Migration

Tausende weitere Unterbringungsplätze für Geflüchtete fehlen

Berlin / Lesedauer: 3 min

Berlin braucht dringend weitere Unterbringungsmöglichkeiten für Geflüchtete, von denen bis Jahresende noch tausende erwartet werden. Die bisherigen Kapazitäten sind ausgeschöpft. Es wird eng.
Veröffentlicht:19.09.2023, 14:05

Von:
  • Deutsche Presse-Agentur
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Bei der Unterbringung von Geflüchteten in Berlin droht schon bald ein Engpass, wenn nicht schnell zusätzliche Plätze geschaffen werden. Die hat der Senat jetzt angekündigt. Unter anderem sollen dafür Hostels und Hotels angemietet und die Kapazitäten in den Unterkünften auf dem Gelände der ehemaligen Flughäfen in Tempelhof und Tegel erweitert werden, sagte Sozial- und Integrationssenatorin Cansel Kiziltepe (SPD) am Dienstag nach einer Sitzung der Senats-Taskforce zur Unterbringung und Integration Geflüchteter.

In Tempelhof sei die Unterbringung von weiteren Geflüchteten in einem der Hangars geplant. Welcher infrage komme, sei noch nicht geklärt. In Tegel sollen weitere Leichtbauhallen mit mehreren hundert Plätzen gebaut werden. „Die Unterbringung in Leichtbauhallen ist natürlich nicht so schön“, sagte Kiziltepe ‐ aber notwendig. Auch an den Standards der Unterbringung seien Einschränkungen nötig. „Wir müssen verdichten, das bedeutet, dass es enger wird.“

Kiziltepe kündigte an, am Freitag werde es zu dem Thema ein Treffen auf Staatssekretärsebene geben. Am Dienstag nächster Woche werde der Senat dann entsprechende Beschlüsse fällen. Der Handlungsdruck hat zugenommen. Seit August sei die Zahl der Geflüchteten deutlich angestiegen.

Unter anderem seien zuletzt deutlich mehr Geflüchtete aus Moldau, aber auch aus der Türkei, insbesondere aus den Erdbebengebieten nach Berlin gekommen. Bis Jahresende müssten die Kapazitäten so angepasst werden, dass weitere 3000 bis 4000 Menschen untergebracht werden könnten, sagte Kiziltepe.

Das Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) schätzt die Entwicklung ähnlich ein. „Die Kapazität in den Unterkünften liegt quasi bei null“, teilte LAF-Sprecher Sascha Langenbach der Deutschen Presse-Agentur auf Anfrage mit. „Es stehen noch 274 Plätze in Gemeinschaftsunterkünften zur Verfügung.“ Auch im September seien die Ankunftszahlen bisher sehr hoch und mit den zur Verfügung stehenden Plätzen nicht in Korrelation zu bringen.

In den Monaten von Januar bis August haben 9936 Personen Asyl in Berlin gesucht. Im Vorjahreszeitraum waren es nach LAF-Daten rund 3000 weniger. Allein in den beiden vergangenen Monaten Juli und August sind 1506 beziehungsweise 1869 Asylsuchende nach Berlin gekommen. Hauptherkunftsländer sind Syrien, die Türkei, Afghanistan, Georgien und Moldau. Gleichzeitig kamen von Januar bis August etwa 11.000 Menschen aus der Ukraine nach Berlin ‐ zusammen also rund 21.000. Die Unterbringung der Geflüchteten sei eine der großen Herausforderungen unserer Zeit, sagte Kiziltepe.

Berlins CDU-Fraktionsvorsitzender Dirk Stettner forderte weitreichende Konsequenzen. „Alle Unterbringungsmöglichkeiten für Flüchtlinge im Land Berlin sind am Limit“, sagte er am Dienstag. Zur Realität gehöre die Erkenntnis, dass die Zahl der ankommenden Menschen, wenn nicht europaweit, dann doch bundesweit eingedämmt werden müsse.

„Das bedeutet, dass wir Abschiebungen noch konsequenter und wieder verstärkt Kontrollen an unseren Grenzen durchführen müssen“, sagte Stettner. „Wer keine Bleibeperspektive hat, sollte möglichst gar nicht erst in Deutschland landen.“

Das Problem könne nur die Bundesregierung an der Ursache packen, Berlin nur die Symptome behandeln. „Wenn wir Zustände wie 2015/2016 verhindern wollen, müssen wir unverzüglich anpacken“, forderte der CDU-Politiker.

Der Flüchtlingsrat kritisierte, es gebe bei der Unterbringung auf dem Gelände des früheren Flughafens Tegel katastrophale Zustände. Frauen aus der Ukraine hätten sich in Beschwerdebriefen an den Betreiber, das Deutsche Rote Kreuz, und die Sozialsenatorin gewandt. Der Flüchtlingsrat teilte mit, er fordere, die „menschenunwürdige, nach außen strikt abgeschottete und extrem teure“ Massenunterkunft Tegel schnellstmöglich zu schließen. Der Zugang Geflüchteter zu Wohnungen solle Priorität haben.