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Untersuchungsausschuss

Frage-Verbote sorgen für Ärger in Corona-Ausschuss

Potsdam / Lesedauer: 5 min

Der Ausschuss-Vorsitzende hat mehrere Gründe, um Fragen abzulehnen. Bei manchen weist er etwa die Frau von Olaf Scholz darauf hin, dass sie nicht antworten müsse.
Veröffentlicht:18.10.2023, 16:38

Von:
  • Philippe Debionne
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Im Corona-Untersuchungsausschuss kam es bei der jüngsten Sitzung zu teils hitzigen Wortgefechten und Diskussionen zwischen fragenden Abgeordneten und dem Ausschuss-Vorsitzenden Danny Eichelbaum (CDU). Der Grund: Eichelbaum wies zahlreiche Fragen der Abgeordneten als "unzulässig" ab.

Nur Fragen mit Brandenburg-Bezug erlaubt

Zu Beginn der Sitzung sagte er: "Wir untersuchen hier nicht bundespolitische Sachen." Es gehe einzig und allein um mögliche "Unzulänglichkeiten" in der Corona-Zeit in direktem Zusammenhang mit der brandenburgischen Landesregierung.

Fragen müssten daher stets einen Landesbezug zu Brandenburg haben. Zudem verwies Eichelbaum im weiteren Verlauf mehrfach auf die Eingrenzung des Zeitraums, der vom Untersuchungsausschuss behandelt werden dürfe.

Tatsächlich ist sowohl der zeitlich als auch der inhaltliche Rahmen des Untersuchungsausschusses eng gesteckt. Der Ausschuss wurde nach Angaben des Landtages zur "Untersuchung der Krisenpolitik der Landesregierung im Zusammenhang mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 und der Erkrankung COVID-19 (UA Corona 2)" eingesetzt.

Schulschließung und Corona-Verbote auf Bundesebene

Weiter heißt es in der offiziellen Beschreibung: "Dieser (der Ausschuss, Anm. d. Red.) soll das politische Handeln von Landesregierung und Behörden seit Beginn bis zum Einsetzungsbeschluss der 'SARS-CoV-2/COVID-19-Pandemie' untersuchen. Ausgenommen sind Handlungen und Sachverhalte betreffend den Zeitraum vom 20. November 2019 bis zum 23. September 2020, die bereits Untersuchungsgegenstand des Untersuchungsausschusses 7/1 sind."

Allerdings hatten die Abgeordneten und der Ausschussvorsitzende sowie dessen Referenten bei vielen Fragen eine unterschiedliche Meinung darüber, ob die Fragen zulässig waren oder nicht. Wenn es etwa um Maßnahmen wie Schulschließungen oder Corona-Verbote ging, die auf Bundesebene beschlossen, aber eben auch in Brandenburg umgesetzt wurden, galten Fragen dazu meist als „nicht zulässig“. Auch Fragen nach Verdachtsmeldungen auf Impfschäden wurden mit dem Verweis auf den fehlenden expliziten Brandenburg-Bezug nicht zugelassen. 

Leise Hinweise für den Ausschussvorsitzenden

Bei anderen Fragen, die nach Ansicht des Vorsitzes bereits an anderer Stelle beantwortet wurden, wies Danny Eichelbaum die Zeuginnen Britta Ernst (Ex-Ministerin und Frau von Bundeskanzler Olaf Scholz) sowie Brigitte Keller-Stanislawski (zuletzt Abteilungsleiterin Sicherheit von Arzneimitteln und Medizinprodukten am Paul-Ehrlich-Institut PEU) zudem darauf hin, dass sie nicht antworten müssten.

Mehrfach gab Eichelbaum diesen Hinweis, als die befragten Zeuginnen bereits die Stimme zur Antwort erhoben hatten - und dann wieder verstummten. Auf der anderen Seite lehnte Eichelbaum einige Fragen aufgrund eines fehlenden Brandenburgs-Bezugs zwar zunächst ab, wies die Abgeordneten aber dann darauf hin, dass sie ihre Frage geringfügig umformulieren könnten - dann dürften sie auch gestellt werden.

