Überlastetes Personal
Apotheker protestieren gegen Honorarkürzungen
Demmin / Lesedauer: 4 min

Christine Gerhard
An einem deutschlandweiten Apothekerstreik beteiligen sich auch die Muhrbeck- und die Löwenapotheke in Demmin. Beide schränkten ihren Betrieb ab 12 Uhr ein. In der Löwen-Apotheke bleibt aber auch am Nachmittag noch eine Kasse für den Notdienst geöffnet. Außerdem sind Inhaberin Claudia Semlow und eine Mitarbeiterin zugegen, um mit den Kunden über die Hintergründe des Streiks ins Gespräch zu kommen.
Mit der Einschränkung ihrer Arbeit protestieren Apotheker vielerorts gegen die geplanten Honorarkürzungen. Denn um die gesetzliche Krankenversicherung zu stabilisieren, will der Bund den Rabatt für rezeptpflichtige Medikamente zugunsten der Krankenkassen erhöhen. Für die Apotheken selbst bleibt dadurch noch weniger übrig.
Unvorstellber viel Bürokratie
Claudia Semlow und viele andere in der Branche können das nicht verstehen. Seit über zehn Jahren habe es keine Honorarerhöhung mehr gegeben, jetzt solle sogar gekürzt werden. Und das, obwohl das Personal seit Jahren stark überlastet sei. „Wir haben aktuell sehr viel mit der Arzneimittelbeschaffung zu tun, weil viele Medikamente nicht lieferbar sind, müssen also die Mangellage verwalten. Zusätzlich haben wir unvorstellbar viel Bürokratie überbordet bekommen”, erklärt Semlow. „In den letzten zwei Jahren haben die Apotheker nur geackert.” Dabei hätten auch sie mit Corona-Ausfällen zu kämpfen gehabt. Für diesen Einsatz müsse das Personal vernünftig bezahlt und eigentlich sogar aufgestockt werden, um die viele Arbeit zu schaffen. „Aber es ist wenig Personal auf dem Markt”, weiß Claudia Semlow.
Die anderen Apotheken in Demmin beteiligen sich nicht an dem Streik. „Wir hatten keine Zeit darüber nachzudenken, sonst hätten wir mitgemacht”, so Martin Wetzel von der Demminer Pommern-Apotheke. Bei einer nächsten Runde kämen sicherlich noch viele weitere Apotheken hinzu. „Es ist wichtig, auf die Situation aufmerksam zu machen”, so Wetzel. „Es wird immer gesagt, den Apothekern geht es gut aber das Klischee stimmt schon seit zehn, 15 Jahren nicht mehr.”
Ein bisschen kurzfristig
Das bestätigt auch Jette Stahl von der Schweden-Apotheke in Stavenhagen, deren Inhaber Arne Sandström eine weitere Filiale in Rosenow betreibt. „Dass die Apotheken viel haben, ist ein Irrglaube und wir bekommen immer weniger, während wir gleichzeitig immer mehr zusätzlich für den Staat leisten müssen”, erklärt die Apothekerin und verweist etwa auf Corona-Impfungen und Tests. „Wie soll mein Chef mich bezahlen, wenn immer weiter gekürzt wird?”
Bei dem Streik nehmen Sandströms Apotheken diesmal zwar noch nicht teil. „Es war ein bisschen kurzfristig das umzusetzen, wir hätten gerne Infomaterial für die Kunden bereitgestellt, zum Beispiel eine Liste der Medikamente, die zurzeit nicht lieferbar sind”, so Stahl. Bei künftigen Streiks wolle man sich aber beteiligen.
Mit Flyern aufmerksam machen
Thomas Budde von der Bären-Apotheke in Altentreptow geht dagegen einen anderen Weg, um auf die Lage seines Berufsstands aufmerksam zu machen. „Wir betreiben Landapotheken und es wäre schwierig und ein Schlag ins Gesicht unserer treuen Kunden, diese zu schließen”, meint er. Stattdessen legte er Flyer aus, um über die aktuelle Situation zu informieren. „Alles ist teurer geworden, aber wir haben keinen Inflationsausgleich bekommen. Hinsichtlich der Preisentwicklung ist es noch wie vor acht Jahren, die Ausgaben sind aber gestiegen. Wir haben uns zum Beispiel alle zwei Jahre an Tarifanpassungen beteiligt”, so Budde.
Trotzdem habe es von den Verbänden und Kammern in MV anders als in anderen Bundesländern bislang keinen Aufruf zum Streik gegeben, kritisieren Wetzel und Semlow. Dietmar Bigeschke von der Demminer Greif-Apotheke zweifelt auch, ob eine Streikaktion viel nütze. „Von Seiten der Verbände und Kammern müsste Druck auf die Politik gemacht werden”, meint er. Der Kritik der Streikenden schloss er sich aber dennoch an.
Durch die neuen Abschläge würden der Apotheke zwischen 500 und weit über 1000 Euro monatlich abgezogen. Da stelle sich vielen auf lange Sicht wohl die Frage, „ob es sich noch lohnt.” Langfristig meint er, solle darauf eingewirkt werden, dass eigenbetriebene Apotheken von großen Ketten abgelöst werden.
Die Honorarkürzung soll am Donnerstag (20. Oktober) im Bundestag beschlossen werden.