Azubi gesucht
Bäckerei kämpft mit hohen Preisen und fehlendem Nachwuchs
Gnevkow / Lesedauer: 5 min

Anke Krey
Die Bäckerei Lange in Gnevkow ist ein Familienbetrieb mit Tradition: „Bis 1895 haben wir die Geschichte bereits zurückverfolgt. An diesem Standort hier befindet sich unsere Bäckerei aber erst seit 1900“, berichtet Bäckermeister Andreas Lange. Vor 20 Jahren hat er den Betrieb vom Vater Dieter Lange übernommen. Doch auch Opa und Uropa waren bereits Bäcker.
20 Beschäftige in der Bäckerei
Schon draußen auf der Dorfstraße duftet es nach frischem Brot. Im Büro verrät eine Urkunde an der Wand, dass Andreas Lange als Unternehmer des Jahres 2021 in Mecklenburg-Vorpommern ausgezeichnet worden ist, in der Kategorie Sonderpreis „Handwerk hat Zukunft“. Der Betrieb hat derzeit 20 Beschäftigte; davon arbeiten acht, plus der Meister, in der Backstube.
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Derzeit plagen den Bäcker die Sorgen: „Schon mit Corona war einiges teurer geworden, oder nicht mehr sofort lieferbar. Seit März diesen Jahres gibt es nun regelmäßig Preiserhöhungen.“ Bei Mehl und Butter beispielsweise habe sich seit Jahresbeginn der Preis verdoppelt. Zucker und Eier seien mehr als 50 Prozent teurer geworden. „Den Backofen heizen wir zum Glück nicht mit Gas, sondern mit Öl“, sagt Andreas Lange. „Aber wir haben drei Verkaufsfahrzeuge und zwei Transporter.“ Und jeder weiß, was der Kraftstoff nun an der Tankstelle kostet. Strom wird ebenfalls teurer: „Wir wissen noch nicht, was da tatsächlich auf uns zukommt.“
Das wirkt sich direkt auf den Handwerksbetrieb aus, betont der Meister: „Auf der Strecke bleiben derzeit Investitionen. Außerdem müssen wir die Preise anpassen.“ Das hätten sie bislang alle zwei Jahre getan, erläutert Monjana Röhl. Die Lebensgefährtin des Meisters ist für das Büro zuständig. „Wenn wir heute Ware bekommen, dann müssen wir jeden Lieferschein kontrollieren und prüfen, ob die Preise schon wieder gestiegen sind.“ Das Problem, so Lange: „Je teurer unsere Backwaren werden, desto mehr geht der Absatz zurück. Die Leute müssen aufs Geld schauen. Das spüren wir am stärksten in unserer Filiale Altentreptow, wo wir nun weniger Brötchen verkaufen.“
Viel Handarbeit trotz moderner Maschinen
Andreas Lange kombiniert in seinem Betrieb traditionelle Handwerkskunst mit moderner Technik: „Es gibt noch eine Maschine aus den 60er Jahren“, erklärt der Meister. „Ansonsten ist alles neu. Dennoch ist uns erstaunlich viel Handarbeit geblieben – aber die Arbeit ist heute körperlich nicht mehr ganz so schwer.“ Für den Teig gibt es große Kneter, und die vielen Brötchen formt eine Brötchenmaschine. Aber das Brot wird noch immer von Hand rund- und langgewirkt, und frei geschoben. Dafür verwendet Lange zudem nur Sauerteig, und keine Backhilfsmittel wie in der Industrie.
Mit viel Liebe nach alter Handwerkstradition wird auch der Kuchen zubereitet. Wie viel unterschiedliche Sorten es sind? „Zu viele“, lacht der Meister, „mindestens 20-25 Sorten – das ist ein Markenzeichen von uns. Aber es ist auch sehr zeitintensiv.“ Denn der Blätterteig wird selbst gezogen, die Brandmasse für die Windbeutel und auch die Buttercreme für Torten wird selbst hergestellt. „Schließlich bin ich ausgebildeter Konditor“, meint Lange.
Wer Bäckerbrötchen schätzt, der sollte sie auch kaufen. Denn schon heute gibt es in der Region nur noch eine Handvoll Handwerksbäckereien. Und bei der derzeitigen Entwicklung könnte sich durchaus der eine oder andere Kollege überlegen, den Betrieb zu schließen oder zumindest zu verkleinern. Andreas Lange beteiligt sich an der Arbeit der Innung. „Ich schätze es sehr, dass man sich treffen und austauschen kann, selbst wenn unser Gebiet von Röbel bis zur polnischen Grenze reicht und die Wege sehr weit sind.“ Der Bäckermeister ist Mitglied der Prüfungskommission. Doch Azubis gibt es nur noch ganz wenige, berichtet er: „In diesem Jahr haben zwei Bäcker ihre Ausbildung beendet.“
Lob für die Auszubildenen
Die Lehrzeit dauert drei Jahre. Die Berufsschule befindet sich in Torgelow. Hinzu kommen zwei Wochen pro Lehrjahr überbetriebliche Ausbildung in Rostock für Inhalte, die es nicht in allen Betrieben gibt, wie den Snackbereich. Lange bildet Bäcker und Backwarenverkäufer aus. Derzeit gibt es im Betrieb zwei Azubis im zweiten Lehrjahr. „Sie geben sich sehr viel Mühe“, lobt Andreas Lange. Für das aktuelle Ausbildungsjahr hat sich noch niemand gefunden.
Die Bäckerei ist mit der Bahn gut zu erreichen – und das Unternehmen bezahlt den jungen Leuten Azubi-Ticket und die Internatskosten für die Schulwochen. Gearbeitet wird in der Backstube in Gnevkow nur an fünf Tagen; montags bleibt das Geschäft geschlossen. In der Backstube geht es samstags um Mitternacht los, dienstags bis freitags erst ab ein Uhr. „Wenn Azubis noch nicht volljährig sind, dann gibt es Schwierigkeiten, weil Nachtarbeit erst ab 18 Jahren erlaubt ist“, meint der Meister.
Wer bei Bäckermeister Lange in die Lehre gehen möchte, der sollte Interesse und Engagement mitbringen. Für Gina Marie Krüger trifft beides zu. Die angehende Fachverkäuferin mit Schwerpunkt Bäckerei mag besonders den Kundenkontakt. Sie kennt alles, was im Laden verkauft wird, und berät gerne und gut: „Dazu muss ich genau wissen, was für ein Teig verwendet wird“, erklärt die junge Frau. „Am Anfang war das ziemlich schwierig.“ Denn in Schule werden die Fachverkäufer im ersten Lehrjahr mit den Bäckern gemeinsam unterrichtet und müssen sehr viel Bäckerwissen erwerben.
Die Auszubildende hat auch selbst schon in der Bäckerei mitgeholfen. „Mich interessiert, was in der Backstube geschieht“, sagt Gina Marie Krüger. „Jetzt möchte ich erst einmal meine Ausbildung abschließen. Aber ich denke darüber nach, danach in Bäckerei oder Konditorei noch weiter zu lernen. Ich möchte vielfältig einsetzbar sein. Außerdem macht mir die Arbeit wirklich Freude.“
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