Bei vielen Fragen, die als unzulässig eingestuft wurden, erhielt der Ausschussvorsitzende kurz zuvor und für den Rest des Ausschusses nicht hörbare Hinweise seiner Referentin Dr. Ilona Glowacka. Dabei zeigte Glowacka oftmals auf mit einem Neonmarker markierte Stellen in diversen Unterlagen. Glowacka ist eine von zwei Referenten, die Eichelbaum bei seiner Arbeit als Vorsitzender unterstützen sollen. Sie wurde eigens dafür angestellt. 

Die Einsetzung von Referenten war Teil des Antrags auf Einsetzung des Untersuchungsausschusses. Dieser Antrag wurde auf Bestreben der Landtagspräsidentin Prof. Dr. Ulrike Liedtke anschließend ergänzt und geändert. In dem Änderungsantrag heißt es, dass "auch eine Referentin oder ein Referent mit virologischen, epidemiologischen, medizinischen oder ähnlichen Fachkenntnissen zur Verfügung stehen sollte, um eine optimale Betreuung des Untersuchungsausschusses gewährleisten zu können".

Referentin ist Fachvirologin für medizinische Virologie und Infektionsepidemiologie

Grund dafür sei, dass bereits ein vorheriger Untersuchungsausschuss zur Corona-Thematik "sehr stark von medizinisch-epidemiologischen Fragestellungen geprägt" gewesen sei und sich der aktuelle Ausschuss "mit gleich gelagerten Sachverhalten befassen" werde. Wie auch schon im ersten Ausschuss wurde Frau Dr. Ilonma Glowacka besagte Referentin.

Glowacka ist nach eigenen Angaben Diplombiologin (Hauptfach: Mikrobiologie, Nebenfächer: Virologie, Molekularbiologie) und Fachvirologin für medizinische Virologie und Infektionsepidemiologie. In sozialen Medien markierte sie mehrere Mitteilungen der Biontech SE mit dem sogenannten "Gefällt mir"-Button - etwa als Biontech mitteilte, dass die "bedingte Marktzulassung" für den Biontech-Impfstoff auf "Personen im Alter von 12 bis 15 Jahren ausgeweitet" wurde.

Glowackas Doktorarbeit (Summa cum laude) an der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) trägt den Titel "Bedeutung von Wirtszellproteasen für die Infektion mit dem Severe Acute Respiratory Syndrome-Coronavirus (SARS-CoV)". In der Arbeit dankt Glowacka unter anderem Prof. Dr. Thomas Schulz, dem Direktor des Institutes für an der Medizinischen Hochschule Hannover "für die immer währende Unterstützung".

Schulz war in der Corona-Zeit ein gefragter Experte. So sagte er der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung Mitte März 2022, dass er die geplanten Lockerungen der damals gültigen Corona-Maßnahmen "unkritisch" sehe. Auch die Deutsche Presseagentur (dpa) berichtete.

"Maskenpflicht in Schulen wäre sinnvoll"

Zu den Lockerungen gehörte auch, dass Masken nur noch in Pflegeheimen, Kliniken sowie Bussen und Bahnen vorgeschrieben sollten werden. Das fand Schulz falsch. Dem dpa-Bericht zufolge, der auch in der Zeit erschien, sagte er: "Aus meiner Sicht ist die einzige Maßnahme, die erhalten bleiben sollte, die Maskenpflicht. Sie sollte es weiterhin nicht nur in Bus oder Bahn, sondern auch in Geschäften geben. Sie bietet doch einen guten Schutz vor Ansteckung. Auch in Schulen wäre sie sinnvoll." 

Zudem bedankt sich die jetzige Referentin im aktuellen Corona-Untersuchungsausschuss in ihrer Doktorarbeit "für die Kooperation im SARS-Verbund des BMBF (Bundesministerium für Bildung und Forschung)" sowie "bei der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Christian Drosten".