Einwohnerversammlung
Alt Telliner treffen sich – es geht nicht nur um die Ferkelfabrik
Alt Tellin / Lesedauer: 4 min

Stefan Hoeft
Trotz Mustersatzungen und Abstimmungen miteinander unterscheiden sich die Kommunen im Amtsbereich Jarmen-Tutow auch bei so einigen Formalitäten und demokratischen Verfahrensweisen deutlich voneinander. Ein Beispiel dafür sind die Hauptsatzungen, die zwar inzwischen allesamt auch das Einberufen von Einwohnerversammlungen enthalten. Doch während das Ganze bei den Gemeinden Bentzin, Kruckow und Tutow eine Kann-Bestimmung darstellt, kommt der entsprechende Passus in Alt Tellin, Daberkow und Völschow mittlerweile als Verpflichtung daher. „Die Bürgermeisterin oder der Bürgermeister beruft durch öffentliche Bekanntmachung mindestens einmal im Jahr eine Versammlung der Einwohnerinnen und Einwohner der Gemeinde ein. Die Einwohnerversammlung kann auch begrenzt auf Ortsteile durchgeführt werden“, heißt es bei ihnen unter dem Paragrafen für „Rechte der Einwohner“, in Völschow sogar schon seit 2015.
Doch während die Bestimmungen über diese demokratische Mitgestaltungsform dort eher lax gehandhabt werden und es solche Runden im benachbarten Daberkow und seinen Ortsteilen wiederum eher auf Zuruf und zuletzt durchaus häufiger gab, waren sie im Alt Telliner Wahlkampf ein heiß diskutiertes Thema und damit verbunden Gegenstand von Vorwürfen an den alten und nun auch neuen Bürgermeister Frank Karstädt. Während der nämlich wenig Sinn für feste Terminierungen zu solchen Zusammenkünften ohne konkreten Anlass beziehungsweise drängende Themen sehen wollte, pochte insbesondere die Wählergemeinschaft „Bürgerbündnis Landleben-Tollensetal“ auf die häufigere Nutzung dieses Instruments.
Neue Abgeordneten-Riege hat Turnus festgeschrieben
Bisher nämlich gab es solche Versammlungen selbst in dieser Kommune, die mit ihren teils äußerst unterschiedlich strukturierten Dörfern in der Region seit jeher als die an Debatten vielfältigste gilt, nur selten. Wie etwa Ende der 1990er-Jahre um die Dorfstraße in Hohenbüssow oder 2006 zur Zukunft der ehemaligen Deponie Siedenbüssow. Später war dann mal zu einer großen Runde eingeladen, als die Planungen zur Errichtung von Europas größter Schweinezuchtanlage auf einen Höhepunkt zusteuerten und zuletzt, als es um die Vorstellung der Pläne der neuen Broocker Schlossherren ging. Mit der veränderten und im Oktober 2019 in Kraft getretenen Hauptsatzung indes wurde von der neuen Abgeordneten-Riege auch der besagte jährliche Turnus festgeschrieben. Nur dass zwischenzeitlich die Corona-Pandemie solche Zielstellungen gehörig torpedierte.
Nach der relativen Entspannung der Seuchenlage scheint vielen Befürwortern eine weitere Aussetzung 2021 hingegen nicht geboten, im Gegenteil. Buchstäblich befeuert durch die Brandkatastrophe bei der Schweinezucht Alt Tellin Ende März und das anschließende Verhalten der Behörden wird schon seit mehreren Monaten innerhalb der Kommune ein entsprechender Termin gefordert, weil offenbar eine Menge Redebedarf besteht. Wobei Bürgermeister Frank Karstädt wiederholt auf bisher nur unzureichende amtliche Informationen zur Ursache für die Katastrophe und möglichen Zukunftsplänen für den Standort verwies – es also eigentlich noch keine belastbare Diskussionsgrundlage gebe. Nachdem klar geworden ist, dass bis dahin noch etliche weitere Monate ins Land gehen dürften, entschied er sich aber nun doch für einen vorherigen Termin.
Historische Reitstall als Austragungsort
Der soll an diesem Donnerstag, dem 21. Oktober, ab 17 Uhr über die Bühne gehen. Gedacht für die Einwohner aller sieben Ortsteile, mit dem Gemeindeoberhaupt und allen Abgeordneten als Ansprechpartnern. Als den Hygienevorschriften genügender Versammlungsort wurde in Absprache mit den Eigentümern der historische Reitstall in Broock auserkoren.
Zwar steht die Runde nicht unter einem speziellen Schwerpunkt, doch offensichtlich gibt es über die Ferkelfabrik hinaus genügend Themen für den Austausch, wie erste Wortmeldungen im Vorfeld zeigen. So dürften die fehlenden Radwege und der marode Zustand der Kreisstraße durch Broock auf den Tisch kommen. Ebenso wie Fragen nach der Verteilung von Ausgleichspflanzungen innerhalb der Kommune, der Wunsch nach einem eigenen Gemeindehaus und Sanierungsmöglichkeiten für die Feuerwehr. Überdies wollen einige Teilnehmer wohl über die ökologische Landwirtschaft in der Region und das Anlegen von Blühstreifen um die Orte reden.