Frieden statt Krieg
SPD-Ministerin redet Klartext über deutsche Ukraine-Politik
Potsdam / Lesedauer: 4 min

Benjamin Lassiwe
Brandenburgs Finanzministerin Katrin Lange (SPD) wünscht sich einen schnellen Frieden in der Ukraine. „Man sollte keine Möglichkeit verstreichen lassen, diesen Konflikt zu akzeptablen Bedingungen für die Ukraine doch noch beizulegen“, sagte die SPD-Politikerin am Mittwoch im Potsdamer Landtag. „Die Alternative ist ein jahrelanger Krieg mit der steten Gefahr einer weiteren Eskalation und Ausweitung.“
Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenskij hatte allerdings in der Vergangenheit mehrfach klargemacht, dass aus Sicht der Ukraine ein Frieden mit einem von Wladimir Putin geführten Russland nicht akzeptabel sei und der Anspruch seines Landes die Rückeroberung aller von Russland besetzten Territorien inklusive der Krim sei.
Kritik an der Politik des eigenen Bundeskanzlers – und der Grünen
Deutliche Kritik übte die stellvertretende SPD-Landesvorsitzende Lange an der von dem aus ihrem eigenen Landesverband stammenden Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) geführten Bundesregierung, etwa an Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), der auf Twitter davon schrieb, dass man sich bereits im Krieg mit Putin befinde. „Wenn das mit diesem losen Gerede so weitergeht, könnte das schneller eintreten, als man in Katar und Saudi-Arabien ,werteorientierte Außenpolitik‘ sagen kann“, sagte Lange unter Bezug auf ein Schlagwort von Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) und die Gasverhandlungen von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) in den arabischen Staaten.
Aber wie kam es überhaupt zu derartigen Ausführungen der Frau, die eigentlich für Brandenburgs Landesfinanzen verantwortlich ist? Am Mittwoch beriet der Landtag in erster Lesung über den Doppelhaushalt der Jahre 2023 und 2024. Er hat ein Volumen von rund 31 Milliarden Euro. Rund 1200 Stellen sollen neu geschaffen werden: für Lehrer, die Polizei, den Landesbetrieb Straßenwesen oder die Liegenschaftsverwaltung. „Die Gesamtstellenzahl der Landesverwaltung wird damit bis Ende 2024 auf knapp 52 000 wachsen“, sagte Lange in ihrer Haushaltsrede.
„Doppelhaushalt plus X”
Überschattet aber wird der Etat von den aktuellen Entwicklungen in der Ukraine und bei Corona: Während der Haushaltsberatungen will die Koalition noch den am Montag dieser Woche vorgestellten, sogenannten „Brandenburg-Pakt“ in den Haushalt einarbeiten. Dabei handelt es sich um die Aufnahme von Krediten in Höhe von rund zwei Milliarden Euro, um die Rettungsschirme des Bundes abzufedern. „Insofern haben wir es also zu tun mit einem Doppelhaushalt plus X“, sagte Lange. „Wir wissen nicht, wie die Dinge sich noch weiterentwickeln, was Rezessionsgefahr, Pandemie, Inflation, Energiekrise und internationale Kriegs- und Krisenherde anbetrifft.“
Für das Brandenburg-Paket habe sie deswegen ursprünglich auch eine Kreditaufnahme von fünf Milliarden Euro und nicht nur zwei Milliarden Euro vorgeschlagen.
AfD-Mann fühlt sich an DDR-Zeiten erinnert
Der Vorsitzende der größten Oppositionsfraktion, Hans-Christoph Berndt (AfD), warf der Regierung vor, „keine Antworten auf die wachsenden Nöte der Menschen im Land“ zu haben. Das Vorgehen der Landesregierung beim Aufstellen des Haushalts erinnere an den Stil von Günter Mittag. Der SED-Funktionär war zu DDR-Zeiten für die Umsetzung der Planwirtschaft zuständig.
Der Finanzministerin indes bescheinigte Berndt ein „Realitätsbewusstsein“, das ihren Kabinettskollegen fehle. Scharfe Kritik an der Haushaltsaufstellung kam auch vom heimlichen Oppositionsführer, Sebastian Walter (Linke): Es sei „eine Frechheit, einen Haushalt vorzulegen, in dem Sie an keiner Stelle auf die Preiskrise reagieren“, warf Walter dem Regierungslager vor. „Das hilft den Menschen ganz konkret nicht.“ Konkret kritisierte Walter Kürzungen bei den Schuldnerberatungen, den Verzicht des Landes auf Zuschüsse bei den Tafeln und den fehlenden Weiterbetrieb der Regionalbahnlinie 63. „Sie hängen weiter ganze Regionen ab.“
Dagegen sagte CDU-Fraktionschef Jan Redmann, Brandenburg wappne sich für eine Zeit, die nicht ganz einfach werde. „Brandenburg wappnet sich, um die Frauen und Kinder aus der Ukraine zu unterstützen“, so Redmann. Das Land sorge vor, um das Energieangebot noch rechtzeitig auszuweiten. Er folgerte: „Keine Sekunde zu früh wird uns bewusst, wie verletzlich wir sind.“ Dennoch habe der neue Landeshaushalt eine nie erreichte Deckungsquote von 70 Prozent. Katrin Lange habe mit dem Haushalt zum Glück gezeigt, dass sie nicht nur „keine Sparmarie“, sondern auch keine „Inflations-Kati“ sei.