einen Stasivergleich?

Berlin / Lesedauer: 2 min

Eigentlich ging es um die Ehrung einer Filmorganisation. Doch beim Grußwort zog Wirtschaftsminister Habeck einen Vergleich, der aufhorchen lässt. War ihm bewusst, was er da sagte? 
Veröffentlicht:16.11.2023, 13:43

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Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sieht in Dokumentarfilmen und Reportagen einen wichtigen Beitrag für den Erhalt der Demokratie. Der Teil der Filmwirtschaft, der Aufklärerisches leiste, sei eine Säule der liberalen Demokratie, sagte Habeck zum 100. Jubiläum der Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO) am Mittwochabend im Berliner Cubix-Filmpalast am Alexanderplatz. Aufklärerische Filme seien „Schwert und Schild der liberalen Demokratie, um Fake News und Lüge zu unterscheiden von dem, was als gesicherte Erkenntnis gilt“.

Stasi als Schild und Schwert der Partei

Mit diesem Vergleich bedient sich Habeck allerdings kruder DDR-Symbolik. Das Ministerium für Staatssicherheit (Stasi) bezeichnete sich selbst als "Schild und Schwert" der Partei. Es sorgte dafür, dass Bürger der DDR stellenweise bespitzelt und drangsaliert wurden, wie auf der Website des Dokumentationszentrums Berliner Mauer nachzulesen ist.

Ob dem Minister dieser DDR-Vergleich bewusst gewesen war, ist unklar. Eine Nordkurier-Anfrage beim Bundeswirtschaftsministerium dazu blieb bislang unbeantwortet.

Die umstrittene Begrifflichkeit ist aber auch bei Neonazis beliebt: Ein rechtsextremes NPD-Festival wurde unter dem Namen "Schild und Schwert" im sächsischen Ostritz 2018 und 2019 ausgerichtet.

In seinem Grußwort ging Habeck auch auf fiktionale Stoffe ein. Denn auch dieser Bereich präge im besten Fall den gesellschaftlichen Diskurs über den Unterhaltungswert hinaus, betonte der Vizekanzler. Kunstschaffende und Kreative seien ein entscheidender Bestandteil der Wirtschaft in Deutschland. Im engeren Kreis der Filmwirtschaft arbeiteten deutschlandweit 120.000 Menschen. Der jährliche Umsatz, den sie erwirtschafteten, betrage 8,6 Milliarden Euro, sagte Habeck.

Die SPIO wurde laut eigenen Angaben 1923 als Dachverband der Produktions-, Verleih- und Kinowirtschaft in Berlin gegründet. Sie vertritt 16 Berufsverbände der Sparten Filmproduktion, Filmverleih, Filmtheater und Audiovisuelle Medien. Sie ist auch Gründerin der filmwirtschaftlichen Selbstkontrolle, die für die FSK-Altersangaben bekannt ist. Es gibt aber auch Vorwürfe, dass der Verband die Nazi-Verstrickungen von Funktionären und Preisträgern nicht aufgearbeitet haben soll.

Neben Habeck sprachen bei dem Festakt anlässlich des 100. Jubiläums auch Kulturstaatsministerin Claudia Roth und Schauspielerin und Regisseurin Maria Schrader ("She Said").