Demminer Gästehaus Luisentor
„Hotel sozial“ – leider nur für Vereine
Demmin / Lesedauer: 3 min

Thoralf Plath
Jeder Demminer kennt es – von außen. Wie ein Denkmal dunkler Stadtgeschichte stellt es sich der Breitscheid-Straße in den Weg. Ein bisschen auch wie aus der Zeit gefallen, weil ringsum kaum noch Gotisches übrig ist: das Luisentor. Fenster wie Schießscharten, Backsteinrosetten, Staffelgiebel. Mittelalter.
Ab und zu brennt abends Licht in einer der vier Etagen hinter den halbmeterdicken Mauern, dann gucken die Passanten erstaunt hoch, denn meistens steht das Tor leer. Offiziell ist es das „Gästehaus der Hansestadt“, aber so wirklich viele Gäste scheint Demmin nicht beherbergen zu müssen. Wer wohnt da eigentlich so, im alten Stadtgefängnis? Bürgermeister Michael Koch (CDU) hat für uns mal nachgezählt. Im vorigen Jahr waren es genau 118 Personen, wissen wir nun. Und dass diese Personen das Luisentor für 578 Übernachtungen nutzten – „297 davon kostenfrei“. Wie bitte? Manche Gäste der Hansestadt müssen für ihre Einquartierung in der wuchtigen Rathaus-Herberge auch noch blechen?
„Offizielle Gäste übernachten laut Nutzungsordnung natürlich kostenlos“, sagt Koch. Aber das Luisentor könne auf Antrag auch gemeinnützigen Vereine und Verbänden der Stadt für die Unterbringung ihrer Gäste zur Verfügung gestellt werden. „Das ist dann zu bezahlen. Aber mit zehn Euro pro Person und Nacht immer noch sehr sozialverträglich.“
Im vorigen Jahr nutzten der Tischtennisverein und die Ringer diese Gelegenheit für ihre großen Turniere, laut Auskunft der Stadt außerdem die Jungen Europäer, der Speicherverein und die Evangelische Kirchengemeinde. Die Kommune sieht dieses Angebot auch als Förderung der kulturellen und sportlichen Aktivität in Demmin. Viele Vereine könnten sich die Unterbringung von Gästen etwa bei großen Turnieren zu den üblichen Hotelkonditionen nicht leisten.
Wollten hingegen in Ehren ergraute Demminer die Gäste ihrer Goldenen Hochzeit oder Familienfeier einmal kostengünstig in der kommunalen Vierzimmer-Pension mit ihren 24 Betten einquartieren, sie ständen vor verrammelter Tür. „Eine Vermietung an private Dritte ist ausgeschlossen“, sagt der Bürgermeister. (Nutzungs)Ordnung muss sein!
Auch darum ist das für happige 785 000 Euro restaurierte Luisentor für die Kommune unterm Strich ein kräftiges Zuschussgeschäft. Im aktuellen Haushalt sind für die Bewirtschaftung 29 000 Euro eingeplant – auf der Einnahmenseite stehen gerade mal schlappe 1000 Euro aus geplantem Übernachtungsentgelt. Und unsere gotische Stadttor-Datscha wird auch weiterhin den größten Teil des Jahres leer stehen. Wenn auch 2015 wohl öfter mal Licht brennen wird hinter den schmalen Fenstern: Zu den Veranstaltungen des Stadtjubiläums werden viele offizielle Gäste erwartet. Aus den Partnerkommunen etwa.
Doch eine wirtschaftlichere Nutzungsform oder Verpachtung an einen Hotelier bleibt auch weiterhin tabu. „Die 2010 abgeschlossene Komplettsanierung wurde mit Hilfe von Städtebaufördermitteln finanziert“, begründet Rathauschef Koch das. „Aufgrund der entsprechenden Nutzungsbindung wird das Luisentor mindestens bis 2025 als Gästehaus der Stadt weitergenutzt.“