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PCK Schwedt

Rettet Kasachstan jetzt die Autofahrer im Osten?

Schwedt/Berlin / Lesedauer: 3 min

Immer weniger Öl kommt an der Raffinerie in Schwedt an. Könnte Kasachstan als Öllieferant eventuell in Schwedt einsteigen? Ein Ex–Finanzminister will Antworten.
Veröffentlicht:28.02.2023, 05:55

Von:
  • Andreas Becker
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Bis vor einem Jahr war alles ganz einfach — Russland lieferte zuverlässig und preisgünstig Öl, der PCK an der polnisch–brandenburgischen Grenze ging es gut, die Gewinne sollen laut Insidern satt gewesen sein. Doch mit Kriegsbeginn in der Ukraine und dem daraus unter anderem erfolgten freiwilligen Importstopp Deutschlands für russisches Öl musste sich die Raffinerie neue Lieferanten suchen. Das aber ist aufgrund von „politischen Fingerhakeleien“ gar nicht so einfach, wie Christian Görke es am Montag aus berufenem Mund formulierte. 

Raffinerie versorgt große Teile Ostdeutschlands

Denn der ehemalige Finanzminister Brandenburgs und heutige Bundestagsabgeordnete der Linksfraktion war in der vergangenen Woche mit einer parlamentarischen Gruppe in Kasachstan – und wollte sich vor Ort anschauen, ob das riesige Land im mittleren Teil Asiens nicht ein neuer zuverlässiger Lieferant für Schwedt mit der „modernsten Ölraffinerie Europas“ werden könnte. Die PCK–Raffinerie in Schwedt versorgt zu 95 Prozent die Räume Berlin und Brandenburg mit Kraftstoffen, also Benzin, Diesel, Flugturbinenkraftstoff und Heizöl. 

In Angriffslaune: Der Bundestagsabgeordnete Christian Görke (Linke) will Kontakte nach Kasachstan aufbauen, um die Raffinerie in Brandenburg zu retten. (Foto: Julian Stähle)

Hintergrund einer möglichen Partnerschaft Deutschlands mit Kasachstan: Derzeit ist eine Probelieferung aus dem asiatischen Land nach Schwedt unterwegs, mit der getestet werden soll, ob Infrastruktur und Logistik überhaupt für den Transport ausreichen. Das Problem: Die Lieferung umfasst nur 20.000 Tonnen Öl – ein Tropfen auf den heißen Stein. Zum Vergleich: Als die Geschäfte mit Russland noch reibungslos liefen, kamen laut Görke mehrere Million Tonnen Öl in Schwedt an. 

Irritation über Vize–Kanzler Habeck

Und es gibt noch ein großes Problem: „Bei meinen Gespräch mit hochrangigen Vertretern der kasachischen Regierung habe ich die Verwunderung bei meinen Gastgebern gespürt, warum sich die Führung des von Robert Habeck verantworteten Bundeswirtschaftsministeriums in Kasachstan noch nicht habe blicken lassen, um in ernsthafte Verhandlungen über Öllieferungen einzusteigen“, sagte Görke. Auch Staatssekretär Michael Kellner – in der Uckermark beheimatet – sei noch nicht in Kasachstan gewesen, forderte der Linke–Bundestagsabgeordnete schnelle Gespräche mit dem Land, um die Zukunft von PCK und damit die Versorgungssicherheit in Deutschland zu gewährleisten. 

Schließlich schlafe die Konkurrenz nicht – Öl sei nicht nur in Deutschland nach den wirtschaftlichen Sanktionen gegen Russland begehrt. Zumal Kasachstan offenbar bereit sei, eine zusätzliche Menge von sieben Millionen Tonnen nach Europa zu liefern. „Mit einer solchen Menge wäre Schwedt gesichert“, meinte Görke und machte deutlich, dass auch Ungarn und die Slowakei ein Auge auf das kasachische Öl geworfen hätten. Aber, so sei ihm in Kasachstan signalisiert worden: „Wer wie Deutschland bisher keine nennenswerten Mengen an Öl bestellt hat, kann auch keine größeren Mengen an Öl bekommen“, zitierte Görke einen kasachischen Regierungsvertreter aus der Hauptstadt Astana.

Linken–Politiker fordert: Raffinerie verstaatlichen

Laut Görke seien die Kasachen auch verunsichert, da die Gesellschafterstruktur bei PCK derzeit eher ungeklärt sei. So soll der 37,5–prozentige–Anteil, den Shell an Schwedt hält, verkauft werden. Den größten PCK–Teilhaber, den Mehrheitsanteilseigner Rosneft Deutschland, der 54 Prozent der Raffinerie hält, hatte die Bundesregierung schon nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine kalt gestellt — indem die Deutschland–Tochter des russischen Ölkonzerns Rosneft mit ihrer PCK–Beteiligung unter die Treuhandverwaltung der Bundesnetzagentur gestellt worden war.

„Um Klarheit bei den Gesellschaftern zu schaffen, sollte der Bund dauerhaft bei PCK einsteigen“, forderte der Politiker aus Brandenburg. Das wäre ein starkes Signal an die Lieferanten und ein Zeichen für Stabilität. An die Adresse von Habeck, Kellner und Co. gerichtet, fand Görke unmissverständliche Worte: „Im Mai vergangenen Jahres wurde von der Bundesregierung der Beschluss gefasst, zum 1. Januar 2023 auf Öl aus Russland zu verzichten. Bisher ist der Öl–Verlust nicht kompensiert worden – das muss sich ändern."