Protest-Aktion
▶ Alt Telliner Proteste gegen Massentierhaltung sollen weitergehen
Alt Tellin / Lesedauer: 4 min

Ulrike Rosenstädt
Es gibt sie noch, die Aktiven, die vor der abgebrannten Schweinezuchtanlage in Alt Tellin jeden Montag gegen Massentierhaltung protestieren.
Während derzeit bei Zusammenkünften auf Marktplätzen und mit Straßensperrungen überall in der Region gegen stetig steigende Lebenshaltungskosten demonstriert wird, halten die Bewohner der Gemeinden Alt Tellin und Daberkow an den Mahnwachen unweit des Eingangs zum ehemaligen Betriebes für Schweinezucht fest.
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„Nur weil die Leute derzeit wegen anderer Themen auf die Straße gehen und ihre Stimme erheben, bedeutet das nicht, dass es die Probleme hier vor unserer Haustür nicht mehr gibt. Das Thema, unsere Kritik gegen Massentierhaltung besteht weiterhin. Wir sind davon überzeugt, dass wir Zeichen setzen müssen”, sagte Leo Kraus.
Mahnwache gegen Massentierhaltung
„Wir sind gegen Massentierhaltung und wollen mit den Mahnwachen natürlich auch ausdrücken, dass wir gegen einen Aufbau der Anlage oder eines anderen Betriebes sind, der die Natur, das gesamte Umfeld hier in der Region erneut schwächt“, so der Aktivist.
Der Kulturschaffende aus Hohenbüssow gehörte am Montagabend zu einer Gruppe von 14 Personen, die sich an der Betriebszufahrt von Europas einst größter Schweinezuchtanlage versammelt hatten. Diese Mahnwachen sind grundsätzlich angemeldet und dauern gut eine Stunde.
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Diese Zeit nutzten die Teilnehmer am Montag, um mit Vertretern des Kreisverbandes Vorpommern-Greifswald der Partei Bündnis 90/Die Grünen ins Gespräch zu kommen. Die waren im Rahmen ihrer Aktivitäten „Grüne Begegnung“ nach Alt Tellin gekommen, um mit den Teilnehmern der Mahnwache ins Gespräch zu kommen.
Vor allem Tom Lichtenthäler, Mitglied des Vorstandes und Vorstandssprecher, nutzte die Gelegenheit, mehr über die Aktivitäten der Bürgerinitiativen und das Leben in der Gemeinde Alt Tellin zu erfahren. Günter Hegewald, der seit Beginn bei den Mahnwachen mit dabei ist, berichtete von den Anfängen, den Erfolgen und auch der Niederlagen, die die Gegner der Zuchtanlage immer wieder einstecken mussten.
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Katastrophe noch lange nicht aufgearbeitet
„Die gipfelten natürlich in der absoluten Katastrophe, denn das, wovor immer gewarnt wurde, nämlich, dass der Brandschutz in dem Betrieb nicht gewährleistet ist, ist dann tatsächlich eingetreten“, verwies Leo Kraus auf die verheerende Brandkatastrophe im Jahr 2021.
Über 50 000 Tiere starben qualvoll. Das Feuer zerstörte die Anlage fast vollständig. Dieses Ereignis sei noch lange nicht verarbeitet und schon gar nicht in Vergessenheit geraten. „Auch deshalb ist es wichtig, dass wir nach wie vor mit der montäglichen Mahnwache Zeichen setzen“, ist der Hohenbüssower überzeugt.
Video-Reportage in Alt Tellin (11:17 Min):
Wietzowerin häkelt aus Protest
Die Wietzowerin Kathrin Weisbarth, die ebenfalls seit einigen Jahren bei Wind und Wetter montags bei den Mahnwachen dabei ist, hat sich auf ihre ganz eigene Art mit dem Großbrand auseinandergesetzt, indem sie kleine rosafarbene Schweine gehäkelt hat: Am Montag präsentierte sie diese auf einem Tisch.
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Mit einem Plakat erklärte sie zudem diese Symbolik: „Ein Schwein steht für 1000 verbrannte Schweine“. Wochenlang habe sie fast täglich eines dieser kleinen Figuren hergestellt.
„Bei dieser Handarbeit habe ich mich einerseits mit dem Thema Brandkatastrophe auseinandergesetzt. Andererseits habe ich mich mit vielen Fragen beschäftigt, etwa wie meine Familie und Freunde mit dem Thema Massentierhaltung umgehen und wie es den ihr nahestehenden Menschen wohl geht, wenn sie weiterhin Fleisch verzehren.“
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Am Ende der Aktion traten die Grünen mit einer Menge an Eindrücken, zahlreichen Fakten, die ihr Wissen über die einstige Großzuchtanlage in Alt Tellin möglicherweise komplettierten, ihren Heimweg an.
Leo Kraus wertete ihren Besuch als eine Interessenbekundung. „Das ist gut so. Das Thema Massentierhaltung darf nicht untergehen auch nicht in diesen Tagen, in denen es viel Protest wegen anderer Probleme gibt.“