Aus Angst kein Notruf gewählt – Brand lässt Feuerwehrmann nicht los
Heydenhof / Lesedauer: 4 min

Stefan Hoeft
Der Kruckower Gemeindewehrführer Ricardo Kobernuhs wollte anfangs kaum glauben, was da seine Augen zu sehen und Ohren zu hören bekamen, als er am späten Dienstagabend ein Einfamilienhaus im Ortsteil Heydenhof betrat. Dessen Küchenzeile in dem völlig verrauchten Gebäude war sozusagen ausgebrannt, der ganze Raum rußgeschwärzt, die Kunststoff-Lampenteile an der Decke von der Wärme zerschmolzen und der Putz durch die Hitzeentwicklung teilweise abgeplatzt.
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Doch niemand von vor Ort hatte einen Notruf abgesetzt oder auf andere Weise die Löschtruppe informiert. Das bewerkstelligte erst der von den Besitzerin „wegen eines Kabelbrandes” herbei gerufene Elektromeister. Selbst Mitglied einer Feuerwehr, löste er nach einem kurzen Blick in in die Runde Alarm bei der Leitstelle aus, die dann gegen 21.15 Uhr die Feuerwehr Kruckow-Schmarsow samt der Löschgruppe Alt Tellin ausrücken ließ.
„Das hätte richtig schlimm enden können”
Sie rollte mit mehreren Fahrzeugen und insgesamt 19 Kräften an, musste aber nichts mehr löschen, so der Kommandant. Seine Leute trugen die verschmorten Möbel vors Haus, während mit der Wärmebildkamera nach verbliebenen Glutnestern gefahndet wurde. Der Küchenraum sei noch immer sehr heiß gewesen und angesichts des Rauches kam nur ein Vorgehen unter Atemschutz in Frage. Für ihn würde das Haus erstmal als unbewohnbar gelten, meinte Ricardo Kobernuh, der mit seiner Truppe zirka 23.30 Uhr wieder abrückte.
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„Aber das hätte richtig schlimm enden können”, weiß der Wehrführer, den dieser Einsatz weit bis in den Mittwoch hinein nicht losließ. „Ich habe die ganze Nacht deshalb nicht schlafen können”, erklärte er dem Nordkurier. Denn statt den Notruf zu wählen habe die dort wohnende alte Frau zusammen mit zwei Männern aus der Nachbarschaft die Brandbekämpfung aufgenommen – den Schilderungen zufolge rund zwanzig Minuten lang, mit Feuerlöscher und Wassereimern. Natürlich sei er den Ersthelfern für ihren Einsatz sehr dankbar, und sie konnten das Übergreifen der Flammen ja tatsächlich verhindern. „Doch was, wenn das nicht geklappt hätte? Dann hätte uns diese ganze Zeit gefehlt und es wäre vielleicht alles komplett abgebrannt.”
Gefahren für eigene Gesundheit nicht unterschätzen
Von den Gefahren für die eigene Gesundheit der Leute ganz zu schweigen, die für einen Löscheinsatz unter so großer Hitze- und Rauchentwicklung überhaupt nicht adäquat ausgerüstet sind. Eigentlich war das schon fast so etwas wie ein Himmelfahrtskommando, auf dass sich die drei Heydenhöfer am Dienstagabend einließen. „Bei so etwas muss man die Profis ranlassen”, machte der Wehrführer klar. Nicht umsonst rief er den Rettungsdienst, kam die Seniorin mit Verdacht auf Rauchgasvergiftung ins Demminer Krankenhaus. Auch eine der drei Katzen im Haus musste in ärztliche Behandlung – wegen Brandwunden.
Noch mehr als diese Umstände erschüttert Ricardo Kobernuhs allerdings die Begründung für den ausgedehnten privaten Löscheinsatz: Die Betroffene und ihre Nachbarn hätten die Alarmierung der Feuerwehr ganz bewusst verweigert und das Glück in die eigene Hand genommen, weil sie die daraus resultierenden Kosten fürchteten.
Einsatz in Notfällen kostenlos – bitte immer zuerst Feuerwehr informieren
Es scheine also immer noch nicht angekommen zu sein, dass solche Notrufe und der Einsatz der Brandbekämpfer in diesen Notfällen kostenlos bleiben. Dies stelle schließlich keine gebührenpflichtige Dienstleistung dar, sondern die ureigenste Aufgabe der Feuerwehr, aus gutem Grund finanziell getragen von der Allgemeinheit, speziell meist der Gemeinde. Da sei es erstmal völlig egal, was die Flammen verursacht habe, solange das nicht mutwillig passierte. Denn in aller Regel werden Bürger beziehungsweise Verursacher lediglich bei bewussten Falschmeldungen und Brandstiftung haftbar gemacht.
„Das müssen wir den Menschen noch besser vermitteln. Das brennt mir wirklich auf der Seele, weil ich weiß, dass gerade viele Ältere so denken”, äußerte der Wehrführer. Und damit nicht nur sich, sondern ebenso andere in Gefahr brächten. Er und seine Kameraden seien überhaupt nicht böse, sollten sie wegen einer Notlage alarmiert werden und sich das Problem dann doch als nicht so schlimm oder bereits behoben herausstellen, so Kobernuhs. Sie würden lieber zehnmal umsonst rausfahren als einmal zu wenig. „Sie dürfen gerne versuchen, selbst zu löschen, aber bitte informieren Sie zuerst immer die Feuerwehr.”